PEPP-Entgelte
Zeitplan auf der Kippe?
Das umstrittene neue Vergütungssystem für Psychiatrische und Psychosomatische Kliniken kommt womöglich doch nicht zum 1. Januar 2015. Gesundheitspolitiker der Großen Koalition stellen den Zeitplan infrage.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Gibt es beim umstrittenen Fallpauschalensystem für Psychiatrische und Psychosomatische Kliniken doch noch größere Änderungen? Äußerungen des CDU-Gesundheitsexperten Jens Spahn lassen darauf schließen.
"Wir müssen uns ganz genau anschauen, ob der verpflichtende Start für alle Häuser ab dem 1. Januar 2015 sinnvoll ist oder ob die Schritte angepasst werden müssen", so Spahn zur "Ärzte Zeitung".
Entscheidend sei, dass das Ziel, eine leistungs- und qualitätsorientierte Bezahlung auch in der Psychiatrie einzuführen, nicht gefährdet werde.
Auch SPD-Fraktionsvize Professor Karl Lauterbach hat sich laut Süddeutscher Zeitung schon skeptisch gezeigt, ob 2015 eine verbindliche Einführung des sogenannten PEPP-Entgelts nach derzeitigem Stand sinnvoll sei. PEPP steht für Pauschalierendes Entgeltsystem in Psychiatrie und Psychosomatik.
Kurze Verweildauern manchmal kontraproduktiv
Unter Fachleuten ist die Einführung des PEPP-Entgelts stark umstritten. Der Krankheitsverlauf der Psychiatriepatienten sei mit dem somatisch Erkrankter nur schwer vergleichbar. Kürzere Verweildauern seien nicht per se erstrebenswert.
Um den Einwänden gerecht zu werden, haben die Selbstverwaltungspartner - in einem Schreiben, das der "Ärzte Zeitung" vorliegt - , das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) beauftragt, "in Ergänzung zum derzeitigen Verfahren der Katalogentwicklung weitere tagesbezogene Analysen durchzuführen und nach Lösungen zu suchen, damit Erlös- und Aufwandsverlauf für die Patientengruppen nicht extrem auseinanderfallen".
Über einen ersten Vorschlag wollen Krankenkassen und Kliniken am Mittwoch reden. In die Ergebnisbewertung des Prüfprozesses sollen auch Experten der psychiatrischen und psychosomatischen Verbände sowie Patienten- und Angehörigenverbände einbezogen werden.
Nach bisherigen Erkenntnissen fallen Erlös-und Aufwandsverlauf vor allem extrem weit auseinander, wenn zum Beispiel anfallende Mehrkosten durch aufwendige Zusatzleistungen wie eine 1:1-Betreuung, Intensivbehandlungen oder Diagnostikleistungen in den ersten Behandlungstagen nur pauschal vergütet werden. In den Fällen würden Kliniken mit einem hohen Anteil solcher Patienten finanziell stark benachteiligt.
Patienten innerhalb von 21 Tagen nach ihrer Entlassung akut erkrankt wieder aufgenommen werden müssen, aber die Fallzusammenführungsregeln erfüllt sind (beispielhaft genannt sind Suizidversuche, erneute schwere Alkoholrückfälle, Fremdaggressivität bei Drogenpsychosen)
Fachgesellschaften und Verbände würden in diesen Fällen eine einheitliche Basisvergütung präferieren, die durch tagesbezogene beziehungsweise aufwandsabhängige Elemente ergänzt wird.
Kassen wollen am Zeitplan festhalten
Der GKV-Spitzenverband weist die Kritik am Zeitplan für die PEPP-Einführung zurück. Eine vollständige Umsetzung sei erst für das Jahr 2022 vorgesehen. Die Forderung nach weiteren Optionsjahren werde von jenen erhoben, "die weder eine Psychiatrie-Entgeltreform, noch Transparenz für die Versicherten und auch keine Qualitätssicherung in der Psychiatrie wollen", heißt es in einer Stellungnahme.
Der Spitzenverband sehe keinerlei Grund, die Optionsphase zu verlängern. Ein lernendes System werde nicht besser, wenn man die vorgeschaltete Phase des Nichtlernens verlängere.
Die Deutsche Krankenhausgesellschaft würde es dagegen "im Sinne einer gesicherten und fundierten Patientenversorgung begrüßen", wenn der Zeitplan politisch wohlwollend überprüft würde, so DKG-Sprecher Moritz Quiske zur "Ärzte Zeitung".
Bislang ist für die Jahre 2013 und 2014 eine optionale budgetneutrale Einführung des neuen Entgeltsystems vorgesehen. In den Jahren 2015 und 2016 soll verpflichtend aber budgetneutral auf das PEPP-System umgestellt werden.
Von 2017 bis 2021 soll es eine budgetwirksame Konvergenzphase geben. 2022 soll das System dann komplett umgestellt sein.