Schleswig-Holstein
Lübeck: Eldorado für gefälschte Impfpässe im Norden?

Eine Mitarbeiterin des Ordnungsamts Lübeck überprüft in einem Linienbus den Impfstatus oder Testnachweis eines Fahrgastes. Entpuppt dieser sich als Fälschung, wird es für den Betroffenen unangenehm.
© Markus Scholz/picture alliance
Lübeck. Eine im Dezember eingerichtete Sonderermittlungsgruppe in Lübeck bearbeitet derzeit 170 Fälle in Zusammenhang mit gefälschten Impfausweisen. Dies berichten Polizei und Staatsanwaltschaft in der Hansestadt in einer ersten Bilanz.
Nach ihren Angaben kristallisieren sich bestimmte Anlaufstellen in der Stadt heraus, an denen gefälschte Impfausweise verkauft werden. Durch die Ermittlungen sind auch Ärzte ins Visier der Kriminalpolizei geraten, die Impfungen im Impfausweis eintragen, ohne Impfungen vorzunehmen. Die bisherigen Erkenntnisse deuten laut Polizei und Staatsanwaltschaft allerdings auf Ärzte aus anderen Bundesländern hin.
Bislang gab es im Zusammenhang mit mutmaßlich gefälschten Impfausweisen 20 Durchsuchungen, bei denen 16 gefälschte Dokumente beschlagnahmt wurden. Die Tatverdächtigen kommen nach Angaben der Ermittler aus unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten. „Viele von ihnen sind Einzeltäter und nicht vorbestraft“, so die Polizei. Mobiltelefone mit gefälschten Impfzertifikaten werden bei den Untersuchungen als Tatmittel beschlagnahmt. Je nach Einzelfall kann das Telefon auch ganz eingezogen werden.
Nicht nur Impfkritiker unter Verdacht
In den meisten Fällen wird ermittelt, weil sich die Verdächtigen einen falschen Impfausweis beschafft und diesen rechtswidrig benutzt haben sollen. Unter ihnen befinden sich sowohl Menschen, die nicht richtig über die Gesetzeslage informiert waren, als auch Impfkritiker. Offensichtlich haben die Einschränkungen für Ungeimpfte die Nachfrage nach gefälschten Ausweisen erhöht. Denn unter den Verdächtigen befinden sich auch Menschen, die dem Impfen anfangs skeptisch gegenüber standen, aufgrund der Einschränkungen nun aber eine Auffrischungsimpfung anstreben und den Erhalt von Erst- und Zweitimpfung vortäuschen wollten. Viele von ihnen hätten sich im Zuge der Ermittlungen „einsichtig“ gezeigt, teilte die Polizei mit.
Seit einer Gesetzesänderung im November 2021 ist schon die Vorbereitung der Herstellung unrichtiger Impfausweise strafbar, beispielsweise das Präparieren von Blanko-Ausweisen, der Handel mit und die Beschaffung dieser Produkte. Das Strafmaß dafür reicht von Geldstrafe bis zu zwei Jahren Haft. Die Ausstellung falscher Gesundheitszeugnisse durch Ärzte wird mit Freiheitsstrafen von drei Monaten bis – in schweren Fällen – fünf Jahren bestraft, deren Gebrauch „zur Täuschung im Rechtsverkehr“ kann bis zu einem Jahr Haft einbringen.