Netzwerke als Leitbild
Unikliniken wollen die stationäre Versorgung koordinieren
Die Diskussionen über eine Neuaufstellung des stationären Sektors gewinnen immer mehr an Fahrt. Die Universitätskliniken melden nun einen Führungsanspruch in einer neu zu konzipierenden Netzwerkmedizin an. Unterstützung erhalten sie von Kassenverbänden.
Veröffentlicht:Berlin. Die Coronavirus-Pandemie wird auf die künftigen Strukturen der Krankenhauslandschaft ausstrahlen. Davon zeigen sich Vertreter der Universitätskliniken (VUD), des Verbands der Ersatzkassen (vdek) und der Betriebskrankenkassen überzeugt.
Voraussetzung sei ein dauerhafter Einstieg des Bundes in die Investitionsfinanzierung des stationären Sektors und die Refinanzierung von Vorhaltekosten. Die drei Verbände haben dazu am Mittwoch ein gemeinsames Thesenpapier vorgestellt.
Netzwerke als Leitbild
Leitbild für die Krankenhausplanung sollten demnach regionale und überregionale Netzwerke werden. Die Finanzierungsansätze sollten mit der Krankenhausplanung synchronisiert werden. Dazu gehört ausweislich der Thesen auch eine Förderung ambulanter Angebote. Die Versorgungsplanung sollte sektorenübergreifend erfolgen und eine mögliche Umwandlung von Krankenhäusern in Integrierte Versorgungszentren einschließen.
In dünn besiedelten Regionen müssten die Krankenhäuser verstärkt in die ambulante Versorgung und in die Kurzzeitpflege einbezogen werden. Über Telemedizin sollten Behandlungen in der Peripherie auch aus den Maximalversorgern heraus möglich sein. Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, fordern die Verbände zusätzlich zur Stärkung der ambulanten Versorgung eine Aufwertung der Pflege und Gesundheitsberufe.
Bund ist schon eingestiegen
Mit Ausbruch der Pandemie hat der Bund zusätzliche Aufgaben in der Krankenhausfinanzierung übernommen. In den kommenden Jahren sollen auf der Basis des Krankenhausstrukturgesetzes drei Milliarden Euro in die Digitalisierung der Häuser investiert werden. Rund zehn Milliarden Euro erhielten die Krankenhäuser als Ausgleichszahlungen für entgangene Einnahmen, 700 Millionen Euro machte der Bund zur Absicherung der Intensivversorgung locker.
Gleichzeitig wurden die Mittel im Zeitverlauf abgestuft vergeben. Maximalversorger erhielten mehr. Seit Jahren wird zudem beklagt, dass die Länder ihrerseits den ihnen zugedachten Investitionsverpflichtungen nicht nachkämen.
Wie sich die stationäre Versorgung verändern könnte, skizzierte der Generalsekretär des VUD Jens Bussmann: „Über die Krankenhausplanung werden den Krankenhäusern in der Region ihre jeweiligen Aufgaben mit Blick auf den Versorgungsbedarf zugeteilt. Es gibt damit eine gestufte Versorgung, die vom Kooperationsgedanken geprägt ist“, sagte Bussmann.
Im Mittelpunkt dieser Netzwerke sollte idealerweise jeweils eine der 37 Universitätskliniken oder der assoziierten Krankenhäuser stehen, das die Aufgaben koordiniere und seine Expertise mit den Partnern im Netzwerk teile, so Bussmann.
Knieps: Feuer einstellen
Das Mittel dazu sei der Ausbau der Digitalisierung. Ein fallzahlbezogenes DRG-System und die Refinanzierung ausschließlich über eigene Patienten sei dann für die Häuser nicht mehr möglich. Die Finanzierung müsse stattdessen die Rolle im Versorgungssystem abbilden.
Krankenhäuser und Krankenkassen müssten weg von „von gegenseitigem Misstrauen geprägten Budgetverhandlungen“ und verbalen „Artillerieduellen“ ohne Ergebnisse, sagte BKK-Dachverbands-Chef Franz Knieps. Die Bürger hätten sich ohnehin längst darauf eingestellt, dass komplexere Medizin bei spezialisierten größeren Krankenhäusern stattfinden sollte, auch wenn die lokalen Krankenhäuser von der Bevölkerung oft mit Verve verteidigt würden.
Da es in der Zukunft nicht mehr Geld geben werde, böte sich nun die Chance zur Effizienz, so Knieps. Alle Beteiligten würden von einer auf Netzwerke ausgerichteten Aufgabenverteilung und Finanzierung profitieren, sagte Knieps voraus, zum Beispiel auch in Fragen der Personalgewinnung.