Analyse onkologischer Spitzenzentren

Psychoonkologische Betreuung – immer noch optimierbar

Patienten sollten mehrfach und auch längere Zeit nach der Diagnose auf den Bedarf für eine psychoonkologische Betreuung untersucht werden. Denn durch Malignome ausgelöste Depressionen können über viele Jahre bestehen. Doch noch hapert es mit der Umsetzung. Woran liegt das?

Von Dr. Nicola Siegmund-Schultze Veröffentlicht:
Ein Großteil der Krebskranken fühlt sich auch psychisch stark belastet. Dann tut eine spezielle Betreuung not.

Ein Großteil der Krebskranken fühlt sich auch psychisch stark belastet. Dann tut eine spezielle Betreuung not.

© Monkey Business / stock.adobe.com

Berlin. Ein bis zwei Drittel der Krebspatienten fühlen sich akut nach der Diagnose psychisch stark belastet. Die Häufigkeit einer hohen Belastung variiert in Abhängigkeit von der Versorgungsform, von der Art des Tumors, aber auch vom Alter, Geschlecht und den sozialen Rahmenbedingungen der Patienten.

Über alle Krebsentitäten und Versorgungsformen hinweg liegt die Prävalenz von starken psychosozialen Belastungen durch Malignomdiagnose in Deutschland bei 52 Prozent, berichtete Professor Anja Mehnert-Theuerkauf vom Universitätsklinikum Leipzig beim 34. Deutschen Krebskongress in Berlin. Damit liege Deutschland im internationalen Durchschnitt. Dieser betrage 30 bis 60 Prozent – je nach Versorgungsform (ambulant, stationär) und nach der Intensität des Screenings.

Heterogenität beim psychoonkologischen Screening

Es sei ein großer gesundheitspolitischer Fortschritt, dass in Deutschland das Screening auf einen Bedarf an psychoonkologischer Beratung oder Betreuung als obligater Bestandteil der Versorgung durchgesetzt worden sei, hieß es bei einer Veranstaltung über psychosoziales Screening. Dennoch gebe es eine große Heterogenität in der Umsetzung.

So sind laut einer Analyse an deutschen Organschwerpunktzentren selbst dort nur bei jedem vierten Patienten (24,9 Prozent) die Ergebnisse eines psychoonkologischen Screenings dokumentiert worden, berichtete Professor Peter Herschbach von der Universitätsklinik München Campus Innenstadt. Von diesen seien knapp 43 Prozent als „belastet“ eingestuft worden und 71 Prozent der Patienten aus dieser Gruppe hätten eine Beratung erhalten.

„Wir wissen nicht, ob ein großer Teil der Krebspatienten nicht gescreent oder das Ergebnis lediglich nicht dokumentiert wird“, sagte Herschbach. „Hier gibt es Wissenslücken, die wir versuchen sollten, durch Register zu schließen.“

Analyse zum psychologischen Beratungsbedarf

Auch eine Untersuchung an 13 onkologischen Spitzenzentren (Comprehensive Cancer Centers, CCC), die in der psychoonkologischen Versorgung ebenso wie in anderen Bereichen von Diagnostik, Therapie und Nachsorge Vorbildfunktion haben sollten, ergab: Lediglich 28,4 Prozent der Patienten nahm eine psychoonkologische Beratung in der Akutphase in Anspruch, nach sechs und zwölf Monaten waren es allerdings jeweils 45 und 41 Prozent, so Professor Joachim Weis vom Universitätsklinikum Freiburg.

Der Beratungsbedarf war in mehreren Analysen deutscher Zentren bei jüngeren Patienten (< 65 Jahre) größer als bei älteren, bei Frauen höher als bei Männern und bei der Diagnose von Mamma-, Bronchial-, Viszeral- und Kopf-Hals-Tumoren höher als bei anderen Tumorformen wie urogenitalen oder dermalen Malignomen. In fortgeschrittenen Krankheitsstadien war er zudem größer als bei Tumoren in frühen Stadien und bei Berufstätigen höher als bei Patienten, die nicht erwerbstätig sind oder berentet.

Kriterien für ein Screening

Aus Parametern wie diesen lasse sich möglicherweise ein Kriterienkatalog dafür erstellen, wie gezielter als bisher schwer belastete Patienten von weniger belasteten zu unterscheiden seien, so die Diskussion. Denn es sei unklar, in welchen Abständen nach Diagnose und mit welchen Schwerpunkten ein psychoonkologisches Screening erfolgen sollte.

So könnten aktuellen Studien zu Folge krankheitsassoziierte Depressionen selbst mehr als zehn oder zwanzig Jahre nach Diagnose fortbestehen.

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