Impfgipfel
Corona-Vakzine: Praxen können ab April mit Impfeinsatz rechnen
Der „Impfgipfel“ schrumpfte im Laufe des Tages zum Fachgespräch. Sowohl Politik als auch die Industrie hätten viel gelernt, beteuerten die Beteiligten. Mehr Corona-Impfstoff wird es aber vorerst nicht geben.
Veröffentlicht:Berlin. Die Hausarztpraxen sollen im zweiten Quartal in das Impfgeschehen eingreifen. Das hat Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Anschluss an das Fachgespräch von Bund, Ländern und Pharmaunternehmen am Montagabend angekündigt. Wörtlich sagte Merkel: „Es wird einen Punkt im zweiten Quartal geben, zu dem Hausärzte einsteigen können.“
Die Unternehmen hatten zuvor angekündigt, im zweiten Quartal 77 Millionen Impfdosen und im dritten 128 Millionen zu liefern. Merkel, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verwiesen allerdings darauf, dass die Industrie keine konstanten Liefermengen über die gesamte Zeit garantieren könne. Die Impfdosen könnten also in unterschiedlich großen Chargen über das Quartal verteilt geliefert werden.
Um sich darauf einstellen zu können, soll die Impfstrategie nun um einen Nationalen Impfplan erweitert werden. Der reiche im Augenblick für Lieferungen von BioNtech/Pfizer bis zum 22. Februar, für Moderna und AstraZeneca bis 17. Februar.
Priorisierung wird durchbrochen
Die fünf Millionen Impfdosen, die das britisch-schwedische Unternehmen AstraZeneca noch im ersten Quartal liefern wolle, sollen vorrangig zur Impfung des Gesundheitspersonals eingesetzt werden, kündigte Merkel an. Der Grund: Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat den Impfstoff nur für Menschen unter 65 Jahre empfohlen. Somit ist er momentan im Priorisierungsschema der Ständigen Impfkommission nicht einsetzbar.
Ansonsten bleibe es dabei, dass im ersten Quartal nicht mehr als neun Millionen Menschen geimpft werden könnten, sagte Merkel. Für mehr reichten die aktuellen Produktionskapazitäten in Europa nicht aus. Zudem fehle es an Grundstoffen, so genannten Lipiden. Die Hersteller müssten auf Produkte anderer Zulieferer ausweichen und dafür jedes Mal neue Zertifizierungsprozesse in Kauf nehmen. Deutschland stehe bereit, die Hersteller finanziell zu unterstützen, wenn es an dieser Stelle zu Engpässen komme. Flankierend wolle die Regierung auch die Ausstattung der Impfkampagne mit Spritzen und weiteren Medizinprodukten unterstützen. Dafür richte das Bundeswirtschaftsministerium eine Plattform ein.
Merkel bleibt bei ihrer Ansage
Ziel der Bundesregierung sei es nach wie vor, „nach bestem Wissen und Gewissen“ Angaben zu Umfang und Zeitpunkt der Impfstoff-Dosen zu machen. Die Hersteller könnten aber nicht mehr zusagen, als sie für „redlich“ erachteten, betonte Merkel. Das Versprechen, bis zum Ende des Sommers jedem Bundesbürger ein Impfangebot zu machen, bleibe bestehen, unterstrich die Kanzlerin.
Man habe viel von- und übereinander gelernt, kommentierten Merkel, Müller und Söder die Gespräche mit den Industrievertretern. Die nächsten Wochen seien „sensibel“, sagte Müller. Das sei bei der anderen Seite angekommen.
Hunderttausend Impfdosen mehr oder weniger zu haben, sei nicht trivial, es bedeute für 50.000 Bundesbürger mehr oder weniger Gesundheitsschutz. „Die Botschaft ist in aller Klarheit angekommen.“ Umgekehrt hätten die Länder begriffen, wie kompliziert die Impfstoff-Produktion sei und dass man sie nicht „beliebig hochfahren kann“, sagte Müller. Es werde Monate dauern, um entsprechende Kapazitäten aufzubauen.
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Lange Zeitachse
In der Produktion seien zu viele „Variablen“ im Spiel, bekräftigte Markus Söder. „Nach Stoppuhr“ Vakzine zu produzieren, funktioniere daher nicht. „Man muss schon auf eine lange Zeitachse setzen.“ Nötig sei auch eine Anpassung der Impfstoff-Priorisierung – auch mit Blick auf den Impfstoff von AstraZeneca. Hier müsse es frühere Angebote für jüngere Menschen geben, auch in der Schule und in der Kita.
Mit Blick auf mögliche Lockerungen nach Ende des aktuellen Lockdowns am 14. Februar hielt sich Merkel bedeckt. Man erhoffe sich bis zum nächsten Treffen von Bund und Ländern am 10. Februar mehr Klarheit über die Virusmutationen. Das Beispiel Portugal zeige, dass zu frühe Lockerungen riskant seien. Söder äußerte sich zu Lockerungen ab Mitte Februar äußerst skeptisch.
Merkel hält an Corona-Impfversprechen fest