Studierende
Wenn Überlastung zum Problem wird
Damit Studierende gesund bleiben, startet die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein Modellprojekt. Im Fokus steht die Psyche.
Veröffentlicht:MAINZ. Vorlesung, Bibliothek, dann schnell zum Nebenjob radeln, anschließend noch bis in die Nacht lernen – viele Studierende jonglieren ganz selbstverständlich mit den zahlreichen Anforderungen ihres Alltags. Doch nicht an jedem geht der Stress spurlos vorüber.
"In der aktuellen Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks haben mehr als die Hälfte der befragten Studierenden angegeben, dass eine psychische Erkrankung sie in ihrem Studium einschränkt", sagt Philipp Seidel, Vorsitzender des Allgemeinen Studierendenausschusses (AStA) an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (JGU).
In der rheinland-pfälzischen Hauptstadt soll nun das bundesweit erste ganzheitliche Gesundheitsmanagement für Studierende an einer Universität aufgebaut werden. Das Modellvorhaben "Gesund studieren in Mainz" hat sich das Ziel gesteckt, bestehende Angebote zu bündeln und neue zu schaffen.
An der JGU gebe es bereits eine Vielzahl von engagierten Einrichtungen, Aktivitäten und Projekten zum Thema Gesundheit der Studierenden und Beschäftigten, teilt die Uni mit.
Diese reichen von der Betriebsärztlichen Dienststelle der Universitätsmedizin, der Dienststelle Arbeitsschutz über die Psychotherapeutische Beratungsstelle für Studierende, der Servicestelle für barrierefreies Studieren, der Konfliktberatungsstelle über die Suchtberatung und Prävention bis hin zum Allgemeinen Hochschulsport. Im Rahmen des Projekts soll außerdem zu Gesundheitsförderung und Prävention geforscht werden.
Früher gesund, heute krank
Langfristiges Ziel sei es, die körperliche, psychische und soziale Gesundheit der 32.000 Studierenden zu fördern, sagt Professor Stephan Letzel, wissenschaftlicher Leiter des Modellvorhabens und Direktor des Instituts für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Universitätsmedizin Mainz.
Partner ist die Barmer, die das Modellvorhaben im Rahmen des Präventionsgesetzes mit 1,5 Millionen Euro für fünf Jahre fördert. "Immer mehr junge Erwachsene leiden unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen oder Panikattacken", berichtet Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der Kasse in Rheinland-Pfalz und im Saarland, mit Blick auf den aktuellen Barmer-Arztreport.
Bei den Studierenden, die bislang als weitgehend "gesunde" Gruppe galten, sei inzwischen mehr als jeder sechste (17 Prozent) von einer psychischen Diagnose betroffen.
"Gerade bei angehenden Akademikern steigen Zeit- und Leistungsdruck kontinuierlich. Hinzu kommen finanzielle Sorgen und Zukunftsängste", so Kleis.
Vor allem mehr niedrigschwellige Angebote könnten hier helfen, psychische Erkrankungen von vorn herein zu verhindern. Allerdings gebe es an deutschen Hochschulen derzeit keine strukturierten und systematischen Gesundheitsmanagements für Studierende — das wolle man ändern.
Als Schirmherrin fungiert Gesundheitsministerin Sabine Bätzing-Lichtenthäler (SPD). "Die Herausforderungen können unsere Studierende nur bewältigen, wenn sie eigene Stärken entwickeln und Ressourcen im Umgang mit diesen alltäglichen Stressoren kennen", sagt sie.
Andere Unis sollen profitieren
Federführend ist das Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin der Uni, außerdem mit dabei sind die Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie sowie der Forschungsschwerpunkt Medienkonvergenz, das Institut für Sportwissenschaft und das Institut für Arbeits-, Organisations- und Wirtschaftspsychologie der JGU.
Die Übertragbarkeit der Ergebnisse auf andere Universitäten und Hochschulen und die wissenschaftliche Evaluation des Modellvorhabens sollen fester Bestandteil des Projekts sein.
AStA-Vorsitzender Philipp Seidel sagt, er hoffe vor allem auf Programme, die die psychische Gesundheit der Studierenden in den Fokus rücken.
Wie die Organisatoren mitteilen, umfasst das Projekt psychosomatische Gesichtspunkte, Arbeits- und organisationspsychologische Aspekte, sportwissenschaftliche Aspekte sowie den Bereich Gesundheitskommunikation.