Depression
Mit Schlafmitteln das Suizidrisiko senken?
Bei schwerer Insomnie und unter geeigneten Sicherheitsvorkehrungen könnten Schlafmittel bei depressiven Patienten mit Suizidgedanken von Nutzen sein.
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Depressionen am Bett: Schlafmittel könnten Patienten vor drastischen Schritten schützen. (Symbolbild mit Fotomodell)
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Augusta. Schlaflosigkeit ist nachweislich ein Risikofaktor für Suizidalität. Wie sich eine medikamentöse Insomniebehandlung im Hinblick auf das Suizidrisiko auswirkt, dazu gab es bislang allerdings keine validen Untersuchungen. US-Psychiater haben nun eine randomisierte und placebokontrollierte Kurzzeitstudie dazu veröffentlicht (Am J Psych 2019; online 20. September). Demnach kann die zusätzliche Gabe eines Hypnotikums die Insomnie bessern und auch Suizidvorstellungen eindämmen.
Von den 103 Studienteilnehmern mit einer akuten Major-Depression hatten 30 Prozent früher schon einen Suizidversuch unternommen, die Intensität von Suizidgedanken in der aktuellen Episode wurde mit der Scale for Suicide Ideation als moderat beurteilt, nur 18 Prozent gaben an, große Schwierigkeiten zu haben, Suizidgedanken zu kontrollieren. Alle Patienten wurden mit einem SSRI behandelt, 51 für acht Wochen zusätzlich mit kontrolliert freigesetztem Zolpidem (12,5 mg zur Nacht), 52 Patienten mit Placebo.
Effekt variiert je nach Bewertungssystem
In der Zolpidemgruppe war eine signifikant stärkere Besserung des Schlafes zu verzeichnen, der Nutzen beschränkte sich allerdings auf Patienten mit schwerer Insomnie. Der Effekt auf die Suizidalität variierte in Abhängigkeit vom Bewertungssystem: Gemäß der Scale for Suicide Ideation gab es zwar in beiden Gruppen eine signifikante Besserung, allerdings ohne Unterschied zwischen Patienten mit und ohne Schlafmittel.
Zwischen den Ergebnissen im Insomnia Severity Index und in der Scale for Suicide Ideation zeigte sich jedoch eine lineare Beziehung. Im Unterschied dazu ergab sich mit dem Score für Suizidgedanken des Columbia-Suicide Severity Rating System (C-SSRS) ein signifikanter Vorteil durch die Zolpidembehandlung. Den numerisch größten Nutzen hatten Patienten mit schwerer Insomnie.
Der Schweregrad der Depression ging erwartungsgemäß in beiden Gruppen signifikant zurück, die Gabe von Zolpidem hatte darauf keinen Einfluss. Unter der Behandlung gab es weder Todesfälle noch eine Zunahme von suizidalen Vorstellungen.
„Bescheidene“ klinische Relevanz
Die klinische Relevanz des Zolpidemeffektes im C-SSRS-Score für Suizidgedanken bezeichnen die Autoren selbst bei Patienten mit schwerer Insomnie als „bescheiden“. Eine Routineverordnung von Schlafmitteln zur Linderung von suizidalen Vorstellungen bei Depressiven mit Insomnie sei damit nicht zu rechtfertigen. Allerdings könne man, enge Kontrollen vorausgesetzt, für eine kurzzeitige Besserung der Insomnie und einen schnelleren Rückgang von Suizidgedanken sorgen, wenn zeitlich begrenzt kleine Mengen eines Schlafmittels verordnet würden. (bs)