Personaluntergrenzen
Viel Zustimmung für Personalvorgaben in Kliniken
Die Koalition will Mindestvorgaben für die personelle Besetzung bestimmter Klinikbereiche festlegen. Das finden alle Beteiligten richtig. Die Arbeitsmarktlage und drohende Vergütungsabschläge bereiten aber vor allem der DKG Sorgen.
Veröffentlicht:Bei diesem Thema herrscht im Prinzip große Einigkeit, wenn es allerdings um Details geht, dann gehen die Meinungen doch etwas auseinander. Die Rede ist von den geplanten Personaluntergrenzen für bestimmte Pflegebereiche in den Krankenhäusern. Diese will die große Koalition noch in der laufenden Legislaturperiode einführen. Bis Mitte nächsten Jahres sollen Deutsche Krankenhausgesellschaft und GKV-Spitzenverband die betreffenden Bereiche festlegen und die Mindestgrenzen verbindlich vereinbaren. Einen entsprechenden Beschluss hat das Bundeskabinett im April verabschiedet, vor wenigen Tagen hörten die Mitglieder des Gesundheitsausschusses Experten zu dem Thema an.
Mindestvorgaben auch für Ärzte
Dabei forderten die Bundesärztekammer (BÄK) und der Marburger Bund (MB) Mindestgrenzen auch für den ärztlichen Dienst. "Personaluntergrenzen sind nicht nur für den Pflegebereich, sondern auch für den ärztlichen Bereich einzuführen", heißt es in der Stellungnahme der BÄK. Der MB bezeichnet die Einführung der Mindestgrenzen für die Pflege als ersten Schritt in die richtige Richtung, dem weitere folgen müssen, "um auch die Personalausstattung des ärztlichen Dienstes in den somatischen Krankenhäusern zu verbessern".
Kritisch wird in fast allen Stellungnahmen bewertet, dass Abschlags- zahlungen fällig werden können, wenn die Personaluntergrenze nicht erreicht wird. "Es muss zwingend klargestellt werden, dass die Krankenkassen nicht an ‚schlechter Versorgung' ihrer Versicherten verdienen", fordert zum Beispiel der GKV-Spitzenverband. Aus Patientenschutzgründen müsse es darum gehen, dass ein Krankenhaus nur so viele Patienten aufnehme und behandele, "wie es mit dem vorhandenen Personal unter Berücksichtigung der Mindestpersonalvorgaben oder anderen Qualitätsvorgaben auch versorgen kann", heißt esin der Stellungnahme. Die Kassen plädieren bei einem regelmäßigen oder dauerhaften Verstoß gegen die Mindestbesetzung, für einen dauerhaften Ausschluss aus der Leistungserbringung und Vergütung. So könnten eine hochwertige Versorgung und der Patientenschutz gewährleistet werden.
Kontraproduktive Abschläge?
Das sieht die Gewerkschaft Verdi genau so. Abschläge machten Pflegequalität nicht besser und schützten das Personal nicht vor schlechten Arbeitsbedingungen, schreibt Verdi. Zielführender sei es, Leistungen einzuschränken, wenn das erforderliche Personal nicht vorgehalten werde. "Schließlich sollen Mindestvorgaben Patienten vor unerwünschten Ereignissen schützen." Die Deutsche Krankenhausgesellschaft will gesetzlich sichergestellt sehen, "dass vorübergehende Unterbesetzungen in der Pflege nicht zu einem Vergütungsabschlag führen und den Krankenhäusern eine angemessene Zeit eingeräumt wird, um Personalunterbesetzungen zu beseitigen". Der Deutsche Pflegerat schlägt vor, eine erhöhte Ausbildungskapazität zu vereinbaren, wenn es zum Beispiel "aufgrund der Arbeitsmarktsituation bei nachgewiesenen Bemühungen nicht möglich ist, die Personaluntergrenzen zu erfüllen".
Auf die angespannte Arbeitsmarktsituation für Pflegekräfte weist auch die DKG hin. Zwar seien die angestrebten gesetzlichen Vorgaben für Personaluntergrenzen nachvollziehbar, aber die Arbeitsmarktlage für Pflegefachkräfte müsse adäquat berücksichtigt werden, so die DKG. Momentan könnten bis zu 10 000 Stellen in der Pflege nicht besetzt werden. Deshalb seien angemessene Übergangsfristen unabdingbar.
Erst vor Kurzem hat die Bertelsmann-Stiftung in einem Faktencheck gezeigt, dass die Belastung der Pflegekräfte in den vergangenen Jahren stark zugenommen hat. Dabei gibt es allerdings Unterschiede in den Regionen und bei der Art der Kliniken. So habe eine Pflegevollkraft in einem allgemeinen Krankenhaus im Jahr 2003 statistisch gesehen 57,3 Patienten betreut, 2015 seien es schon 64 gewesen. Während in Hamburg im Jahr 2015 auf jede Vollzeit-Pflegestelle 55 Patienten kamen, seien es in Niedersachsen 63 gewesen. Die Anzahl der zu betreuenden Patienten pro Pflegekraft ist laut Bertelsmann-Stiftung seit 2003 in allen Bundesländern außer Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern gestiegen. Weit über Bundesdurchschnitt von plus elf Prozent liegen dabei Berlin (plus 24 ) und Niedersachsen (plus 20).
» DKG und GKV-Spitzenverband sollen bis zum 30. Juni 2018 Personaluntergrenzen festlegen.
» Wird keine Einigung erzielt, setzt das BMG Personaluntergrenzen per Rechtsverordnung zum 1. Januar 2019 fest.
» Vergütungsabschläge soll es geben, wenn Kliniken gegen die Personalvorgaben verstoßen.
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