Reisedurchfall
Multiresistente Keime als Urlaubssouvenir
Wer in die Tropen reist, erkrankt häufig an Durchfall. Der klingt zwar meist schnell wieder ab - aber multiresistente Erreger können bleiben. Vor allem, wenn man Antibiotika geschluckt hat.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Bei Aufenthalten in Asien und Afrika sowie in Mittel- und Südamerika erkranken nach Schätzungen 20 bis 50 Prozent der Reisenden an Diarhoe. In der Regel klingt der Durchfall nach zwei bis vier Tagen folgenlos ab.
Viele Betroffene werden dabei jedoch mit multiresistenten Darmkeimen besiedelt. Sie bergen dann nach ihrer Rückkehr für immungeschwächte Menschen in ihrem Umfeld ein Risiko.
Insgesamt bringt jeder fünfte Reisende in tropische Länder mit niedrigen Hygienestandards - egal ob mit oder ohne Durchfallerkrankung - solche resistenten Darmkeime in die Heimat mit, hat eine finnische Studie ergeben (Clinical Infectious Disease 2015, 60: 837).
Antibiotikum erhöht Befall
Besonders hoch ist der Befall nach einem Reisedurchfall und der Anteil wächst noch einmal deutlich, wenn gegen die Diarrhoe ein Antibiotikum genommen wurde.
Bis zu 80 Prozent der Reisenden mit Durchfall hatten im Anschluss an eine Antibiotika-Therapie einen mit multiresistenten Keimen besiedelten Darm, so ein Ergebnis der Studie.
"Ein solcher Keim muss den Träger nicht notwendigerweise krank machen, er kann aber zu einem großen Problem werden, wenn er auf geschwächte Personen übertragen wird, die daran erkranken und wegen der Resistenz des Bakteriums dann nicht adäquat behandelt werden können", betont Professor Tomas Jelinek in einer Mitteilung des CRM Centrum für Reisemedizin.
Der Infektiologe empfiehlt, bei Reisedurchfällen möglichst auf Antibiotika zu verzichten. Indiziert sind die Antiinfektiva in der Regel nur bei schleimig-blutigem Stuhl und/oder anhaltendem Fieber. Reisenden ist einzuschärfen, in solchen Fällen im Urlaubsland immer einen Arzt aufzusuchen.
Mit multiresistenten Darmkeimen befallene Reiserückkehrer sind besonders bei Klinikaufenthalten eine Gefahr für Mitpatienten.
In einer Studie mit 225 gesunden Probanden am Universitätsklinikum Leipzig (UKL) wurde binnen zwölf Monaten nach einer Fernreise sogar bei 30 Prozent eine Besiedlung mit ESBL-bildenden Bakterien beobachtet (J Med Microbiol 2015; 305: 148).
Am häufigsten nach Indien-Reisen
Solche ESBL (Extended-Spectrum Betalaktamase)-Bildner sind gegen die meisten Antibiotika resistent. Am häufigsten wurden solche Erreger nach Indien-Reisen (mehr als 70 Prozent der Reisenden) festgestellt, gefolgt von Reisen nach Südostasien (fast 50 Prozent der Reisenden). Keiner der Studienteilnehmer erkrankte im Untersuchungszeitraum aufgrund der Besiedlung.
Die Leipziger Ärzte um Dr. Christoph Lübbert vom UKL-Fachbereich Infektions- und Tropenmedizin sprechen sich daher in einer UKL-Mitteilung für ein systematisches Aufnahmescreening für ESBL-bildende Keime in Kliniken aus, und zwar bei Patienten, die innerhalb der letzten sechs Monate in Indien oder Südostasien waren.
Gleichzeitig sei eine vorsorgliche Isolierung bis zum Vorliegen der Untersuchungsergebnisse zu empfehlen. "Auch ein Screening für Beschäftigte in der Lebensmittelindustrie und Gastronomie nach solchen Reisen könnte als vorbeugende Maßnahme in Zukunft erwogen werden, so Lübbert.