Zöliakie

Neues Mittel macht Gluten unschädlich

Ein neues Mittel gegen Zöliakie attackiert Gluten-Moleküle direkt und macht sie unschädlich.

Veröffentlicht:
Bei Menschen mit angeborener Zöliakie löst Gluten eine Dünndarmentzündung mit teils heftigen Darmbeschwerden aus.

Bei Menschen mit angeborener Zöliakie löst Gluten eine Dünndarmentzündung mit teils heftigen Darmbeschwerden aus.

© philippe Devanne / stock.adobe.com

WIEN. An der TU Wien wurde ein Medizinprodukt entwickelt, das die Symptome von Zöliakie lindern oder sogar vollständig beseitigen kann.

Das Produkt greift nicht ins Immunsystem ein, sondern attackiert die Gluten-Moleküle direkt und macht sie unschädlich (B2C Biotechnology 2018, 18: 30), teilt die Universität mit.

"Unser Körper produziert Antikörper, die genau zu eindringenden Antigenen passen, wie ein Schlüssel zum Schloss – durch diese Immunreaktion werden diese Antigene unschädlich gemacht", erklärt Professor Oliver Spadiut, Leiter der Forschungsgruppe Integrierte Bioprozessentwicklung an der TU Wien.

"Wenn man nun ein neuartiges Antikörpern-Fragment findet und herstellt, das an das eindringende Gluten-Molekül andockt und es blockiert, ohne aber das Immunsystem anzuregen, dann kann man die Symptome der Zöliakie unterdrücken."

Das Gluten-Molekül wird molekular umklammert

Das Ziel des Forschungsprojekts war daher, einen Komplex aus zwei solchen neuartigen Antikörper-Fragmenten herzustellen, die das Gluten-Molekül gewissermaßen molekular umklammern, sodass es keine weiteren Auswirkungen im Darm mehr haben kann.

Man muss dazu bestimmte Bakterien so umprogrammieren, dass sie genau das gewünschte Antikörper-Fragment herstellen.

"Die Bildung solcher Proteine in einem Bakterium ist ein höchst komplizierter Prozess", erklärt Spadiut. "Da kann es leicht passieren, dass die Proteine nicht exakt auf die gewünschte Weise gefaltet werden."

Statt der gewünschten Antikörper-Fragmente entstehen dann sogenannte "Einschlusskörperchen" – kleine Partikel, die aus fehlerhaft gefalteten Proteinen bestehen.

Man musste daher einen Prozess entwickeln, diese Einschlusskörperchen wieder aufzufalten und aus ihnen die gewünschten Proteine zu gewinnen. Solche Prozesse, bei denen die Faltung von Proteinen gezielt geändert wird, sind bisher nicht sehr gut studiert und daher nicht sehr effizient.

Verfahren gut reproduzierbar

"Man muss die chemischen Abläufe bei diesem Prozess sehr genau verstehen, und auf komplizierte Weise steuernd eingreifen", so Spadiut.

"Daher hat es eine Weile gedauert – aber nun haben wir ein Verfahren entwickelt, das gut reproduzierbar ist, auf industriellen Maßstab skaliert werden kann und eine sehr gute Ausbeute des gewünschten Produkts liefert."

Unterstützt wurde das Projekt vom Industriepartner SCIOTEC Diagnostic Technologies GmbH, der das neue Medizinprodukt nun auf den Markt bringen wird.

"Es wird sich um ein Präparat handeln, das Zöliakie-Patienten zusammen mit glutenhaltigen Lebensmitteln einnehmen können, um die Zöliakie-Symptome zu lindern", erklärt Spadiut.

"Ob die Symptome dadurch ganz zum Verschwinden gebracht werden oder nur abgeschwächt werden, muss sich erst zeigen – das ist wohl auch von Person zu Person unterschiedlich. Wir rechnen jedenfalls fest damit, dass das Produkt bereits im Jahr 2021 in gewöhnlichen Apotheken zu haben sein wird." (eb)

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025