Kampf für bessere Arbeitsbedingungen

Urteil: Streik für Entlastungstarifvertrag zulässig

Die Universitätsklinik Bonn unterliegt im Streit mit Verdi vor dem Landesarbeitsgericht. Eine Notversorgung sei sichergestellt.

Veröffentlicht:
Mitarbeiter der Uniklinik Bonn demonstrieren für einen Entlastungstarifvertrag. Der Streik an der Uniklinik ist rechtens, hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.

Mitarbeiter der Uniklinik Bonn demonstrieren für einen Entlastungstarifvertrag. Der Streik an der Uniklinik ist rechtens, hat das Landesarbeitsgericht Köln entschieden.

© Oliver Berg/dpa

Köln. Schlappe für die Universitätsklinik Bonn: Das nordrhein-westfälische Landesarbeitsgericht (LAG) in Köln hat am Freitag entschieden, dass die von der Gewerkschaft Verdi organisierten Streiks für einen Entlastungs-Tarifvertrag rechtmäßig sind. Damit hat die Klinik ihre Klage gegen Verdi auch in der zweiten Instanz verloren.

An den sechs Unikliniken des Landes läuft seit fast neun Wochen ein Arbeitskampf. Die Mitarbeitenden vor allem in der Pflege fordern bessere Arbeitsbedingungen und mehr Personal in den Häusern. Die Leitung der Bonner Uniklinik wollte die Streiks verbieten lassen.

Nach Überzeugung der LAG-Richter ist der Streik in Bonn weder rechtswidrig noch unverhältnismäßig, noch verstößt er gegen die tarifvertragliche Friedenspflicht. Das Gericht verwies auf die Bedeutung eines Interessenausgleichs zwischen beiden Seiten. Im Bereich der Daseinsvorsorge einer Klinik bedeute dies, dass vorrangig eine „angemessene, ausreichende und geeignete Notversorgung“ sicherzustellen sei.

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Rückenwind vom Gesundheitsminister

Auf eine Notversorgung, die diesen Anforderungen entspreche, hätten sich die Klinik und Verdi verständigt. Sie hatten im Rahmen von Clearing-Gesprächen vereinbart, den Mindestbetrieb von 16 Operationssälen auf 25 Operationssäle zu erhöhen. Dort sollen 50 qualifizierte OP-Pflegepersonen und 23 Anästhesie-Pflegekräfte eingesetzt werden.

Verdi begrüßte die Entscheidung des LAG. „Damit wird bestätigt, dass Streiks auch im Gesundheitsbereich legales Mittel der Auseinandersetzung sind, und die Tarifautonomie gestärkt“, sagte die Leiterin des NRW-Landesbezirks Gabriele Schmidt. Sie warf der Klinikleitung vor, statt nach guten Lösungen zu suchen mit „juristischen Winkelzügen“ vorzugehen.

„Das weckt Zweifel daran, ob die Bonner Klinikleitung wirklich ernsthaft an einem Verhandlungskompromiss gelegen ist.“

Natürlich werde sich Verdi an die Auflage halten, dass der Betrieb von mindestens 25 OP-Sälen gewährleistet ist. „Der Streik kann sofort beendet werden, sobald sich die Arbeitgeber nun voll und ganz auf eine Verhandlungslösung konzentrieren“, betonte Schmidt.

Rückenwind hat Verdi durch nordrhein-westfälischen Gesundheitsminister Laumann erhalten, der die Forderung nach einem Entlastungs-Tarifvertrag unterstützt. Das Landesparlament hat vor Kurzem durch eine Änderung des Hochschulgesetzes die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass die Unikliniken ohne die Tarifgemeinschaft deutscher Länder eigenständige Tarifverhandlungen führen können. Laumann hatte zugesagt, dass das Land bei einem Abschluss für die Zusatzkosten aufkommen wird, die nicht von den Krankenkassen übernommen werden.

Über 1000 Patienten laut Uniklinik auf der Warteliste

Die Uniklinik Bonn ist von der LAG-Entscheidung zwar enttäuscht, begrüßt aber die Ausweitung der Notfallversorgung. „Obwohl wir unser Ziel, das einseitige Druckmittel des Streiks wenigstens für die Zeit der Verhandlungen zum Schutz unserer Patienten wegen der immer länger werdenden Wartelisten für Operationen und andere Eingriffe zu untersagen, nicht erreichen konnten, hat sich wegen der nun deutlich verbesserten Notdienstvereinbarung unser Gang zum Gericht sehr gelohnt.“ So kommentierte der Ärztliche Direktor und Vorstandsvorsitzende Professor Wolfgang Holzgreve den Ausgang des Verfahrens.

Nach Angaben der Klinik konnten seit Anfang Mai an den Streiktagen rund 200 Betten nicht betrieben werden. Die Warteliste sei inzwischen mit über 1000 Patienten gefüllt. (iss)

Landesarbeitsgericht, Az.: 10 SaGa 8/22

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