Weltimpfwoche
Langsame Fortschritte im globalen Kampf gegen Infektionen
Fünf Jahre nach der Verabschiedung des Globalen Impfaktionsplans durch die Weltgesundheitsversammlung zur Steigerung der Impfraten in den Mitgliedsländern zieht die WHO eine – großenteils positive – Zwischenbilanz.
Veröffentlicht:Die schlechte Nachricht vorweg: 2015 waren nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit rund 19,4 Millionen Kinder nicht oder nicht ausreichend geimpft – zum Beispiel gegen Diphtherie, Tetanus oder Pertussis. Rund 60 Prozent dieser Kinder lebten laut WHO in zehn Ländern – Äthiopien, Angola, Indien, Indonesien, Irak, Kongo, Nigeria, Pakistan, Philippinen sowie Ukraine. Und: Fünf Jahre nach der Verabschiedung des Global Vaccine Action Plan (GVAP) durch 194 Gesundheitsminister auf der 65. Weltgesundheitsversammlung in Genf hinkt die Weltgemeinschaft bei dem Ziel der Eliminierung von Masern, Röteln sowie maternalem und neonatalem Tetanus bis 2020 hinterher.
Das ist aber nur die eine Seite der Medaille, wenn man sich die Zwischenbilanz der WHO zum Impfaktionsplan anschaut. Anlass dafür war die ebenfalls 2012 ins Leben gerufene Weltimpfwoche, die in der vergangenen Woche parallel zur Europäischen Impfwoche gelaufen ist.
Positiv, so die WHO, sei aber, dass durch konzertierte Impfanstrengungen im Zeitraum von 2010 bis 2015 zehn bis 15 Millionen Todesfälle vermieden worden seien. Bei weiterer Verbesserung der Durchimpfungsraten könnten allerdings weitere 1,5 Millionen Todesfälle pro Jahr verhindert werden.
Zudem seien Millionen von Menschen vor Krankheiten und Behinderungen geschützt worden, die assoziiert sind mit Erkrankungen wie Pneumonie, Diarrhoe, Keuchhusten, Masern oder auch Polio. Defizite bei der Eradikation von Kinderlähmung verzeichnen derzeit nur noch die drei Länder Pakistan, Afghanistan und Nigeria, in denen immer wieder Impfhelfer von islamistischen Fundamentalisten behindert oder gar angegriffen und getötet werden.
WHO zieht alle Register
Die Aktivitäten der WHO, um weitere Fortschritte bei den Durchimpfungsraten zu erreichen, sind vielfältig. So sind Impfziele auch in der im vergangenen September in New York beschlossenen "2030 Agenda für nachhaltige Entwicklung" enthalten – eine Vision mit 17 Zielen und 169 Unterzielen, die der nachhaltigen Entwicklung dienen sollen. Diese Ziele sollen im Zeitraum 2016 bis 2030 erreicht werden. Mit diesen Sustainable Development Goals haben sich die Staaten verpflichtet, bis 2030 eine Welt frei von Krankheiten, Hunger, Armut, Gewalt und Analphabetismus zu schaffen – verbunden mit einem universellen Zugang zu einer qualifizierten Ausbildung sowie einer gesundheitlichen Versorgung, die das physische, mentale und soziale Wohlbefinden ermöglicht.
Zu den Schwerpunkten in Richtung Impfen soll auch die Unterstützung von Forschung und Entwicklung von Vakzinen gehören, die vor allem in günstige Vakzine für Entwicklungsländer münden soll. Wie die WHO in ihrer Erklärung zur Weltimpfwoche einmal mehr hervorhebt, sieht sie Routine-Impfungen als Grundpfeiler einer primären Gesundheitspflege (primary healthcare/PHC) an. Diese heute selbstverständliche Haltung geht auf die Erklärung von Alma-Ata vor fast 40 Jahren (1978) zurück, auf die sich die WHO damals verständigt hat.
Erfolge bei Meningokokken
Auch über konkrete weitere Erfolge und Probleme bei einzelnen Indikationen informiert die WHO aus Anlass der Impfwoche. So hätten 2015 116 Millionen Kleinkinder drei Impfdosen mit der Dreifach-Vakzine gegen Diphtherie, Tetanus und Pertussis (DTP) erhalten, das entspreche einer Durchimpfungsrate von 86 Prozent. 126 Länder hätten sogar eine Durchimpfungsrate von 90 Prozent und höher erreicht. 86 Prozent der Kinder seien zudem dreifach gegen Polio geimpft worden. Immerhin 85 Prozent betrug die Abdeckung bei Kindern gegen Masern (eine Impfdosis), 61 Prozent der Kinder weltweit hatten zwei Dosen bekommen. Große Fortschritte sind auch bei der Immunisierung gegen Hepatitis B erzielt worden: Ende 2015 haben 185 Länder die Impfung für Kinder eingeführt. Die weltweite Durchimpfungsrate mit drei Impfdosen bei Kindern wird laut WHO auf 83 Prozent geschätzt.
Bei Pneumokokken sind die Fortschritte noch nicht so weit gediehen. 129 Länder hätten die Pneumokokkenimpfung eingeführt, die Abdeckung habe 2015 bei 37 Prozent gelegen. Auch bei der Impfung gegen Rotavirus (84 Länder haben sie eingeführt) gibt es Lücken: Die WHO schätzt die weltweite Immunisierung auf 23 Prozent, wobei auf der Website unterschiedliche Zahlen genannt werden.
Als großen Erfolg sieht die WHO die Impfkampagne gegen Meningitis A in Afrika. Fünf Jahre nach Beginn der Impfungen mit dem Impfstoff "MenAfriVac)" seien im sogenannten Meningitis-Gürtel (26 Länder in Afrika) 235 Millionen Menschen geimpft worden. Mit Erfolg: Die häufig tödliche Infektion sei heute nahezu eliminiert, die Impfung in die Routine nationaler Programme übernommen worden. (Mitarbeit: ger)