Springer Pflegekongress

„Wenn es klemmt, wird der Gesetzgeber nachhelfen“

Die Bundesregierung signalisiert zum Auftakt des Kongresses Pflege 2019 vollmundig Unterstützung der Branche: Dazu gehören etwa Prämien für Berufsrückkehrer und innovative Arbeitszeitmodelle.

Anno FrickeVon Anno Fricke und Ruth NeyRuth Ney Veröffentlicht:
Neue Konzepte in der Pflege gesucht – dazu gehören auch sinnvolle monetäre Anreize.

Neue Konzepte in der Pflege gesucht – dazu gehören auch sinnvolle monetäre Anreize.

© Tatjana Balzer / stock.adobe.com

BERLIN. Wie lassen sich die Arbeitsbedingungen in der Pflege verbessern und die offensichtlichen Mitarbeiterlücken schließen? Das ist ein zentrales Thema beim Kongress Pflege 2019 von Springer Pflege.

Andreas Westerfellhaus, Pflegebevollmächtigter der Bundesregierung verwies bei der Eröffnungspressekonferenz in Berlin auf die aktuellen Vorschläge der Regierung dazu: Prämien für Berufsrückkehrer und Teilzeitaufstocker, innovative Arbeitszeitmodelle – zum Beispiel 80 Prozent arbeiten bei vollem Lohn – oder Zuschläge außerhalb der Pflegevergütung für Arbeitgeber, die gute Arbeitsbedingungen bieten.

„Es darf keine Denkverbote geben“, sagte Westerfellhaus. Alle Professionen im Gesundheitswesen müssten dafür zusammenarbeiten, um den Schwund an Pflegekräften zu stoppen. Eine aktuelle Studie habe gezeigt, dass knapp die Hälfte der Berufsaussteiger bei besseren Arbeitsbedingungen bereit sei, wieder einzusteigen. Westerfellhaus forderte die Arbeitgeber in der Alten- und Krankenpflege auf, dazu einen Beitrag zu leisten.

Die Pflegekräfte müssten merken, dass es dem Arbeitgeber ein ernstes Anliegen sei, die Pflege zu stärken, sagte Oberin Doreen Fuhr von der DRK-Schwesternschaft Berlin. In den Häusern der Schwesternschaft läuft ein Vorschlag von Westerfellhaus bereits im Test. Für zwei Jahre bekommen Pflegekräfte 100 Prozent bezahlt, arbeiten aber nur 80 Prozent. Der Rest der Zeit soll der Gesunderhaltung dienen. „Pflege als zu korrigierenden Kostenfaktor zu betrachten, geht gar nicht“, sagte Fuhr.

Familienfreundliche Arbeitsbedingungen im Fokus

Wie sich moderne, familienfreundliche Arbeitsbedingungen auch in der kleinen bis mittelständischen Altenpflege erreichen lassen, soll zudem in einem zunächst auf zehn Monate befristeten Projekt erprobt werden, das Westerfellhaus am Donnerstag gestartet hat.„Was wir brauchen, sind neue Lösungen, auch wenn sie Gegenwind erzeugen oder unkonventionell erscheinen. Und wenn es klemmt, wird der Gesetzgeber nachhelfen und den Weg ebnen“, so Westerfellhaus.

Das Projekt , für das sie Curacon GmbH den Zuschlag erhalten hat, soll insbesondere kleine und mittelständische Pflegeeinrichtungen unterstützen, bewährte Instrumente für gute Arbeitsbedingungen zu implementieren. Die Ergebnisse des Projektes sollen bereits im November 2019 vorliegen und die Evaluation im Februar 2020 abgeschlossen sein.

Nicht nur ein Geldproblem

Mit Geld allein lassen sich die Probleme in der Pflege nicht lösen, bekräftigte Alexander Warnke, junger Pfleger bei den DRK-Kliniken Berlin und Gründer der Kreativwerkstatt, bei der Pressekonferenz. Der echte Motivationsfaktor heiße: Sinnhaftigkeit des eigenen Tuns.

Wie sich Pflegekräfte motivieren lassen, zeigt eine Maßnahme der Lukaskliniken Neuss. Die Pflegedirektorin Andrea Albrecht berichtete von dem vor drei Jahren eingeführten „Flexpool“, mit dem versucht werde, dem Personalmangel zu begegnen. In diesem Pool arbeiten vor allem Pflegekräfte, die einen individuellen Zuschnitt der Arbeitszeit brauchen.

Die Erfahrungen seien gut, sagte Albrecht. Mit diesem Instrument hoffe sie, der Herausforderung durch die Personaluntergrenzen begegnen zu können. Das Prinzip: ‚Du darfst arbeiten, wie du willst, ich als Arbeitgeber sage dir, wo.‘

Das System hat sich nach ihren Angaben etabliert. „Begeisterte Pflegekräfte rennen uns die Tür ein. Warum machen sie das? Weil sie endlich so arbeiten können, wie sie wollen“, so Albrecht.

Mit dem Kongress Pflege von Springer Pflege werden traditionell die Themen des „Pflegejahres“ gesetzt. Zur Eröffnung am Freitag werden mit Familienministerin Franziska Giffey, Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) sowie dem Pflegebevollmächtigten Westerfellhaus gleich drei Protagonisten der Konzertierten Aktion Pflege (KAP) erwartet.

Ein Zwischenfazit der im Juli gestarteten und auf ein Jahr angelegten Konzertierten Aktion ist für Montag angekündigt.

Lesen Sie dazu auch den Kommentar: Das „Pflegejahr“ ist eröffnet

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