Umckaloabo wegen möglicher Leberschäden unter Beschuss
Nach einem Bericht des arznei-telegramms Anfang Juli hat nun auch die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft auf mögliche unerwünschte Lebereffekte durch Umckaloabo® hingewiesen. Der Hersteller wehrt sich: Nach derzeitiger Datenlage sei nicht eindeutig von einem Kausalzusammenhang auszugehen.
Veröffentlicht:NEU-ISENBURG. Insgesamt sind im deutschen Spontanmeldesystem nach Angaben der Arzneimittelkommission (AkdÄ) 145 Verdachtsberichte unerwünschter Arzneimittelwirkungen von Umckaloabo® erfasst worden. Am häufigsten wurden demnach Hautausschlag, Juckreiz und Überempfindlichkeit gemeldet.
Zu den unerwünschten Effekten an der Leber liegen 19 Berichte vor. Neben Meldungen über Erhöhungen der Transaminasen, die in der Produktinformation als gelegentlich auftretende Nebenwirkungen (bei ein bis zehn Behandelten von 1000) aufgeführt sind, werden insgesamt zehn Fälle von Hepatitiden berichtet, von denen einer bereits im Jahr 2006 veröffentlicht worden war.
Im arznei-telegramm wurde der Fall einer 30-jährigen Frau mit stark erhöhten Billirubin- und Leberenzymwerten (GTP, GOT) nach Einnahme von Umckaloabo® (und anderen Medikamenten wie Ibuprofen 800, Methyldopa, Pantoprazol, Enalapril) zum Anlass genommen, von der Einnahme generell abzuraten (a-t 2011; 42: 63).
AkdÄ: Patienten auf Leberreaktionen hinweisen
Aktuell bezieht sich die AkdÄ auf den Fall eines 40-jährigen Mannes ohne Vorerkrankungen und Dauermedikation. Er war zwei Wochen nach Einnahme des Phytotherapeutikums stationär aufgenommen worden. Es wurden bei ihm deutlich erhöhte Leberenzymwerte (ALT, AST, GGT AP) und Bilirubinwerte festgestellt ohne Hinweis auf eine virale Hepatitis (DÄ 2011; 108(30): A1651).
Umckaloabo
Umckaloabo® wird hergestellt aus dem Wurzelextrakt der südafrikanischen Kapland-Pelargonie (Pelargonium sidoides). Es war ursprünglich ein traditionelles Arzneimittel der Zulu und wurde um 1900 nach Europa gebracht. Als Wirkmechanismus werden die Stimulation unspezifischer Abwehrmechanismen, antimikrobielle Wirkungen sowie zytoprotektive Eigenschaften diskutiert, darüber hinaus werden der Substanz mukolytische Eigenschaften zugeschrieben.
Aus Sicht der AkdÄ sprechen die gemeldeten Fälle dafür, dass Umckaloabo® außer für Transaminasenerhöhungen sehr selten auch für eine Hepatitis ursächlich sein kann.
Der Fachausschuss riet daher, dass Patienten auf potenziell bedrohliche unerwünschte Wirkungen wie Überempfindlichkeitsreaktionen und Leberreaktionen hingewiesen und nach dem Vorliegen von Kontraindikationen für die Einnahme befragt werden sollen.
Zu den Kontraindikationen zählen erhöhte Blutungsneigung, Einnahme gerinnungshemmender Medikamente sowie schwere Leber- und Nierenerkrankungen.
AMK: Auf Schmerzen im Oberbauch achten
Auch die deutsche Apothekerschaft reagierte und verwies darauf, dass Leberschäden zu Beginn keine eindeutigen Symptome zeigen.
"Deshalb sollten Patienten verstärkt auf Hautausschlag, Juckreiz oder unspezifische Schmerzen im oberen Bauch achten und mit dem Arzt oder Apotheker darüber sprechen," so Professor Dr. Martin Schulz, Vorsitzender der Arzneimittelkommission der Deutschen Apotheker (AMK). "Der Zusammenhang mit einem Arzneimittel muss nicht gesichert sein, der Verdacht reicht aus."
Hersteller: Viele Faktoren richtig einschätzen
Man nehme seine Pflicht als pharmazeutischer Hersteller sehr ernst und behandle jeden eingehenden Fall unabhängig von seiner Quelle sehr sorgfältig, wehrt sich indessen der Arzneimittelhersteller Spitzner.
Doch leider sei die Dokumentation der Fälle allzu oft lückenhaft. "Häufig fehlen wichtige Daten, die zur Beurteilung eines Falles dringend erforderlich sind, insbesondere zur Diagnostik, zur Begleitmedikation und zu Begleiterkrankungen", hieß es gegenüber der "Ärzte Zeitung".
Und weiter: "Trotz aller unserer Bemühungen bleiben viele Fakten, die zur regelrechten Bewertung solcher Fälle erforderlich sind, unberichtet, sodass die Beurteilung des Kausalzusammenhangs offen bleiben muss."
Gerade bei Fällen, die das Organsystem Leber betreffen, müssten zur Beurteilung eines Kausalzusammenhangs besonders viele Faktoren bekannt sein, etwa um einschätzen zu können, ob der Fall auf eine Entzündung hinweist und auf welche Art von Entzündung.
Ad-hoc-Beurteilungen führten daher gerade bei pflanzlichen Präparaten als natürlichen Vielstoffgemischen zu Vorverurteilungen auf unzureichender Basis.
Keine abschließende Bewertung
Auch im jüngst zitierten Fall des 40-jährigen Mannes hätten wichtige Daten gefehlt, etwa zum Verlauf der Laborparameter, zum Ultraschall und zum Ausschluss anderer Erkrankungen wie Hepatitis E, Herpes-Zoster-Infektion, Schilddrüsenerkrankungen.
Da es bislang in der Fachwelt kein einhelliges Bewertungssystem gebe, sei es plausibel, dass Beurteilungen divergieren.
Aus Sicht des Unternehmens sei nach der bisherigen Datenlage - sowohl der geschilderten Fälle als auch von 10.000 Studienteilnehmern - aber keine abschließende Kausalitätsbewertung möglich.
Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden - wie Studien aus den USA und Deutschland ergaben -, dass zwischen sieben und elf Prozent der Bevölkerung erhöhte Leberwerte als Ausdruck einer Leberzellschädigung hätten, ohne davon zu wissen ("Zufallsbefunde").
Spitzer will Fachinfos anpassen
Das bedeute für die Häufigkeitsangaben von Leberwerterhöhungen, dass diese im Sinne eines Grundrauschens in der Bevölkerung "häufig" bis "sehr häufig" vorkommen.
Mit der für Umckaloabo® anhand der Daten des Spontanmeldesystems errechneten Wahrscheinlichkeit für Leberzellschäden liege man deutlich unterhalb dieses Grundrauschens, so der Hersteller.
Da man aber diese Möglichkeit andererseits auch nicht vollkommen ausschließen könne, werde aktuell die Fach- und Gebrauchsinformation eigenverantwortlich angepasst.
Spitzner beharrt aber weiter darauf, "dass Umckaloabo® ein gut verträgliches und sicheres Arzneimittel ist, was auch durch die umfangreichen präklinischen Untersuchungen zur Toxikologie und Sicherheitspharmakologie gestützt wird."
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