Verschmutzte Luft
Vor allem Adipöse leiden
Feinstaub und Stickstoffdioxid in der Luft beeinträchtigen die Lungenfunktion. Das hat die ESCAPE-Studie nun für die relativ geringen Belastungswerte in Europa bestätigt. Besonders gefährdet sind Übergewichtige.
Veröffentlicht:BASEL. Ein Team um Martin Adam von der Universität Basel hat für die Metaanalyse ESCAPE (European Study of Cohorts for Air Pollution Effects) die Resultate von fünf Studien mit 7613 Teilnehmern aus acht europäischen Ländern (darunter Deutschland) hervorgeholt (Eur Respir J 2014, online 5. September).
Die Probanden waren zweimal in zehnjährigem Abstand einer Spirometrie unterzogen worden. Zugleich hatten die an den Studien beteiligten Wissenschaftler die Schadstoffbelastung der Luft in den jeweiligen Testregionen gemessen.
Aus den Daten aller fünf Untersuchungen berechneten die Forscher, wie sich die Belastung mit Stickstoffdioxid und Feinstaub auf die Einsekundenkapazität und die forcierte Vitalkapazität auswirkt.
Hiernach sinkt die Einsekundenkapazität im Mittel um 14 ml, wenn die Stickstoffdioxid-Konzentration um 10 µg pro Kubikmeter steigt. Die forcierte Vitalkapazität büßt 14,9 ml ein.
Eine Zunahme von Feinstaub (PM10) um 10 µg pro Kubikmeter reduziert die entsprechenden spirometrischen Parameter um 44,6 ml (Einsekundenkapazität) beziehungsweise 59,0 ml (forcierte Vitalkapazität).
Übergewicht und Luftverschmutzung miteinander verflochten
Besonders zu schaffen macht die dicke Luft laut der Metaanalyse den dicken Menschen. Es zeige sich hier ein weiteres Mal, wie zwei wichtige globale Epidemien - Übergewicht und Luftverschmutzung - miteinander verflochten seien, schreiben Adam und Kollegen. Beide zusammen hätten offensichtlich mehr als nur additive Wirkungen auf systemische Entzündungsprozesse.
Keine Anzeichen lieferte die Analyse dafür, dass die untersuchten Verunreinigungen der Luft über die Zeit hinweg den Abfall der Lungenfunktion beschleunigen. Angesichts der Befunde in der Querschnittsbetrachtung sei das Fehlen von Effekten im Längsschnitt womöglich überraschend, so die Wissenschaftler.
"Man würde erwarten, dass die Differenzen im Querschnitt zumindest teilweise aus Unterschieden resultieren, die den längerfristigen, alternsbedingten Funktionsverlust betreffen." Es sei allerdings zu früh, darauf zu schließen, eine langzeitige Exposition beeinflusse nicht die FEV1- und FVC-Reduktion.
Fazit: Die Studie unterstreiche den ungünstigen Zusammenhang von Lungenfunktion und verschmutzter Luft. "Die negative Verbindung ließ sich auch bei den niedrigen Schmutzkonzentrationen in Europa feststellen." Politische Relevanz würden die Ergebnisse dadurch erhalten, dass Adipöse besonders anfällig sind. (rb)
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