Forschung

Mit Schneckengift gegen chronische Schmerzen

Ein Naturstoff im Nervengift der Kegelschnecke könnte für die Therapie bei chronischen Schmerzen eingesetzt werden.

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Wien. Zu den Naturstoffen mit großem Potenzial für neue Wirkstoffe gehörten Conotoxine, erinnert die Universität Wien in einer Mitteilung. Conotoxine sind Peptide aus einem Nervengift, das Kegelschnecken zum Beutefang und zur Abwehr von Feinden produzieren.

Forscher haben nun einige Conotoxine genauer unter die Lupe genommen, um festzustellen, ob sie sich für die Therapie chronischer Schmerzen eignen (Chem Review 2019; online 21. Oktober). Die potenziellen Möglichkeiten sind dabei groß: Bis dato sind über 10.000 Conotoxin-Sequenzen bekannt. Von einigen Proteinen haben die Wissenschaftler nun unter anderem ihre dreidimensionale Struktur und ihre Faltung analysiert.

Schnecken kontrollieren: Welche Giftkombi für welchen Zweck?

„Es hat sich bereits gezeigt, dass die Schnecken kontrollieren können, welche Giftkombination für welchen Zweck zum Einsatz kommt – bei der Jagd oder bei der Verteidigung“, wird Professor Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie der Universität Wien in der Mitteilung zitiert. „In der Schmerzforschung interessiert uns vor allem das Verteidigungsgift der Kegelschnecken, da es auf das Verursachen von Schmerz ausgerichtet ist und damit zu einem grundlegenden Verständnis der Wirkungsmechanismen beitragen kann.“

Das Gift der Meerestiere enthält hundert bis tausend bioaktiver, relativ kurzer Peptide, die über Disulfid-Brücken sehr strukturierte sowie molekular vielfältige Verbindungen bilden können. Die Peptid-Gemische können auch auf das menschliche Nervensystem wirken und dort etwa Ionenkanäle blockieren oder aktivieren. Dies ist für die Forschung von besonderem Interesse, da gewisse Ionenkanäle therapeutische Targets für die Schmerzreizleitung sind.

Praxistauglichkeit bereits bestätigt

Die Praxistauglichkeit der Conotoxine wurde bereits bestätigt: Mit Ziconotid gibt es ein Conotoxin, das zur chronischen Schmerzlinderung eingesetzt wird, erinnert die Uni Wien. Es wird intrathekal injiziert und blockiert so sehr gezielt die Schmerzreizleitung – „1000-mal potenter als Morphium und ohne Abhängigkeitserscheinungen“, berichtet Muttenthaler. Die nächste Generation von Conotoxin-Wirkstoffen setzt, so das Ziel der Forschung, nicht beim Rückenmark an, sondern bereits bei den dem Rückenmark vorgelagerten Spinalganglien: „Damit könnten wir die Schmerzen bereits abfangen, bevor sie ins Rückenmark weitergeleitet werden.“

In einer weiteren Arbeit nutzten die Forscher zudem von ihnen modifizierte Conotoxine, um Schmerzrezeptoren zu visualisieren (Australian J Chem 2019; accepted for publication). „Vorher gab es nur limitierte Möglichkeiten, die unterschiedlichen Subtypen der Ionenkanäle zu untersuchen“, so Muttenthaler. Mithilfe der Conotoxine können Forscher nun die physiologische und pathologische Bedeutung der unterschiedlichen Rezeptor-Subtypen klären. (eb)

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