Fernreisen
Welche Impfungen jetzt wichtig sind
Häufige, impfpräventable Infektionen auf Reisen sind Influenza und Typhus. Auch wird Brasilien- Reisenden aktuell eine Gelbfieber-Impfung empfohlen: Das Land kämpft mit dem schlimmsten Ausbruch seit 30 Jahren.
Veröffentlicht:Anfang des Jahres meldete die WHO einen Gelbfieber-Ausbruch in Brasilien, der sich mittlerweile mit 3240 Verdachtsfällen und 435 Todesfällen zum größten Gelbfieber-Ausbruch in Brasilien seit 30 Jahren entwickelt hat. Das Centrum für Reisemedizin CRM rät daher ausnahmslos allen Brasilien-Reisenden, sich gegen Gelbfieber impfen zu lassen. Auch in Nachbarländern von Brasilien habe es Gelbfieber-Fälle gegeben, etwa der Todesfall eines dänischen Touristen in Peru, bemerkte Professor Tomas Jelinek, Wissenschaftlicher Leiter des CRM, bei einer Veranstaltung in Berlin. "Für Reisen nach Südamerika muss die Indikation in jedem Fall sehr weit gestellt werden", betonte Jelinek.
Erst 2014 hatte die Weltgesundheitsorganisation WHO Daten vorgestellt, wonach eine einmalige Gelbfieber-Impfung für einen lebenslangen Schutz ausreicht. Daraufhin wurden auch in Deutschland die STIKO-Empfehlungen diesbezüglich geändert. "Bei vielen Ländern ist diese Information allerdings noch nicht angekommen, sodass wir nach zehn Jahren nachimpfen müssen", so Jelinek.
Dengue-Fieber im Fokus
Am wichtigsten für die Reisemedizin sei weiterhin das Dengue-Fieber, so Jelinek. "Keine Tropenkrankheit kommt von der Zahl der Erkrankungen auch nur ansatzweise an das Dengue-Fieber heran. In den Tropen und Subtropen ist kein einziges Land frei von Dengue-Fällen." Die Überträgermücke Aedes aegypti sei aber auch in Südeuropa nachgewiesen worden, etwa in Frankreich und Italien. "Glücklicherweise verläuft die Krankheit aber nur selten tödlich", sagte Jelinek.
Die intensive Forschung an einem Impfstoff gegen Dengue habe zur Zulassung einer ersten Vakzine in einzelnen Endemieländern geführt. "Die protektive Effektivität liegt bei immunologisch Naiven nur bei rund 20 Prozent", sagte Jelinek. Auch sehe es so aus, als würden bei Geimpften tatsächlich stärkere Komplikationen bei einer Infektion auftreten als bei ungeimpften Personen. Schutz vor einer Infektion mit den Dengue-Virus bietet daher das Vermeiden von Stichen der tagaktiven Aedes-Mücke mit langer Kleidung, Repellents und Moskitonetzen. Eine weitere für die Reisemedizin wichtige Impfung ist die Typhus-Impfung, gerade für Reisende in südostasiatische Länder. Das CRM gibt für den Impferfolg der Schutzimpfung eine Schutzrate von 50 bis 70 Prozent an. Es gebe zudem eine Kombinationsimpfung gegen Typhus und Hepatitis A, die allerdings zur Zeit in Deutschland nicht verfügbar sei. Daher müsse auf die Mono-Impfstoffe zurückgegriffen werden.
Auf Basisimpfschutz achten!
Schließlich riet Jelinek zur Impfung gegen Tollwut. "Tollwut muss man in der reisemedizinischen Beratung für fast alle Reiseländer dieser Welt ansprechen." Relevant sei Rabies etwa immer noch auf Bali, wo es seit 2008 einen laufenden Ausbruch gebe, der von den Behörden bisher nicht in den Griff zu kriegen ist. "Indien ist neben Bangladesch das Land mit der höchsten Inzidenz, Fälle werden aber auch gehäuft aus Nordafrika gemeldet", so Jelinek. Bei verdächtigen Tierkontakten sollten Reisende sofort einen Arzt aufsuchen und bei der Postexpositionsprophylaxe auf die Verwendung moderner Gewebekultur-Impfstoffe achten.
