Kooperation
Weniger Umsatz, mehr Überschuss
Zwar arbeiten noch immer mehr Ärzte in Einzelpraxen als in Gemeinschaftspraxen oder MVZ. Doch der Abstand schrumpft. Denn Kooperationen bieten viele Vorteile.
Veröffentlicht:KÖLN. Auf den ersten Blick sind bei den niedergelassenen Ärzten die Einzelkämpfer noch in der Mehrheit gegenüber den Kollegen, die in Kooperationen aktiv sind. Laut Datenbestand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) waren Ende vergangenen Jahres 88.363 Ärzte und Psychotherapeuten in einer Einzelpraxis tätig.
52.056 arbeiteten in Gemeinschaftspraxen und 12.788 in einem Medizinischen Versorgungszentrum (MVZ). Doch die Arbeit in einer Einzelpraxis schließt die Kooperation der Ärzte mit Kollegen nicht aus.
"Es passiert viel mehr, als die Statistiken zeigen", weiß Dr. Susanne Armbruster, Leiterin der Abteilung Flexible Versorgungsformen und Patientenorientierung bei der KBV.
Viele niedergelassene Ärzte, die in Einzelpraxen arbeiten, organisieren sich in Praxisgemeinschaften, sind als Belegärzte tätig oder engagieren sich in Netzen. "Auch das alles sind Kooperationsformen", betont sie.
MVZ-Zuwachs hat sich verlangsamt
Gerade Ärztenetze sind bei vielen Medizinern populär, wie der jüngste Ärztemonitor von KBV und NAV-Virchow-Bund zeigt. Danach haben sich 49 Prozent der niedergelassenen Ärzte bereits überlegt, sich an einem Netz zu beteiligen, 45 Prozent haben sich entsprechend beraten lassen.
In den vergangenen Jahren sind Kooperationen bei den Ärzten immer beliebter geworden, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung.
"Je komplexer die Kooperationsform, desto langsamer nimmt sie zu", berichtet Armbruster. So steige die Zahl der fachgleichen Gemeinschaftspraxen schneller als die der fachübergreifenden.
Bei den MVZ gibt es einen stetigen Anstieg, er hat sich aber in den vergangenen Jahren abgeflacht.
Armbruster begrüßt die wachsende Verbreitung von Kooperationen. Je mehr Varianten die niedergelassene Berufsausübung bietet, desto besser, findet sie.
"Wir müssen attraktiv für die jungen Kollegen sein, die nicht mehr vereinzelt in ihren Praxen sitzen wollen." Deshalb legen die KVen bei der Niederlassungsberatung einen Schwerpunkt auf das Thema.
Die KBV selbst will Ende dieses Jahres oder Anfang 2015 eine Broschüre herausgeben, in der sie über die unterschiedlichen Kooperationsformen informiert und deren jeweilige Stärken zeigt.
Kooperation liegt im Trend
Da sich die gesetzlichen Grundlagen in den vergangenen zehn Jahren stark verändert haben, haben junge Ärzte heute viele Möglichkeiten, ambulant tätig zu werden, weiß Georg Heßbrügge, Bereichsleiter Gesundheitsmärkte und -politik bei der Deutschen Apotheker- und Ärztebank.
Heute können sie die Berufsausübung so gestalten, dass sie ihren persönlichen Wünschen entspricht. "Dabei ist die Kooperation der Trend".
Für die nachwachsende Generation in den Heilberufen - nicht nur bei den niedergelassenen Ärzten - spiele Teamarbeit eine große Rolle. Die zunehmende Beliebtheit von Kooperationen gelte für alle Fachrichtungen und Regionen, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Ausrichtungen.
So dominierten bei den Hausärzten die eher kleineren Gemeinschaftspraxen mit zwei oder drei Ärzten. Doch "je mehr Investitionen in einer Fachrichtung notwendig sind, desto größer werden die Berufsausübungsgemeinschaften".
Laut Existenzgründungsanalyse der apoBank 2012 sind Anästhesisten die Fachgruppe mit der höchsten Affinität zu Kooperationen. Bei ihnen ließen sich nur rund 22 Prozent in einer Einzelpraxis nieder, 47 Prozent dagegen in einer BAG und 31 Prozent in sonstigen Kooperationsformen.
Es folgen Neurologen, Orthopäden und Internisten. Das geringste Interesse an gemeinschaftlicher Berufsausübung (21 Prozent) besteht bei Psychiatern und Psychotherapeuten.
Geringere Kosten im Kollektiv
Dass Kooperationen für Ärzte sinnvoll sind, steht auch für Heßbrügge außer Frage. Die Zusammenarbeit mit Kollegen verringert die Kostenbelastung.
"In der Kooperation gibt es pro Arzt zwar weniger Umsatz, aber mehr Überschuss", sagt er. Gleichzeitig könne er sich auf diesem Weg mehr Freiräume schaffen und eine bessere Work-Life-Balance erreichen.
Viele jüngere Ärzte entscheiden sich heute für eine angestellte Tätigkeit in einer Praxis oder einem MVZ. Das liegt nach Einschätzung Heßbrügges unter anderem darin begründet, dass sie Angst vor den finanziellen Risiken der Selbstständigkeit haben.
Die Angst sei aber in der Regel unbegründet. "Hier ist noch eine Menge Aufklärungsarbeit nötig."
Eine Grundvoraussetzung für Kooperationen ist, dass die Mediziner die künftigen Partner genau auswählen, betont Heßbrügge.
Die Ärzte müssen zueinander passen und ähnliche Zielvorstellungen über das medizinische Angebot haben.