Impfpflicht-Debatte

Kinderärzte für Impfpflicht bei Ärzten und Assistenzberufen

Eine Impfpflicht nur für Kinder? Das geht den Pädiatern nicht weit genug. Dem Deutschen Ethikrat aber stößt die Art der Debatte sauer auf.

Denis NößlerVon Denis Nößler Veröffentlicht:
Impfschutz: Alle reden über die Impfpflicht, konkrete Vorstellungen arbeitet Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber noch aus.

Impfschutz: Alle reden über die Impfpflicht, konkrete Vorstellungen arbeitet Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) aber noch aus.

© by-studio / stock.adobe.com

BERLIN. Der Berufsverband der Deutschen Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) fordert eine Impfpflicht für Ärzte und Gesundheitsberufe. Man brauche „unbedingt eine Impfpflicht“ für Gesundheitsberufe, sagte BVKJ-Präsident Dr. Thomas Fischbach am Mittwoch der „Ärzte Zeitung“. Ungeimpftes Personal „handele unverantwortlich“.

„Wir haben immer die Auffassung vertreten, dass Kinder größtmöglich vor Krankheiten geschützt werden müssen. Dazu gehört natürlich auch, dass medizinisches Personal nicht als Überträger infrage kommt“, so Fischbach. Beim Impfen sollten etwa Ärzte einen „hohen Anspruch“ auch an sich selbst haben müssten.

Die derzeitige bundesweite Debatte über eine mögliche Impfpflicht hat derweil der Deutsche Ethikrat kritisiert. Die Verkürzung auf verpflichtende Impfungen für Kinder sei „verfehlt“, monierte der Rat am Mittwoch. Die Hälfte aller Maserninfektionen trete bei Erwachsenen auf, daher müssten bei ihnen die Impfquoten erhöht werden.

Gesundheitsberufe in "besonderer Verantwortung"

Auch Gesundheitsberufe wie Ärzte und Pflegekräfte sieht der Rat in der Pflicht: Sie stünden „in einer besonderen Verantwortung“, heißt es vieldeutig in der Kritik des Rats.

Zudem moniert das Gremium, das Regierung und Parlament berät, der Begriff der Impfpflicht werde „unscharf“ verwendet. So werde kaum darüber debattiert, wie verpflichtende Impfungen durchgesetzt werden können. Erst eine „Präzisierung“ des Begriffs ermögliche „eine angemessene ethische und rechtliche Abwägung“. Der Ethikrat erarbeitet derzeit eine Stellungnahme zur Impfpflicht. Sie soll noch im Sommer vorgelegt werden.

Die Debatte hatte im Frühjahr an Fahrt gewonnen, nachdem es immer wieder zu kleineren Masernausbrüchen kam. Vereinzelt wurden ungeimpfte Kinder vom Kindergarten- oder Schulbesuch ausgeschlossen. In Brandenburg hatte sich der Landtag für eine Impfpflicht ausgesprochen. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat für Mai einen Vorschlag einer bundesweiten Regelung angekündigt.

Rheinland-Pfalz will zudem die Hygieneverordnung novellieren und so die Impfquote bei medizinischem Personal erhöhen.

BÄK für verpflichtende STIKO-Impfungen aller Kinder

Zuletzt hatte Professor Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, dafür plädiert, dass alle von der STIKO empfohlenen Impfungen für Kinder verpflichtend sein sollen. Ob der BÄK-Chef dies auch für Ärzte, Pflege- und Assistenzberufe fordere, war bis zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe nicht zu erfahren.

Auch die Kinderärzte haben wiederholt für verpflichtende Impfungen plädiert. Zuletzt hat ihr Berufsverband BVKJ ein nationales Impfregister gefordert. Ein Register könne etwa automatische Benachrichtigungen für Wiederholungsimpfungen ermöglichen.

Die Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM) hingegen hatte jüngst eine Impfpflicht abgelehnt. Angesichts höherer Durchimpfungsraten in Deutschland im Vergleich mit Ländern, in denen eine Impfpflicht schon gilt, seien die „Argumente für eine Impfpflicht fragwürdig“, heißt es in einem Positionspapier.

Masern

  • 80.000 Maserninfektionen gab es 2018 europaweit;
  • 70 Menschen sind an den Folgen gestorben.
  • 543 Masernfälle hat das RKI 2018 in Deutschland gezählt.
  • 95,6 % der Kinder bis 24 Monate erhalten hierzulande die erste Masernimpfung;
  • 73,9 % hingegen nur die zweite Dosis der MMR-Vakzine.
  • 0,4 % der Erwachsenen haben sich vor Einführung der Impfempfehlung 2010 gegen Masern impfen lassen, im Jahr 2015 waren es 1,5 %.

Quellen: ECDC; RKI; VacMap (24. April); Bundesgesundheitsbl 2019; 62(4): 422-432

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Vereinbarung

In Nordrhein bringt die RSV-Impfung auf Kasse 9,95 Euro

Kommentare
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Im Vordergrund Savanne und eine Giraffe, im Hintergrund der Kilimandscharo.

© espiegle / stock.adobe.com

Erhöhtes Thromboserisiko

Fallbericht: Lungenembolie bei einem Hobby-Bergsteiger