Selbstheilendes Material
Kohlenstoff-Fasern regenerieren Knochenzement
Kalziumphosphat kann als Knochenersatzstoff eingesetzt werden, bröckelt aber unter großer Belastung. Eine neue Variante mit Kohlenstoff-Fasern sollen der Paste selbstheilende Eigenschaften verleihen.
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Professor Frank Müller und seine Kollegen entwickelten den selbstheilenden Knochenzement.
© Anne Günther/FSU
Jena. Einen neuen Knochenersatz auf Kalziumphosphat-Basis haben Materialwissenschaftler der Universität Jena entwickelt. Der Ersatzstoff ist mit Kohlenstoff-Fasern verstärkt, die die Schadenstoleranz erhöhen und selbstreparierend wirken. Etwaige Risse im Material sollen sich so von selbst auffüllen, heißt es in einer Mitteilung der Universität Jena zur Veröffentlichung der Studie (Sci Rep 2020; online 10. Juni).
Die Forscher um Professor Frank Müller, die gemeinsam mit Kollegen der Universität Würzburg am Schwerpunktprogramm „Selbstheilende Materialien“ arbeiten, konzentrierten sich auf Kalziumphosphat-Zement, der die Knochenbildung anregt und das Einwachsen von Blutgefäßen fördert.
Aufgrund seiner Verformbarkeit kann Kalziumphosphat zwar minimalinvasiv in den Körper implantiert werden. Aufgrund der Sprödigkeit bilden sich aber bei großer Belastung Risse, die das Implantat letztendlich zerstören.
Risse überbrücken und wieder auffüllen
Die Jenaer Materialwissenschaftler haben der Mitteilung zufolge eine Kalziumphosphatzement-Variante entwickelt, bei dem sich mögliche Risse nicht zu größeren Schäden entwickeln, sondern sich das Material selbst wieder verschließt. Der Grund dafür seien dem Stoff beigemengte Kohlenstoff-Fasern.
„Diese Fasern erhöhen zum einen die Schadenstoleranz des Zements enorm, da sie entstehende Risse überbrücken und so verhindern, dass sich diese weiter öffnen“, wird Müller in der Mitteilung zitiert.
„Zum anderen haben wir die Oberfläche der Fasern chemisch aktiviert. Das bedeutet, sobald die offenliegenden Fasern in Kontakt mit Körperflüssigkeit kommen, die sich durch die Rissbildung in den entstandenen Öffnungen sammelt, wird ein Mineralisierungsprozess initiiert.“ Der dabei entstehende Apatit verschließe den Riss wieder.
Diesen Prozess haben die Jenaer Forscherinnen und Forscher in ihren Experimenten nachgestellt, indem sie den Kalziumphosphat-Zement gezielt schädigten und in simulierter Körperflüssigkeit ausheilten.
Dank dieser intrinsischen Selbstheilungsfähigkeit – und der mit der Faserverstärkung verbundenen größeren Belastbarkeit – könnten sich die Anwendungsgebiete für Knochenimplantate aus Kalziumphosphat-Zement erheblich erweitern und möglicherweise zukünftig auch lasttragende Skelettbereiche umfassen. (eb)