Studie an der Uniklinik Münster
Mit neuartiger Fixierung und Sensor sollen komplizierte Brüche besser heilen
Bei komplizierten Frakturen soll ein innovatives bewegliches Implantat zur Fixierung die Heilung begünstigen. Der Heilungsprozess wird mit einem Sensor überwacht, berichtet die Uniklinik Münster.
Veröffentlicht:Münster. Erstmalig wurde am Universitätsklinikum Münster (UKM) einem Patienten mit Knochenbruch des Oberschenkels eine flexible Fixierplatte („Biphasic Plate“) eingesetzt, die über einen sogenannten „Fracture Monitor“ verfügt, berichtet das UKM in einer Mitteilung. Das kleine Gerät hat einen Sensor der per Bluetooth in Echtzeit Belastungsdaten aus dem Bein ans Smartphone sendet. „Mithilfe der ,Fracture Monitor Biphasic Plate‘ kann die Knochenheilung erstmalig patientenindividuell überwacht werden“, berichtet Professor Michael J. Raschke vom UKM in der Mitteilung. Dies ermögliche es, individuelle Nachbehandlungen und Belastungsschemata für den Patienten zu erstellen, erläutert der Direktor der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie an dem Klinikum.
Von der Behandlung profitiert jetzt ein 57-jähriger Patient, der bei einem schweren Motorradunfall Anfang 2021 mehrere Brüche erlitten hatte. Vor allem ein Oberschenkelbruch bereitet ihm bis heute Probleme. „Bei dem Knochen war es nach einer Marknagelung zu einer unverheilten Bruchstelle (Pseudarthrose) gekommen“, so Michael J. Raschke. Solche und ähnliche Heilungsprobleme seien nach Studiendaten bei etwa 10 Prozent der mit festen Platten fixierten Brüchen zu erwarten.
Schwingungen regen den Knochen zum Heilen an
Abhilfe soll hier die „Biphasic Plate“ zur Fixierung schaffen, die dem Patienten Anfang November implantiert wurde, berichtet das UKM weiter. „Die Platte erlaubt eine dosierte Beweglichkeit und regt somit den Knochen durch Schwingung zum Heilen an“, erläutert Assistenzarzt Dr. Moritz Lodde in der Mitteilung. „Dabei bewegt sie sich bei geringer Belastung mehr als eine übliche Platte und wird bei höherer Belastung im weiteren Heilungsprozess deutlich steifer.“ Die „Biphasic Plate“ sei in Deutschland und der Schweiz schon über 60 Mal eingesetzt worden, allerdings jetzt erstmals in Münster mit dem „Fracture Monitor“. Dieses kleine Gerät ist direkt auf dem Implantat angebracht, misst die dortige Belastung und sendet die Daten in Echtzeit per Bluetooth an ein Smartphone.
„Das ist ein großer Vorteil für die Patienten, für nachbehandelnde Ärzte und für Physiotherapeuten“, sagt Michael J. Raschke. Statt sonst üblicher bildgebender Verfahren während der Nachsorge lasse sich der Heilungsprozess anhand der Daten aus dem „Fracture Monitor“ bewerten. Eine Strahlenbelastung durch Röntgen entfällt. „Zudem lässt sich ganz unmittelbar und kontinuierlich bestimmen, welche Belastung des Beins aktuell möglich ist und wann beispielsweise wieder mit dem Sporttraining begonnen werden kann“, ergänzt Moritz Lodde. Maximal zwei Jahre dürfe der „Fracture Monitor“ im Körper bleiben, bei gutem Verlauf könne er aber schon nach acht bis zwölf Monaten entfernt werden. (eb/eis)
Die Behandlung erfolgt im Rahmen einer seit November 2023 laufenden klinischen Studie an der Klinik für Unfall-, Hand- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums Münster. Sollte das Projekt erfolgreich sein, könnten „Fracture Monitor Biphasic Plates“ künftig bei vielen komplizierten Frakturen standardmäßig zum Einsatz kommen.