Debatte über Corona-Maßnahmen

Buschmann: Regelungen zur Maskenpflicht im Herbst werden wohl kommen

Welche Corona-Maßnahmen soll es im Herbst geben? Justizminister Buschmann deutet an: Maskenpflicht wird wohl dazugehören. Der Bundestag soll im September entscheiden. Kritik kommt auch von KV-Seite.

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Noch ohne Maske: Justizminister Marco Buschmann (FDP) ist aber offen für eine Maskenpflicht im Herbst.

Noch ohne Maske: Justizminister Marco Buschmann (FDP) ist aber offen für eine Maskenpflicht im Herbst.

© Jens Krick / Flashpic / picture alliance

Berlin. Bei den Vorbereitungen für einen wieder ausgeweiteten Corona-Schutz im Herbst zeichnen sich Regelungen zu Maskenpflichten ab. „Die Wirksamkeit von Masken für den Einzelnen in Innenräumen ist unstreitig“, sagte Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Samstag). „Deswegen wird eine Form der Maskenpflicht in Innenräumen in unserem Konzept sicher eine Rolle spielen.“

Gesundheitsminister Karl Lauterbach, der mit Buschmann über Neuregelungen im Infektionsschutzgesetz berät, ist grundsätzlich für Masken-Vorgaben. Der SPD-Politiker verteidigte am Samstag seine Empfehlung, dass auch jüngere Menschen eine zweite Auffrischimpfung machen könnten.

Buschmann sagte: „Wir müssen sehr ernst nehmen, was uns im Herbst und Winter erwartet.“ Er sei guter Dinge, „dass wir Ende des Monats ein Konzept haben, das wir dann im August mit den Ländern besprechen, und im September bringen wir die Änderung des Infektionsschutzgesetzes durch das Parlament.“

„Keine Schulschließungen, keine Ausgangssperren“

Laut einer vorläufigen Planung der Tagesordnung könnte der Bundestag die Neuregelungen in der ersten Sitzungswoche nach der Sommerpause am 8. September beschließen.

Buschmann versicherte: „Wir verlieren keine Zeit.“ Der Vorschlag werde klare und verständliche Regeln schaffen, die „grundrechtsschonend, also verhältnismäßig“ seien. „Wir sind uns einig in der Koalition, dass es keinen Lockdown mehr geben wird, keine pauschalen Schulschließungen und auch keine Ausgangssperren.“ Das seien „unangemessene Instrumente im dritten Jahr der Pandemie“.

Die zum Frühjahr vor allem auf Drängen der FDP stark zurückgefahrenen Corona-Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz laufen am 23. September aus. Sie sind die Rechtsgrundlage für Schutzmaßnahmen in den Ländern und definieren mögliche Instrumente. Allgemeine Maskenpflichten für Veranstaltungen oder beim Einkaufen fielen damit Anfang April weg.

Holetschek: „Späte Erkenntnis“

Bundesweit gilt noch Maskenpflicht in Fernzügen und Flugzeugen. Die Länder regeln dies für Busse und Bahnen im Nahverkehr sowie etwa auch für Arztpraxen und Kliniken. Für die kältere Jahreszeit wird nach der Sommerwelle ein weiterer Anstieg der Infektionszahlen erwartet.

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek begrüßte es, dass Buschmann die Wirksamkeit von Masken vor allem auch in Innenräumen endlich als „unstreitig“ bezeichne.

„Zu dieser Erkenntnis zu kommen, hat lange genug gedauert“, sagte der CSU-Politiker am Samstag der Deutsche Presse-Agentur. Die Ampel-Koalition müsse nun einen Entwurf liefern. Für die Länder sei von zentraler Bedeutung, alle notwendigen Schutzmaßnahmen schnell, effektiv und rechtssicher treffen zu können. „Wir müssen weg von diesem Schlafwagenkurs“, forderte Holetschek.

Lauterbach verteidigt sich gegen Kritik

Lauterbach verteidigte angesichts von viel Kritik sein Werben für mehr zweite Auffrischungsimpfungen nicht nur bei Älteren ab 60 oder 70 Jahren. Die Sieben-Tage-Inzidenz liege mit Dunkelziffer wohl bei 1500 bis 2000, schrieb er am Samstag bei Twitter. „Daher ist nicht falsch, wenn ich auch Jüngeren mit sehr vielen Kontakten empfehle, nach Rücksprache mit dem Hausarzt die 4. Impfung zu erwägen. Die 4. Impfung ist besser als die Infektion.“

Die offizielle Sieben-Tage-Inzidenz gab das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstag mit 752,7 an – nach 719,2 gemeldeten Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen am Vortag. Die Inzidenz liefert allerdings kein komplettes Bild, vor allem weil längst nicht alle Infizierten PCR-Tests machen, aber nur diese in die Statistik eingehen.

Eine zweite Auffrischimpfung mit der meist nötigen vierten Spritze haben nach Ministeriumsangaben inzwischen 6,2 Millionen Menschen oder 7,5 Prozent der Bevölkerung bekommen. Die Ständige Impfkommission empfiehlt einen zweiten „Booster“ bislang nur für Menschen über 70 und einige andere Risikogruppen.

Debatte um evidenzbasierte Pandemiepolitik

Lauterbach rät schon seit Längerem zu Auffrischimpfungen bereits ab 60 Jahren, dafür hatten sich kürzlich auch EU-Fachbehörden ausgesprochen.

Der CSU-Fachpolitiker Stephan Pilsinger kritisierte Lauterbachs Empfehlung für Jüngere. „Eine solche Aussage gegen die Empfehlungen der fachlich zuständigen Ständigen Impfkommission und der Europäischen Arzneimittelbehörde ist eine Ohrfeige für alle, die an nachvollziehbare evidenzbasierte Pandemiepolitik glauben“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Der FDP-Gesundheitspolitiker Andrew Ullmann sagte der „Rheinischen Post“: „Medizinische Empfehlungen aus der Politik heraus sollten sehr zurückhaltend erfolgen.“

KV Niedersachsen: Klare Impfstrategie nötig

Eine klare Corona-Impfstrategie hat am Wochenende auch die Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen dringend nötig. Derzeit sorgten widersprüchliche Empfehlungen für Unverständnis, sagte der Vorstandsvorsitzende Mark Barjenbruch am Freitag laut Mitteilung. Er kritisierte, dass Gesundheitsinstitutionen und Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) die vierte Corona-Impfung jeweils für unterschiedliche Personengruppen empfohlen haben.

Dass Lauterbach für weitere Fragen auf den zuständigen Hausarzt verweise, ärgere ihn, so Barjenbruch weiter. „Dafür müssen die Hausärzte erst einmal wissen, wie denn die nationale Impfstrategie für den Herbst aussehen wird. Wir müssen wissen: Wird es einen angepassten Impfstoff geben? In welchen Mengen wird es ihn geben? Wann wird er verfügbar sein?“

Antworten auf diese Fragen seien wichtig, um zu entscheiden, welche Gruppen vorrangig geimpft werden sollten. Die Arztpraxen sind der Kassenärztlichen Vereinigung zufolge derzeit stark belastet – unter anderem wegen steigender Infektionszahlen und zunehmender Long-COVID-Fälle. (dpa)

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