Corona-Lockerungen
Maskenpflicht fällt an der Saar vielerorts – das gefällt nicht jedem
Nicht alle sind glücklich über das saarländische 3G-Modell in der Corona-Pandemie. Der Virologe Dr. Jürgen Rissland etwa nennt es ein „infektionsepidemiologische Experiment“, das irritiere.
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Weg mit der Maske: Im Saarland fällt die Pflicht für Geimpfte, Genesene und Gesteste – auch in Innenräumen. Allerdings: Wer soll das alles kontrollieren?
© Bernd Thissen/dpa
Saarbrücken. Im Saarland sind die Corona-Vorschriften erheblich gelockert worden. Nicht nur in der Ärzteschaft stößt dies auf ein unterschiedliches Echo: Während der KV-Vorsitzende Dr. Gunter Hauptmann das „Saarland-Modell PLUS“ unterstützt, hält es der Homburger Virologe Dr. Jürgen Rissland für riskant. In den Arztpraxen wird sich allerdings sowieso vorläufig nichts ändern.
Der leitende Oberarzt am Universitätsklinikum des Saarlandes hatte gemeinsam mit einer interministeriellen Arbeitsgruppe sowie Vertretern von Kinos, Gastgewerbe und Veranstaltungsbranche ein vorsichtigeres Stufenmodell vorgelegt. Der Ministerrat entschied sich jedoch für ein weitgehendes 3G-Modell, das für Geimpfte, Getestete und Genesene auch in Innenräumen fast alle Einschränkungen aufhebt.
In Arztpraxen bleibt es bei Masken
Kontaktbeschränkungen für private Zusammenkünfte sind nun ebenso Vergangenheit wie Quadratmetervorgaben oder eine Begrenzung der Gästezahl bei Veranstaltungen. Die Maskenpflicht entfällt in Schulen und Außenbereichen vollständig, aber auch in geschlossenen Räumen wird sie bei Anwendung der 3G-Regel weitgehend abgeschafft.
Allerdings empfehlen nicht nur die Unternehmensverbände ihren Mitgliedern, wegen der rechtlichen Schwierigkeiten hinsichtlich der Kontrolle weiter auf dem Maskentragen zu bestehen. Bei Arztpraxen trifft dieses Problem genauso zu. Außerdem besteht für Patienten ein Anspruch auf Behandlung. Deshalb sieht – wie eine Nachfrage der „Ärzte Zeitung“ ergab – auch die KV derzeit keine Möglichkeit, dass Praxen von der bisherigen Maskenpflicht abweichen.
Kommentar zum Saarland
Saar-Politik wagt sich aus der Corona-Deckung
Notfalls wieder Rolle rückwärts
Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) bezeichnete das Saarland-Modell als eine „flexible Steuerungsstrategie“ und wollte für den Notfall auch eine erneute Verschärfung nicht ausschließen. Genau an diesem Punkt setzt Risslands Kritik an: In der „Saarbrücker Zeitung“ bedauerte er, die neue Verordnung sorge wieder nur für die kommenden 14 Tage für Klarheit und setze auf „das Prinzip Hoffnung“. Zudem irritiere dieses „infektionsepidemiologische Experiment“, da es „jetzt ein sehr deutliches Zeichen Richtung Lockerheit“ setze, man aber vermutlich spätestens in sechs Wochen wieder einiges zurücknehmen müsse.
„Die neue Freiheit setzt auf die Vernunft der Saarländerinnen und Saarländer“, gibt sich dagegen die stellvertretende Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) zuversichtlich. Hans und Rehlinger verbinden ihre Einschätzung allerdings mit dem Appell, sich impfen zu lassen.
KV-Chef findet Kurs der Landesregierung gut
Im Saarland sind bereits über 71 Prozent der Bevölkerung voll geimpft – so viele wie in keinem anderen Flächenland. Zählt man Genesene und Kinder hinzu, bleiben nach Schätzung von KV-Chef Hauptmann etwa 15 Prozent an Säumigen übrig. Deshalb unterstützt er den Kurs der Landesregierung. „Irgendwann muss die Verantwortung wieder auf die einzelnen Bürger übergehen“, sagte Hauptmann der „Ärzte Zeitung“.
Dabei sind die Praxen noch einmal stark gefordert. Zum 1. Oktober wurden die staatlichen Impfzentren im Saarland geschlossen. Seit Jahresbeginn sind in den vier Zentren insgesamt 720 .000 Impfungen verabreicht worden. Nun übernehmen neben mobilen Impfteams alleine die niedergelassenen Ärzte die Boosterimpfungen sowie die restlichen Erst- und Zweitimpfungen.