Debatte um die Impfkommission
STIKO setzt sich gegen Vorwürfe von Politikern zur Wehr
Zügig auch Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren gegen Corona impfen? Das schwebt manchen Politikern vor. Die Ständige Impfkommission ist unter Druck – und findet deutliche Worte.
Veröffentlicht:Berlin. In der Debatte um Corona-Impfungen für Kinder und Jugendliche setzt sich die Ständige Impfkommission (STIKO) zunehmend gegen Druck aus der Politik zur Wehr.
„Die aktuellen Aussagen von Herrn Söder und anderen Politikern zur STIKO und zu deren Arbeit sind auch unter Berücksichtigung der Wahlkampfzeit ungewöhnlich und müssen korrigiert werden“, teilte das unabhängige Gremium um den Virologen Thomas Mertens am Wochenende mit.
Ziel der Stiko sei das Erarbeiten der bestmöglichen Impfempfehlung für einzelne Menschen und für die Gemeinschaft. „Dies erfolgt unabhängig von Meinungen und Wünschen von Politikern und der pharmazeutischen Industrie.“
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hatte in einem BR-Interview vom Mittwoch bekräftigt, dass es mit einer generellen Corona-Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren schneller gehen müsse. Dabei sprach er von der STIKO als einer ehrenamtlichen Organisation, wohingegen die Europäische Arzneimittelbehörde EMA die „Profis“ seien.
STIKO versus EMA? Das Argument zieht nicht
Die EMA hatte im Mai den COVID-19-Impfstoff Comirnaty®von BioNTech/Pfizer für Kinder und Jugendliche ab zwölf Jahren zugelassen. Für Deutschland empfiehlt die STIKO die Impfung bisher jedoch nur Kindern und Jugendlichen mit bestimmten Vorerkrankungen, die ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf haben. Als Gründe nennt die STIKO noch fehlende Daten zur Sicherheit des Impfstoffs.
Das Gremium betonte nun, „keinesfalls“ weniger professionell zu sein als die EMA, aber andere Aufgaben zu haben als diese. Die EMA prüfe die Zulassungsunterlagen und erteilte die Zulassung. „Hingegen ist es der Auftrag der STIKO, Empfehlungen zu erarbeiten, wie ein zugelassener Covid-19-Impfstoff am sinnvollsten in der Bevölkerung zur Anwendung kommt.“ Die STIKO werde von Mitarbeitern des Robert Koch-Instituts (RKI) „maßgeblich unterstützt“ und arbeite dem gesetzlichen Auftrag entsprechend „transparent nach streng wissenschaftlichen Kriterien“.
Was mit den Impfempfehlungen der STIKO erreicht werden soll, ist im Infektionsschutzgesetz festgelegt. Die Mitglieder werden demnach vom Bundesgesundheitsministerium „im Benehmen mit den obersten Landesgesundheitsbehörden“ berufen.
„Ausdruck der sorgfältigen Analyse“
Söder sagte in dem Interview weiter, dass der AstraZeneca-Impfstoff Vaxzevria® nun ein „Ladenhüter“ sei, weil es ein Hin und Her mit unterschiedlichen STIKO-Empfehlungen gegeben habe.
Auch diesem Punkt kontert das Gremium: Die mit der Zeit vorgenommenen Aktualisierungen seien „Ausdruck der sorgfältigen Analyse sich stetig verändernder und neu hinzukommender wissenschaftlicher Erkenntnisse, die angesichts der Dynamik der Forschung zu COVID-19 in rascher Folge veröffentlicht werden“. (dpa)