Bayerischer Ärztetag
Delegierte wollen Vorrang für Vertragsärzte vor Investoren
Im Gesundheitsmarkt agierende Kapitalinvestoren, endlose Debatten um die neue GOÄ und der Ärger um den Konnektorentausch: Mehrere Dauerbrenner beschäftigten die BLÄK-Delegierten.
Veröffentlicht:Regensburg. Der Bayerische Ärztetag in Regensburg zeigt sich besorgt über das Agieren von Kapitalinvestoren im deutschen Gesundheitswesen und hat deshalb an den Bundesgesetzgeber appelliert, zügig einen neuen Gesetzesentwurf für eine kluge Wettbewerbsordnung auf den Weg zu bringen und mit den Ländern abzustimmen. Die Delegierten der Bayerischen Landesärztekammer (BLÄK) plädierten dafür, marktbeherrschende Strukturen und regionale Monopole zu verhindern.
An den Appell knüpften die Delegierten gleichzeitig einen Maßnahmenkatalog. Bei der Nachbesetzung freier Arztsitze sollten unter anderem im Rahmen der Zulassung niederlassungswillige Bewerber den Vorzug vor Kapitalinvestoren erhalten. Bei Medizinischen Versorgungszentren (MVZ) sollte die Mehrheit der Stimmenrechte beziehungsweise MVZ-Anteile bei den dort arbeitenden Ärzten liegen. MVZ-Filialgründungen sollten regional begrenzt bleiben und MVZ-Gründungen durch Kliniken nur in deren umschriebenem Umkreis zugelassen werden.
„Rosinenpickerei“ unterbinden
Alle zugelassenen medizinischen Einrichtungen sollten jeweils das gesamte Spektrum eines Fachs abdecken müssen und sich nicht - im Sinne der „Rosinenpickerei“ - auf lukrative Methoden konzentrieren dürfen. Unbegründete Ringüberweisungen sowie gegenseitige Zulieferungen unter von Finanzinvestoren geführten Einrichtungen belasteten das Versorgungsbudget und sollten geahndet werden.
Ärztliche MVZ-Leiter sollten weisungsunabhängig gegenüber dem Träger ohne sachfremde finanzielle Anreize oder variablen Boni arbeiten können. Überdies forderten die Delegierten Transparenz: Insbesondere von Kapitalinvestoren betriebene Praxen, MVZ und Kliniken müssten Angaben zu Beschäftigungszahlen, Arztsitzen, Versorgungsumfang, Immobilienbesitz, Rendite und Gewinnausschüttungen klar erkenntlich nennen.
Die Delegierten unterstützten überdies den Beschluss der Gesundheitsministerkonferenz vom Juni 2022 zu MVZ, in dem das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) gebeten wird, im Bereich des Berufsrechts Regelungen zu treffen, die sicherstellen, Investoren mit ausschließlichen Kapitalinteressen von der Gründung und dem Betrieb zahnärztlicher MVZ auszuschließen. Der Bayerische Ärztetag forderte das BMG überdies auf, solche Regelungen im Bereich des Berufsrechts analog für ärztliche MVZ zu treffen und in der Bundesärzteordnung zu verankern.
Der Dauerbrenner Gebührenordnung
Auch ein anderer Dauerbrenner beschäftigte die Delegierten – nämlich die neue Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ). Immerhin habe das BMG deren Notwendigkeit erkannt und für redlich befunden, konstatierte man. Der Ärztetag forderte den Gesetzgeber nun auf, die neue GOÄ nach Abschluss des Konsentierungsverfahrens zwischen Bundesärztekammer (BÄK) und dem Verband der Privaten Krankenversicherung umgehend zu beschließen.
Sollte der Verordnungsgeber die „GOÄ neu“ indes nicht bis zum 31. Dezember in Kraft setzen, forderten die Delegierten die BÄK auf, die Ärzteschaft zur GOÄ über die rechtskonforme Möglichkeit der Anwendung besonderer Honorarvereinbarungen (sogenannte Abdingung) mit höheren Steigerungsfaktoren als dem 2,3-fachen Regelsteigerungssatz nachhaltig zu informieren.
Kostenlose Softwarelösung statt Konnektorentausch?
Ebenfalls ein Aufreger für niedergelassene Ärzte: das Thema des kostenintensiven TI-Konnektoren-Hardwareaustauschs wegen auslaufender Zertifikate. Die Gesellschafter der gematik hatten entschieden, dass die Konnektoren auszutauschen sind. Dadurch entstehen Kosten im Bereich zwischen 300 und 400 Millionen Euro und Massen an Elektroschrott. Der Ärztetag forderte die Politik auf, Alternativen zu prüfen.
In einem weiteren Antrag forderten die Delegierten die Bundesregierung auf, den mit Honorarstrafen bewehrten Zwangsanschluss der Vertragsarztpraxen an die derzeitige Struktur der Telematikinfrastruktur mit sofortiger Wirkung auszusetzen und die einbehaltenen Honorare zurückzuzahlen.