Dyspnoe

COPD mit Herzkrankheit wird häufig verkannt

Komorbiditäten sind bei COPD häufig. Besonders denjenigen aus dem kardiovaskulären Bereich dürfte eine besondere Bedeutung zukommen, erläutern unsere beiden Gastautoren.

Von Prof. Peter Alter und PD Dr. Rudolf A. Jörres Veröffentlicht:
Jeder fünfte Studienteilnehmer mit stabiler COPD hatte eine kardiovaskuläre Erkrankung. (Symbolbild mit Fotomodell)

Jeder fünfte Studienteilnehmer mit stabiler COPD hatte eine kardiovaskuläre Erkrankung. (Symbolbild mit Fotomodell)

© pathdoc / stock.adobe.com

Das Leitsymptom, die Dyspnoe, in Ruhe oder unter Belastung, dürfte bei der chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) häufig zunächst der Lungenerkrankung allein zugeordnet werden, und ein kardialer Anteil bleibt nicht selten unerkannt. Deswegen wurden Daten der COSYCONET-Kohorte hinsichtlich des kardialen Beitrags zu Symptomen bei COPD untersucht (Int J Chron Obstruct Pulmon Dis. 2019; 14:2163-2172).

Hierbei handelt es sich um eine multizentrische Langzeituntersuchung von Patienten mit stabiler COPD, und es wurden neben dem klinischen Status und der Vorgeschichte der Teilnehmer deren Lungenfunktionsuntersuchungen, Ganzkörperplethysmographien, ihre kardiovaskuläre Medikation und echokardiographische Untersuchungen analysiert. Als Maß für die Symptome der 1591 untersuchten Studienteilnehmer mit COPD wurden die klinisch etablierten Fragebögen mMRC (modified Medical Research Council), der SGRQ (St. George’s Respiratory Questionnaire) und der CAT™ (COPD Assessment Test) verwendet.

Daten der COSYCONET-Kohorte

Kardiovaskuläre Komorbiditäten hinsichtlich des Vorliegens einer KHK, eines in der Vorgeschichte stattgehabten Myokardinfarktes oder einer bekannten Herzinsuffizienz fanden sich bei 18 %. Mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer hatte wenigstens ein kardiovaskuläres Medikament, z.B. Betablocker, ACE-Hemmer, Angiotensinrezeptorantagonisten oder Diuretika (einschl. Aldosteronantagonisten). Eine echokardiographisch reduzierte linksventrikuläre Funktion oder Dilatation fand sich bei ca. 13 %. Innerhalb dieser Gruppe war cirka einem Drittel der Teilnehmer das Vorliegen einer kardiovaskulären Erkrankung nicht bekannt, und sie hatten keine dementsprechende Medikation.

Umgekehrt hatte die Mehrzahl der Patienten mit einer kardiovaskulären Medikation eine normale echokardiographische Herzfunktion, was nahelegt, dass andere Indikationen für die in der Regel unspezifische Therapie mit den zuvor genannten Substanzen vorlagen. Dies dürfte in erster Linie die häufige arterielle Hypertonie sein. Daher wurden im nächsten Schritt der Analyse Patienten mit einer isolierten Hypertonie, d. h. ohne weitere kardiovaskuläre Erkrankungen, ausgeschlossen und die verbleibenden weiter untersucht. Unter diesen Patienten fanden sich viele mit reduzierter linksventrikulärer Auswurffraktion oder Dilatation, die keine adäquate Herzinsuffizienztherapie erhielten.

Strukturgleichungsmodell erstellt

Für detailliertere Analysen der Zusammenhänge zwischen Lungenfunktionsparametern der Obstruktion, bodyplethysmographischen Messungen der Überblähung, der kardiovaskulären Vorgeschichte und Medikation, der kardialen Funktion und Morphologie sowie von Belastungssymptomen wurde ein Strukturgleichungsmodell (SEM) erstellt. Es zeigte sich, dass die Belastungssymptome am besten im mMRC und in der Aktivitätskomponente des SGRQ angezeigt werden. Neben den Einflüssen der Lungenfunktionseinschränkung fand sich auch eine direkte Beziehung von der Herzgröße auf die Dyspnoe.

