Teil-Finanzierung durch die GKV
Minister beschließen Corona-Impfstrategie – Arbeit für die KVen
Noch ist kein Corona-Impfstoff zugelassen, doch die Vorbeitungen für das große Impfen laufen auf Hochtouren. Jetzt haben sich Bund und Länder geeinigt. Auf die KVen kommt eine Menge Arbeit zu – und auf die GKV Kosten.
Veröffentlicht:Berlin. Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben sich auf ein „gemeinsames Vorgehen bei Impfungen gegen COVID-19“ geeignet. Das geht aus einem gleichnamigen Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) von Freitagabend hervor. Der Beschluss der Länderminister und von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) ist einstimmig gefallen.
Danach sollen SARS-CoV-2-Vakzinen, sobald sie zugelassen und verfügbar sind, zentral vom Bund beschafft und finanziert werden. Die Länder sollen, wie bereits bekannt war, bis zu 60 zentrale Impfzentren einrichten und mobile Impfteams gründen.
Das „notwenige Zubehör zur fachgerechten Durchführung“ der Impfungen sollen die Länder bereitstellen und bezahlen. Die Hälfte der Kosten für die Zentren und Impfteams will Minister Spahn von den gesetzlichen Krankenkassen (GKV) finanzieren lassen, die andere Hälfte zahlen die Länder.
KVen sollen Termine organisieren
Die Bundesländer sollen allerdings die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) „und weitere Akteure“ in Aufbau und Organisation der Zentren einbinden können. Die KVen sollen per Rechtsverordnung von Gesundheitsminister Spahn verpflichtet werden mitzuwirken, wenn ein Bundesland dies wünscht.
Auch Betriebsärzte sollen in die Impfprogramme mit einbezogen werden können. Menschen in Alten- oder Pflegeheimen sollen über die Impfteams geimpft werden können. Die Minister betonen in ihrem Beschluss die Freiwilligkeit der Impfung.
Die Terminvermittlung für die Impfzentren und die mobilen Teams soll von den KVen über deren Terminservicestellen (TSS) organisiert werden. Dem Beschluss zufolge soll Spahns Ministerium derzeit mit der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ein „standardisiertes Modul“ zur Terminvereinbarung erarbeiten.
Ärzte und Pflegekräfte prioritär
Da nach der Zulassung erster Impfstoffe aller Voraussicht nach nicht genügend Impfdosen für alle Bürger zur Verfügung stehen werden, sollen die Impfzentren und -teams die (noch zu erarbeitende) Priorisierung der Ständigen Impfkommission (STIKO) einhalten müssen. Die Impflinge sollen dem Beschluss zufolge nachweisen müssen, dass sie zu einer „prioritär zu impfenden Personengruppe“ gehören.
Bundeskanzlerin Angela Merkel verwies am Sonntag darauf, dass diese Vorgaben derzeit von STIKO, Leopoldina und Ethikrat erarbeitet werden: „Aber ich glaube, ich kann schon so viel verraten, dass ich sage, ganz vorn dran sind natürlich Pflegekräfte, Ärzte und auch Menschen, die zu einer Risikogruppe gehören. Das sind dann allerdings schon recht viele in unserem Land.“
Die Zentren sollen die Impfstoffdosen entweder über die Bundeswehr oder direkt von den Herstellern erhalten – anteilig je nach ihrem Bevölkerungsanteil. Erwartet wird offenbar, dass unter den zuerst zugelassenen Impfstoffen mRNA-Vakzinen sein werden. Die müssen bei rund -70 Grad Celsius gelagert und transportiert werden.
STIKO-Chef dämpft Hoffnungen
Die Bundeswehr steht nach eigenen Angaben zur Unterstützung in den Startlöchern: „Neben der bisherigen Amtshilfe durch unsere Soldatinnen und Soldaten mit ihren helfenden Händen können wir uns auch gut vorstellen, logistisch zu unterstützen, indem wir beispielsweise Impfstoff an dafür geeigneten Orten lagern“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums der „Bild am Sonntag“. „Die Lagerung der zu kühlenden Impfstoffe erfordert besondere Sorgfalt, das muss sauber geplant werden.“
Nach Informationen der Zeitung sollen die Impfstoffe in mehreren Kasernen zwischengelagert und von dort an die Impfzentren geliefert werden. Dazu sollen an den Standorten entsprechende Kühlcontainer angemietet werden. Das Verteidigungsministerium habe mitgeteilt, sich derzeit im Abstimmungsprozess mit dem Bundesgesundheitsministerium zu befinden.
Der STIKO-Vorsitzende Professor Thomas Mertens hat die Erwartungen an mögliche Corona-Impfungen derweil gedämpft. Er sagte dem Redaktionsnetzwerk Deutschland, um eine Herdenimmunität zu erreichen, müssten mindestens 50 bis 60 Millionen Menschen geimpft sein, also rund 60 Prozent der Bevölkerung. „Es ist unrealistisch, das im kommenden Jahr zu schaffen.“ Er ergänzte: „Ich fürchte, dass nicht nur dieser, sondern auch der nächste Winter herausfordernd wird.“ (Mit Material von dpa)