Gründung noch vor Weihnachten
Neuer Ärzteverband will Long-COVID-Forschung vorantreiben
Tausende Menschen leiden auch nach einer überstandenen COVID-19 an teils schweren Beeinträchtigungen. Noch ist wenig zu den Hintergründen bekannt.
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Fatigue-Syndrom, kognitive Einschränkungen: Einige Symptome bei Long-COVID dürften darauf zurückzuführen sein, dass eine SARS-CoV-2-Infektion auch das ZNS betrifft.
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Heiligendamm. Die verschiedenen Krankheitsbilder nach einer eigentlich überstandenen COVID-19-Erkrankung sind noch weitgehend unerforscht. „Wir kennen inzwischen mehr als 200 Symptome, die mit dem sogenannten Long-COVID-Syndrom zusammenhängen“, sagte Jördis Frommhold, Chefärztin der inzwischen auf dieses Krankheitsbild spezialisierten Median-Reha-Klinik Heiligendamm, vor der Gründung eines deutschen Ärzteverbands Long COVID in der kommenden Woche. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) wird nach Angaben seines Ministeriums die Schirmherrschaft über den Ärzteverband übernehmen.
Ein Problem im Zusammenhang mit dem fehlenden Wissen sei, dass die Erkrankten keine Akzeptanz in der Gesellschaft erführen. „Es fehlt an Versorgungsstrukturen und viele Gelder, die zur Erforschung von Long-COVID gedacht sind, kommen dort nicht an“, sagte Frommhold. Es fehle vielfach am Verständnis dafür, dass Long-COVID mit mehreren Symptomen einhergeht, die verschiedene Organe betreffen. Es sei das zentrale Ziel des Ärzteverbands, die interdisziplinäre Zusammenarbeit von Ärzten sowie mit medizinischen Hilfsberufen zu fördern.
„Wie die Suche nach der Nadel im Heuhaufen“
Frommhold verglich die aktuellen Forschungen nach Ursache und Therapie von Long-COVID mit der Suche nach der Nadel im Heuhaufen. Auch dafür müsse der Aufbau von ambulanten und stationären Versorgungseinrichtungen weiter vorangetrieben werden, sagte sie. Die Arbeit an Studien laufe auf Hochtouren. „Wir sehen schon gute Ergebnisse sechs und zwölf Monate nach einer Reha-Maßnahme.“
Wissenschaftler gehen davon aus, dass etwa zehn Prozent aller Infizierten von Long-COVID betroffen sind und dann unter Langzeitfolgen leiden. Das wären nach derzeitigen RKI-Zahlen knapp 700.000 Menschen allein in Deutschland. „Das sind nicht nur die Alten und Kranken, sondern auch die Jungen und Gesunden.“
Eines der zentralen Symptome sei das Fatigue-Syndrom, das sich mit anhaltender Müdigkeit und Antriebslosigkeit zeigt. Es gebe aber auch kognitive Einschränkungen sowie Gelenk- und Muskelschmerzen. „Wir wissen nicht, wie viele Patienten überhaupt versorgt werden.“ Frommhold wies auf die massiven ökonomischen Auswirkungen für die Gesellschaft hin, wenn wegen Long-COVID Tausende Menschen längerfristig aus dem Erwerbsleben herausfallen. (dpa/mv)