Häufige Reise-Infekte
Häufigkeit impfpräventabler Erkrankungen bei Reisenden aus westlichen Ländern in tropische und subtropische Länder pro Reisemonat:
» Gastroenteritis durch ETEC bei einem von 30 Reisenden.
» Influenza A oder B bei einem von 100 Reisenden.
» Typhus (nur in Südostasien) bei einem von 3000 Reisenden.
» Hepatitis A bei einem von 8000 Reisenden.
Da Reisende meist Erwachsene sind, die sonst nur selten zum Arzt gehen, sollte bei einer reisemedizinischen Beratung grundsätzlich der Basis-Impfschutz überprüft werden. Zeigen sich Impflücken, etwa gegen Masern, Polio, Diphtherie, Tetanus oder Pertussis, ist es wichtig, die jeweiligen Impfungen durchzuführen.
Gerade die Masernimpfung ist auch auf Reisen sinnvoll, da die Erkrankungszahlen in vielen Ländern zunehmen. So wurden seit Anfang des Jahres in Italien rund 3075 Infektionen gemeldet. "Und wir wissen ja, dass gerade Deutschland ein Land ist, das die Masern geradezu kultiviert", sagte Jelinek. 2017 werde wieder ein Jahr mit besonders hoher Zahl an Maserninfektionen sein, mit bestimmten bekannten "Nestern", etwa Berlin.
Bisher wurden in Deutschland nach Angaben des CRM 826 Erkrankungen gemeldet, im vergangenen Jahr waren es insgesamt 323. Eine 37-jährige Frau aus Essen starb vor wenigen Wochen an den Folgen einer Masern-Infektion.
Auch außerhalb der hiesigen Saison kann für Personen, die eine Fernreise planen, eine Influenza-Impfung sinnvoll sein, so das CRM. Dies gilt besonders bei Aufenthalten auf Kreuzfahrtschiffen oder bei Ausflügen innerhalb einer größeren Reisegruppe, wo sich tröpfchenübertragene Infektionen wie die Influenza leicht verbreiten. Vor allem sollten sich alle über 60-Jährigen und chronisch Kranke vor Reiseantritt gegen Grippe impfen lassen.
Abrechnungs-Tipp
Bei Parallelimpfung lieber die Beratung ansetzen!
Reiseimpfungen sind keine Leistungen der GKV, sondern immer als Individuelle Gesundheitsleistung einzustufen und nach GOÄ abzurechnen. Auch wenn einige gesetzliche Kassen die Impfkosten ganz oder teilweise übernehmen, bekommen Patienten eine Privatrechnung ausgestellt. Diese hat sich zwingend nach den Regeln der GOÄ zu richten.
Zu einer Impfung gehört neben der eigentlichen Impfleistung auch die körperliche Untersuchung zum Ausschluss einer die Impfung kontraindizierenden Erkrankung. Die Abrechnung von Impfleistungen im Rahmen der Reiseimpfprophylaxe besteht damit aus der Beratung nach GO-Nr. 1, der Organuntersuchung (Thorax + HNO) nach GO-Nr. 7 und der Impfleistung nach GO-Nr. 375. Entscheidend ist der Unterschied zum EBM, dass die Impfleistung nach GO-Nr. 375 die Impfberatung nicht enthält. Daher ist privat die Beratung berechenbar.
Ist im Rahmen der Reiseimpfung eine Zweitimpfung indiziert, ist der Ausschluss der Gesprächsleistung nach GO-Nr. 1 neben der GO-Nr. 377 für die Zusatzinjektion bei Parallelimpfung zu beachten. In diesem Fall wäre auf die Berechnung der mit 50 Punkten bewerteten Zusatzinjektion zugunsten der mit 80 Punkten bewerteten Beratung nach GO-Nr. 1 zu verzichten. Optional kann wegen des erhöhten Aufwandes der Faktor der GO-Nr. 375 gesteigert werden. (pes)