Infektionen
Bei nosokomialer Pneumonie nur selten Kombitherapie nötig
Die Resistenzlage bei Pneumonie-Erregern ist in Deutschland weiter günstig. Vier von fünf Patienten lassen sich erfolgreich mit empirischen Standardtherapien behandeln.
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MANNHEIM. Mit nosokomialen Pneumonien gibt es in Deutschland weiterhin "überraschend wenig Probleme", hat Professor Tobias Welte von der Medizinischen Hochschule Hannover beim Internistenkongress betont. Rund 80 Prozent der Patienten könnten erfolgreich mit der empirischen Standardtherapie behandelt werden.
Die Resistenzlage sei in Deutschland weitgehend stabil, so der Infektiologe. Bei gram-negativen Erregern habe es in den letzten Jahren keinen großen Anstieg von Resistenzen gegeben, bei gram-positiven Erregern – mit Ausnahme von VRE (Vancomycinresistenten Enterokokken) – hätte sich die Resistenzlage sogar verbessert.
"Deutschland ist ein Hochdosisland mit hohem Bewusstsein für die Prävention von Resistenzen", sagte Welte. Die Verschreibungspraxis von Antibiotika sei in der ambulanten Medizin bei Weitem nicht so schlecht, wie sie oft gemacht werde.
Weltweit gibt es große Unterschiede bei Resistenzen von Atemwegserregern, die auch bei der Erarbeitung internationaler Leitlinien ein Problem seien, so der Infektiologe weiter. Die Rate von ESBL-Bildnern liege in einigen Ländern Südeuropas wie Griechenland und Italien bei 90 Prozent, während sie in Skandinavien nur ein bis drei Prozent betrage. Dies mache es schwer, sich in der europäischen Pneumonie-Leitlinie, die derzeit überarbeitet werde, auf Standards zu einigen.
In der US-amerikanischen Leitlinie zu nosokomialen (HAP) und beatmungsassoziierten Pneumonien (VAP) aus dem Jahr 2016 werde sehr auf die Therapie mit BreitbandAntibiotika fokussiert, was auf Deutschland nicht übertragen werden sollte, betonte Welte. Die deutsche Leitlinie stammt aus dem Jahr 2012 und wird aktuell ebenfalls überarbeitet.
Wie sieht der derzeitige Standard in Deutschland aus? Es sollte eine Erregerdiagnostik gemacht werden, sagte Welte. Bei HAP (non-VAP) sollten Atemwegsproben kultiviert werden, bei Patienten mit schweren Infektionen zwei Blutkultur-Pärchen angelegt werden. Bei rund 80 Prozent der Betroffenen besteht nach Angaben von Welte kein Risiko für eine Infektion mit multiresistenten Erregern wie MRE (Methicillin-resistente Enterokokken); sie könnten in der Regel erfolgreich mit einer primär empirischen hoch dosierten Therapie behandelt werden, zum Beispiel einem Cephalosporin der dritten Generation, einem Pseudomonas-wirksamen Betalaktam (Piperazillin/Tazobactam) oder einem Fluorchinolon.
Bei Patienten mit Risikofaktoren für eine MDR-Infektion – dazu gehören unter anderem antimikrobielle Therapie, längere Krankenhausaufenthalt oder längere Beatmung – sollte eine Kombinationstherapie mit einem Makrolid erfolgen. Häufig wird derzeit allerdings zu lange behandelt, sagte Welte. Bei Patienten mit VAP sei eine siebentägige Antibiotika-Therapie der Standard, nur in Ausnahmefällen sollte länger behandelt werden. Nicht vergessen werden sollte bei einer Kombinationstherapie, nach 72 Stunden eine Deeskalation zu erwägen. So sei eine weitere Einsparung von Antibiotika möglich.