HPV-Impfung
Mit Fakten gegen Unwahrheiten
Die meisten der jährlich 1500 Todesfälle an Zervixkarzinom bei uns ließen sich durch HPV-Impfungen verhindern. Durch unsachliche Beiträge zu angeblichen Impfschäden gehen die Impfraten zurück. Das Paul-Ehrlich-Institut hält dagegen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Sind Gerüchte über Impfschäden erst einmal in der Welt, lassen sie sich auch durch noch so viel Evidenz mit Belegen über die Unsachlichkeit nicht mehr ausmerzen – siehe Masernimpfung und Autismus. Das gilt auch für zwei angebliche unerwünschte Wirkungen der HPV-Impfung.
Diese sehr seltenen Ereignisse waren vor sechs Jahren ausschließlich in Japan und Dänemark in zeitlicher Nähe zu der Impfung registriert worden. Obwohl in umfangreichen Studien seither das positive Sicherheitsprofil der HPV-Vakzinen bestätigt wurde, lassen sich in den beiden Ländern viele Mädchen nicht mehr gegen HPV impfen.
Unseriöse Behauptungen werden auch in Deutschland von immer mehr Medien verbreitet. Sie haben es im Dezember sogar in das Polit-Magazin „Report Mainz“ des öffentlich rechtlichen Fernsehens geschafft („Werden Risiken systematisch verschwiegen?“).
Um die Situation zu versachlichen, hat das für Impfstoffe zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) jetzt die Evidenz zu den Kritikpunkten zusammengestellt (Bulletin zur Arzneisicherheit 2019; 1: 24).
Daten von vielen Millionen Impfungen analysiert
Konkret handelt es sich um zwei seltene Syndrome, die in zeitlichem Zusammenhang mit der Impfung aufgetreten sind:
- Das „Complex Regional Pain Syndrome“ (CRPS) tritt in der Regel nach Traumata an Extremitäten auf. Die Schmerzen klingen nicht wie erwartet ab.
- Das posturale Tachykardiesyndrom (POTS) ist eine ausgeprägte orthostatische Tachykardie (Anstieg =30 Schlägen/min oder auf >120 Schlägen/min binnen zehn Minuten ohne bedeutsame Hypotension).
Nach dem PEI-Bericht wurde zwischen 2015 und 2017 ein möglicher kausaler Zusammenhang mit der Impfung vom „Pharmacovigilance Risk Assessment Committee“ (PRAC) der EMA und vom „Global Advisory Committee for Vaccine Safety“ der WHO überprüft.
Ergebnis: Ein Zusammenhang zwischen Impfung und den Syndromen ließ sich nicht feststellen. Danach entwickeln pro Jahr je etwa 150 von einer Million Mädchen und jungen Frauen ein CRPS oder ein POTS. Die Raten bei geimpften und ungeimpften Zehn- bis 19-Jährigen unterschieden sich nach der Analyse nicht, betont das PEI.
Zu ähnlichen Ergebnisse kam auch eine finnische Kohortenstudie mit 240.605 Elf- bis 15-Jährigen zum CRPS, ebenso eine Analyse von Daten des „US-Vaccine Adverse Event Reporting Systems“ (VAERS) zum tetravalenten HPV-Impfstoff.
Forscher hatten dabei 19.760 Meldungen zu möglichen unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) aus den Jahren 2009 bis 2015 bei etwa 60 Millionen Impfdosen ausgewertet.
„Fake News“ mit fatalen Effekten
Durch die Verbreitung von „Fake News“ werden große Chancen für die Gesundheit von Frauen vertan. „Unsachliche Kritik, die zu einem Vertrauensverlust und Rückgang der Impfrate führt, kann schwere gesundheitliche Konsequenzen haben, nämlich ein höheres Risiko für Zervixkarzinom“, betont das PEI in seinem Bericht.
So ist in Dänemark die HPV-Impfrate von 90 Prozent (Jahrgänge 1998 bis 2000) auf 54 Prozent (Jahrgang 2003) gefallen.
In Japan war die Impfempfehlung durch großen öffentlichen Druck 2013 ausgesetzt worden. Dies hat in verschiedenen Regionen zu einem Rückgang der Impfraten von 70 bis 80 Prozent auf 0,6 bis 3,9 Prozent geführt. Gleichzeitig gab es in Japan Wirksamkeitsbelege aus einer Kohortenstudie mit 22.743 Teilnehmerinnen im Alter von 20 bis 29 Jahren.
Ergebnis: Die geimpften Frauen hatten ein um 69 Prozent geringeres Risiko für eine Vorstufe des Zervixkarzinoms (CIN2+) als nicht geimpfte Frauen.
HPV-Impfung: Auch in Deutschland ein Schattendasein
In Deutschland hätte die Prävention ein großes Potenzial, betont das PEI: 2014 erkrankten bei uns 4509 Frauen neu am Zervixkarzinom, 1506 sind gestorben. Zudem müssen sich etwa 50.000 Frauen pro Jahr einer Konisation zur Therapie einer HPV-bedingten Krebsvorstufe unterziehen.
Obwohl sich die meisten dieser Fälle mit der Impfung verhindern ließen, führt die HPV-Impfung bei uns ein Schattendasein: Nach Daten der Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (KiGGS) haben sich von 2014 bis 2017 nur 31,4 Prozent der Mädchen bis 17 Jahre vollständig gegen HPV impfen lassen.
Das PEI unterstreicht zudem das nach Studiendaten belegte positive Sicherheitsprofil der Impfung, und zwar sowohl bei Mädchen und Frauen als auch bei Jungen und Männern. Ärzte sollten daher unsachlichen Berichten über angebliche Impfschäden mit Nachdruck entgegentreten.