Versandhandelverbot
„Wer als Apotheker Krieg mit Ärzten führt, hat schon verloren“
Dem Apotheker Thomas Anthes aus Bremerhaven ist die ABDA zu konservativ. Mit einer eigenen Verbandsgründung will er neue strategische Akzente setzen. Den Versandhandel fürchtet er dagegen.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Die Nutzung der Digitalisierung, die Kooperation mit anderen Gesundheitsberufen und die Entwicklung neuer Gesundheitsdienstleistungen – das ist das Programm des neu gegründeten Verbandes Innovativer Apotheken (VIA).
Er will sich deutlich vom konservativen Image der bislang übermächtigen Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) abheben und sich mit besonders leistungsfähigen und innovativen Mitgliedern auch den Krankenkassen als Partner, zum Beispiel für Selektivverträge, andienen.
Die Apothekermesse Expopharm vor Kurzem in Düsseldorf war für den Verband, der im Moment rund 50 Mitglieder zählt, ein Anlass, eine breitere Basis zu finden.
Im Gespräch mit der „Ärzte Zeitung“ erläuterte der Verbandsvorsitzende Thomas Anthes, Inhaber der Bremerhavener „Sander Apotheken“, die programmatischen Vorstellungen: Als eine große Chance sieht er ein diagnostisches Monitoring bei Arzneimittel-Dauerverordnungen für chronisch kranke Patienten.
Dazu werde gegenwärtig ein Modellversuch mit einem großen Universitätsklinikum angestrebt, in dem gemeinsam mit Ärzten und Wissenschaftlern der Nutzen einer solchen Kooperation evaluiert werden soll. Apotheker übernehmen dabei die diagnostische Kontrolle, ob Patienten mit einer Dauerverordnung zwischenzeitlich aufgrund gesundheitlicher Veränderungen eine Verordnungskorrektur benötigen.
Apotheker wollen Ärzte entlasten
Das Ziel: Die ärztliche Versorgung soll um Routinetätigkeiten entlastet, im Bedarfsfall aber gezielt in Anspruch genommen werden. Für die Entwicklung solcher Dienstleistungen und den Nachweis ihres Nutzens werde der Verband in Vorleistung gehen.
Ärzte, Pflegedienste und Pflegeheime sieht der VIA als potenzielle Partner. Insbesondere das Verhältnis zur Ärzteschaft will Anthes sensibel pflegen. Dies betrifft auch den Plan von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn, in Modellversuchen Apothekern die Möglichkeit zu eröffnen, Grippeschutzimpfungen anzubieten, was in der Ärzteschaft auf Kritik stößt.
Apotheken müssten dabei auf jeden Fall ihre Kompetenz durch Zertifizierungen nachweisen, fordert Anthes. Und er will den Schulterschluss mit Ärzten suchen, um gemeinsam die schlechten Impfquoten, insbesondere in der Zielgruppe der älteren Bevölkerung, zu verbessern. „Wer als Apotheker Krieg mit den Ärzten führen will, hat schon verloren“, betont Anthes.
Versandhandel klein halten
Das Hauptziel des Verbandes ist es, mit Innovationen und besserem Service den Versandhandel mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln kleinzuhalten. Die Versender haben in diesem Segment derzeit nur einen Marktanteil von gut einem Prozent, wachsen aber überdurchschnittlich. Das elektronische Rezept könnte das Geschäftsmodell der Versandhändler allerdings kräftig fördern, befürchten die Apotheker.