Saarland
Angst und Unsicherheit bei Klinik-Mitarbeitern
Sonderermittler berichtet vor Untersuchungsausschuss über Aufklärungsarbeit an der Homburger Uniklinik. Bislang gibt es kein klares Ergebnis zu Missbrauchsverdacht.
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Das Gebäude der Kinder- und Jugendpsychiatrie im Universitätsklinikum Homburg.
© BeckerBredel / picture alliance
Saarbrücken/Homburg. Der Sonderermittler der Saarbrücker Staatskanzlei, Harald Schnur, hat sich zuversichtlich geäußert, dass der Verdacht auf Kindesmissbrauch an der Homburger Uniklinik aufgeklärt werden kann.
Schnur stand dem Untersuchungsausschuss des Saarländischen Landtags im Dezember rund zwei Stunden Rede und Antwort.
Der Grund für die Zuversicht des Sonderermittlers: ein jüngst veröffentlichtes Gutachten der Ravensburger Jugendpsychiatrie-Professorin Renate Schepker. Sie hatte im Auftrag der Uniklinik die Patientenakten von 34 Kindern aus der „Ausscheidungsambulanz“ der Homburger Kinder- und Jugendpsychiatrie überprüft.
Dort soll ein inzwischen verstorbener Assistenzarzt von 2010 bis 2014 zahlreiche medizinisch unnötige Untersuchungen im Anal-und Genitalbereich von Kindern vorgenommen haben.
„Detailliert und aufschlussreich“
Schnur lobte die Schepker-Arbeit als „detailliert und aufschlussreich“. Die Professorin habe zwar nur 13 Prozent unnötige Behandlungen durch den Assistenzarzt festgestellt. „Doch diese Behandlungen“, so der Ermittler, „konzentrieren sich auf relativ wenige Kinder“.
Auch sei das Dokumentationsverhalten des beschuldigten Assistenzarztes nach dem Bekanntwerden erster Anschuldigungen gegen ihn deutlich schlechter geworden – gerade bei intimen Untersuchungen.
Kritik und Empörung
Die Uniklinik hatte sich bei der Präsentation des Gutachtens gleich zu dem Fazit hinreißen lassen: „Nach Überzeugung der Gutachterin waren nach Aktenlage keine sexuellen Übergriffe in der Ambulanz feststellbar, die über die Durchführung medizinisch nicht indizierter Untersuchungen beziehungsweise Behandlungen hinausgingen“. Das hatte Kritik und Empörung ausgelöst.
Die Linken im Saar-Landtag warfen der Klinik-Leitung vor, „sich rein zu waschen, statt Aufklärungsarbeit zu leisten“. Die Saarbrücker Opfer-Anwältin Claudia Willger sprach von einem „Schlag ins Gesicht der Betroffenen“.
„Es ist absolut naiv zu glauben, dass sexueller Kindesmissbrauch in einer Patientenakte dokumentiert wird“, sagte sie der „Ärzte Zeitung“. Eltern der betroffenen Kinder seien für das Gutachten gar nicht befragt worden.
Noch kein klares Ergebnis
„Der Aufklärungsprozess ist ja noch nicht abgeschlossen“, erläuterte der ehemalige saarländische Kripo-Chef. Bisher habe man tausende Seiten Akten gesichtet, Auskunftsersuchen an Jugendämter und Staatsanwaltschaft geschickt, sei zu Ortsterminen gefahren und habe Klinik-Mitarbeiter befragt.
Doch Schnurs Aufklärungsarbeit ist teilweise schwierig. „Wir stellen bei unseren Befragungen der Klinik-Mitarbeiter Angst und Unsicherheit fest“, erläuterte er. Viele seien in Sorge, etwas falsch gemacht zu haben und jetzt an den Pranger gestellt zu werden.
Auch eine der möglichen Schlüsselfiguren für die Ermittlungen, der bisherige Direktor der Homburger Kinder- und Jugendpsychiatrie, wurde bislang nicht befragt.
Abgeordnete nehmen Uniklinik unter die Lupe
Immerhin haben die Abgeordneten im Untersuchungsausschuss inzwischen Akten von den Ermittlungsbehörden bekommen. Darauf hatten sie wochenlang gewartet und zuletzt schon mit einer Klage gedroht, falls sie die gewünschten Unterlagen nicht einsehen können.
Jetzt kommt auf die Parlamentarier gleich noch mehr Arbeit zu: Nachdem zuletzt auch an der Homburger HNO-Klinik Missbrauchsvorwürfe laut wurden, hat der Landtag Anfang Dezember ihren Auftrag erweitert. Die Abgeordneten sollen die Uniklinik jetzt komplett unter die Lupe nehmen.