Patienten-Kampagne in NRW
Bei Erkältung gibt‘s kein Antibiotikum
Damit sich resistente Keime nicht noch weiter ausbreiten, richtet sich in NRW eine neue Kampagne an Patienten. Die Bürger sollen sensibilisiert werden für einen sachgerechten Antibiotika-Umgang.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Die Akteure im nordrhein-westfälischen Gesundheitswesen wollen die Bevölkerung für einen verantwortungsvollen Umgang mit Antibiotika sensibilisieren.
Zwar liege die Entscheidung über die Verordnung am Ende immer beim Arzt, betonte Landesgesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) bei der Vorstellung der Kampagne „Rationale Antibiotikaversorgung in Nordrhein-Westfalen“ in Düsseldorf. „Aber wenn wir ehrlich sind, haben auch wir Patienten damit zu tun.“
Im Fokus der Initiative stehen Erkältungskrankheiten, sie richtet sich insbesondere an jüngere Menschen. In Arztpraxen, Apotheken, Krankenhäusern und den Geschäftsstellen der Krankenkassen informieren Flyer und Poster über den Umgang mit Atemwegsinfekten, den Einsatz von Antibiotika und über Antibiotikaresistenzen. Das Motto „Teetrinken ist manchmal die bessere Wahl …. denn Antibiotika helfen nicht gegen Erkältungsviren. Vertrauen Sie dem Urteil Ihres Arztes.“
Kräfte bündeln
Die Zunahme von resistenten Keimen sei ein „dickes Problem“ für das Gesundheitswesen, betonte Laumann. „In Wahrheit haben wir für dieses Problem keine abschließende Antwort.“ Deshalb müsse man die Kräfte bündeln, um für einen sparsamen und zielgerichteten Einsatz von Antibiotika zu sorgen. „Wir müssen diese wunderbaren Medikamente auch für die nächste Generation in ihrer ganzen Breite erhalten.“
Forderungen, Ärzte durch gesetzliche Vorgabe zu einem restriktiveren Verordnungsverhalten zu zwingen, teilte der Minister eine Absage. Die Therapiefreiheit der Ärzte sei sehr wichtig. „Es ist gut, dass sich die Politik in Deutschland nicht anmaßt, medizinische Therapien festzulegen, weil wir schlicht und ergreifend keine Ahnung haben“, sagte Laumann.
Die niedergelassenen Ärzte, die für rund 85 Prozent der Antibiotikaverordnungen verantwortlich sind, gingen verantwortungsbewusst mit den Verordnungen um, betonte der Geschäftsführer der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein Dr. Karlheinz Großgarten. Die Indikationsstellung für eine Antibiotika-Therapie sei keine Schwarz-weiß-Entscheidung, sondern hänge stark vom individuellen Patienten, seiner Gesamtkonstitution und möglichen Grunderkrankungen ab.
Die Ärzteschaft habe schon einige Anstrengungen unternommen, um den Einsatz von Antibiotika auf die Anwendungsgebiete zu konzentrieren, wo sie wirklich Sinn machen, sagte Großgarten. Er verwies auf ein Modellprojekt im Ruhrgebiet, in dem der Einsatz von Antibiogrammen und Schnelltests erfolgreich erprobt wurde. „Das ist ein Thema, das man weiter forcieren sollte.“
Ein wichtiges Ziel sei es, die Gesundheitskompetenz der Menschen zu stärken, sagte der Initiator der Kampagne Tom Ackermann, Vorstandsvorsitzender der AOK Nordwest. „Patienten wollen in Entscheidungen einbezogen werden, dafür brauchen sie verständliche und ausgewogene Informationen.“ Sie müssten verstehen, warum Ärzte manchmal keine Antibiotika verordnen.
NRW immer noch bei Spitzenreiter
Der Antibiotikaverbrauch sei zum Glück in den vergangenen Jahren zurückgegangen, auch in NRW. Eine stichhaltige Erklärung dafür, warum der Verbrauch im bevölkerungsreichsten Bundesland aber zehn Prozent über dem Bundesdurchschnitt liege, gebe es nicht, sagte Ackermann.
„Wir müssen an vielen Stellen eine große Transparenz schaffen, um eine Sensibilisierung bei den Menschen zu erreichen, damit jeder für sich eine größere Eigenverantwortung übernehmen kann“, ergänzte die Präsidentin der Apothekerkammer Westfalen-Lippe Gabriele Regina Overwiening.
Mit ihren rund 200 Millionen Patientenkontakten komme den Apothekerinnen und Apothekern in NRW dabei ein wichtiger Part zu. „Wenn der Arzt Antibiotika verordnet, ist es wichtig, dass wir die Art der Anwendung mit den Patienten besprechen“, erläuterte Overwiening.
Die Patienten müssten über die richtige Dosierung, den richtigen Zeitpunkt, die richtigen Abstände und den richtigen Zeitraum der Einnahme informiert werden.