Zusammenfassend fanden sich bei dieser großen Kohorte mit stabiler COPD bei ca. einem Fünftel der Teilnehmer kardiovaskuläre Erkrankungen. Bei einem bemerkenswerten Anteil an Patienten mit auffälligen Echokardiographie-Befunden waren jedoch kardiovaskuläre Erkrankungen nicht bekannt und dementsprechend auch nicht behandelt. Dies dürfte mit einem erhöhten Risiko und einer Prognoseverschlechterung einhergehen.

Eine wesentliche Ursache hierfür dürfte sein, dass die von Patienten geschilderte Dyspnoe bei bekannter COPD häufig nur der pulmonalen Erkrankung zugeordnet wird und wichtige Differentialdiagnosen außer Acht bleiben. Hier sollte das Bewusstsein für die hohe Prävalenz kardiovaskulärer Erkrankungen bei COPD geschärft und häufiger die Durchführung kardialer Untersuchungen in Betracht gezogen werden, um eine adäquate Therapie einleiten zu können.

Professor Peter Alter ist als Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin, Pneumologie und Intensivmedizin der Philipps-Universität Marburg tätig.

Privatdozent Dr. Rudolf A. Jörres ist Leiter der AG „Experimentelle Umweltmedizin“ an der LMU München.

Jetzt abonnieren
Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

Kommentar zur neuen S2k-Leitlinie

Bei Husten acht Wochen warten!

S2k-Leitlinie

Husten – was tun, wenn er bleibt?

Gesundheitsatlas Deutschland

Aktuelle AOK-Datenanalyse: Deutlich weniger COPD-Diagnosen

Kooperation | In Kooperation mit: AOK-Bundesverband
Das könnte Sie auch interessieren
Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

© Springer Medizin Verlag

Intens. Video-Podcast

Grippeschutzimpfung: Jüngere Risikogruppen nicht vergessen

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Herz mit aufgemalter Spritze neben Arm

© Ratana21 / shutterstock

Studie im Fokus

Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Prävention durch Influenzaimpfung?

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Mann mit Pflaster auf Oberarm gibt Daumen-hoch-Zeichen

© U_Photo / Shutterstock

Impflücken bei Chronikern

Senkung von Morbidität und Mortalität durch bessere Vorsorge

Anzeige | Viatris-Gruppe Deutschland
Innovationsforum für privatärztliche Medizin

© Tag der privatmedizin

Tag der Privatmedizin 2024

Innovationsforum für privatärztliche Medizin

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Eine Sanduhr, durch die Geldstücke fall

© fotomek / stock.adobe.com

Tag der Privatmedizin 2024

Outsourcing: Mehr Zeit für Patienten!

Kooperation | In Kooperation mit: Tag der Privatmedizin
Buch mit sieben Siegeln oder edles Werk? KI-Idee einer in Leder eingebundenen neuen Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ)

© KI-generiert mit ChatGPT 4o

Exklusiv Entwurf unter der Lupe

Das brächte Ihnen die neue GOÄ

Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Real-World-Analyse von US-Versorgungsdaten-- Bei Einsatz von Sacubitril/Valsartan ist die Gesamtsterblichkeit signifikant geringer als bei Einsatz von ACEi/ARB.

© Springer Medizin Verlag

ARNI in der Primärtherapie der HFrEF

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novartis Pharma GmbH, Nürnberg
Abb.1: Antikörper-Wirkstoff-Konjugat

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [14, 15]

Nicht kleinzelliges Lungenkarzinom

Effektive Zweitlinienoptionen weiterhin dringend benötigt

Sonderbericht | Beauftragt und finanziert durch: AstraZeneca GmbH, Hamburg, und der Daiichi Sankyo Deutschland GmbH, München
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Top-Thema: Erhalten Sie besonders wichtige und praxisrelevante Beiträge und News direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Versorgung von Privatpatienten

PKV-Vergütung bringt Praxen knapp 74.000 Euro zusätzlich

Lesetipps
Figuren betrachten eine Blatt mit einer Linie, die zu einem Ziel führt.

© Nuthawut / stock.adobe.com

Tipps für die Praxis

So entwickeln Sie Ihre Arztpraxis strategisch weiter