Urteil
Windel undicht? Dann darf's auch teurer sein
Kassen können Versicherte auf günstigere Hilfsmittel hinweisen. Sind diese aber mangelhaft, muss die Kasse auch höherpreisige Produkte zahlen, urteilten Richter.
Veröffentlicht:POTSDAM. Krankenkassen dürfen Versicherte nicht auf mangelhafte Hilfsmittel ihres Vertragspartners verweisen. Das hat das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg in Potsdam kürzlich im Fall von Windeln entschieden.
Andernfalls komme die Kasse nicht ihrer gesetzlichen Verpflichtung nach, den Versicherten eine ausreichende Versorgung zu gewährleisten.
Inkontinente Patienten könnten dann auf teurere Windeln ausweichen und sich die Kosten hierfür erstatten lassen.
Windeln vom Hausarzt verordnet
Geklagt hatte eine - mittlerweile im Alter von 99 Jahren gestorbene - Frau aus Berlin. Als Erbin verfolgte die Tochter die Klage weiter.
Ihre pflegebedürftige Mutter war in den letzten Lebensjahren vollständig gelähmt. Wegen ihrer Inkontinenz war sie auf Windeln angewiesen.
Die Windeln wurden vom Hausarzt verordnet und von der Klägerin selbst beschafft. Die Kosten wurden zuerst von der Krankenkasse noch übernommen.
Ab Juli 2008 dürfe sie aber nur noch die günstigeren Windeln ihres Vertragspartners verwenden, so die Kasse.
Doch diese fielen insbesondere durch Passformmängel und große Qualitätsschwankungen auf. Letztlich sei jede dritte Windel undicht und unbrauchbar, so die Kritik der Tochter, die auch vom ambulanten Pflegedienst bestätigt wurde.
Mehrkosten bei teurem Anbieter selbst zu bezahlen
Wie hierzu nun das LSG entschied, können Krankenkassen ihre Versicherten bei der Hilfsmittelversorgung auch auf einen günstigen Vertragspartner verweisen.
Nehmen Versicherte teurere Anbieter in Anspruch, müssten sie dann grundsätzlich die Mehrkosten tragen.
Das gelte allerdings nur, wenn die Krankenkassen auch mit günstigen Produkten ihres Vertragspartners eine "ausreichende Versorgung" sicherstellen, betonten die Potsdamer Richter.
Dies sei hier wegen der mangelhaften Windeln nicht der Fall gewesen. Daher könne die Klägerin von der Krankenkasse die Übernahme der Mehrkosten für die verwendeten besseren Windeln verlangen, urteilten die Richter.