Gemeinde im Erzgebirge atmet auf
Neuer Hausarzt dank viel Engagement
Das jahrelange Engagement von Bürgermeister Volkmar Viehweg hat sich ausgezahlt: Endlich hat die Gemeinde Stützengrün im Erzgebirge einen neuen Hausarzt gefunden.
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Wilhelm Görler, Dres. Anja und Lars Donath, Bürgermeister Volkmar Viehweg bei der Eröffnung der Praxis (v.l.).
© Bürgermeister Volkmar Viehweg
Stützengrün. Durch den Kauf und Umbau einer ehemaligen Sparkassenfiliale hat Stützengrün im Erzgebirge die hausärztliche Versorgung im Ort gesichert. Die KV Sachsen hat die Region schon ab Oktober 2016 als Gebiet mit drohender Unterversorgung mit Hausärzten eingestuft.
Der Bürgermeister der Gemeinde mit rund 3300 Einwohnern, Volkmar Viehweg (parteilos), erinnert sich daran, dass das Thema hausärztliche Versorgung seit seinem Amtsantritt im Oktober 2014 präsent war.
Von ehemals vier Hausärzten seien damals noch drei aktiv gewesen. Zwei davon seien bereits seit einigen Jahren im Ruhestand. Es gab den Allgemeinmediziner Wilhelm Görler; im Ortsteil Hundshübel betreiben Vater Wolfgang und Sohn Alexander Göckritz eine Gemeinschaftspraxis. „Der Senior ist weit über die 70 Jahre hinaus und es ist davon auszugehen, dass er in absehbarer Zeit sein Stethoskop auch an den Nagel hängt“, sagt der Bürgermeister. „Hätten wir nichts unternommen, dann wäre Alexander Göckritz der einzige von ehemals vier praktizierenden Ärzten in Stützengrün mit seinen Ortsteilen Lichtenau und Hundshübel mit etwa 3300 Einwohnern.“
Ärztemangel auch in Kliniken
Hinzu komme, dass die prekäre Situation der hausärztlichen Versorgung in den umgebenden Orten dazu führe, dass auch Patienten von außerhalb sich einen Hausarzt in Stützengrün suchten. „Das hätte die Situation untragbar gemacht und zur Folge gehabt, dass sich die Mehrzahl der Einwohner in der weiteren Umgebung einen neuen Hausarzt hätten suchen müssen“, schätzt Viehweg ein.
Also galt es, nach einer Alternative zu suchen. „Gespräche mit allen umliegenden Kliniken verliefen nahezu ergebnislos, da der Mangel an ausgebildeten Ärzten, die ein MVZ oder gar eine Hausarztpraxis hätten übernehmen können, dort ebenso herrschte“, sagt Viehweg. „Auch Besuche bei der damaligen sächsischen Sozialministerin Barbara Klepsch und der KV Sachsen brachten nur die Erkenntnis, dass man sich wohl selbst behelfen muss.“ Deshalb wurde die Kommune aktiv.
Die Idee war damals, Vermieterin von Praxisräumen oder Betreiberin eines eigenen, kommunalen MVZ zu werden. Geeignete Räumlichkeiten waren schnell gefunden. „Die Sparkassenfiliale bei uns im Ort stand seit etwa 2012 leer, war baulich in einem super Zustand, hat einen barrierearmen Zugang sowie Parkflächen und liegt direkt im Ortszentrum“, berichtet Viehweg, der als Bankkaufmann ausgebildet wurde und früher selbst bei der Erzgebirgssparkasse gearbeitet hatte.
Drei Jahre auf der Suche
Der Gemeinderat fasste im Dezember 2015 den Beschluss zum Kauf der Immobilie. Der Kauf habe rund 90.000 Euro gekostet und sei mit Eigenmitteln der Gemeinde finanziert worden. Rund drei Jahre dauerte es, bis Ärzte gefunden worden waren. „Die jungen Mediziner Anja und Lars Donath trugen sich mit dem Gedanken, der aktuellen Wirkungsstätte Radebeul den Rücken und in die Heimat von Anja Donath zurückzukehren“, berichtet Viehweg. „In Lichtenau – einem Ortsteil von Stützengrün – verlebte sie Kindheit und Jugend bis zu ihrem Medizinstudium.“ Für sich und ihre drei Kinder bauten sie derzeit im elterlichen Hof ihr Haus aus.
Zum 1. Juli eröffnete Lars Donath die hausärztliche Gemeinschaftspraxis. „Er hält mit seinem Praxisteam zunächst allein die Stellung“, sagt Viehweg. „Seine Frau Anja wird nach Abschluss der Facharztausbildung, die sie derzeit im Klinikum Rodewisch im Vogtland absolviert, hinzustoßen.“ Donath übernahm die Praxis von Wilhelm Görler, der als Landarzt nach 45 Jahren Dienst in den Ruhestand trat. Dessen bisherige Praxis liege nur wenige hundert Meter vom jetzigen Standort entfernt.
Fließender Übergang zur Mitte des Jahres
„Es war ein fließender Übergang“, sagt Viehweg. „Während die neue Praxis durch die Gemeinde ausgebaut wurde, praktizierte Wilhelm Görler weiter und schloss seine Praxis am 30. Juni, während Donaths am 1. Juli ihre neuen Räumlichkeiten für die Patienten öffneten.“ Der Umbau habe die Gemeinde etwa 160.000 Euro gekostet und nur rund sechs Monate in Anspruch genommen. Da es sich um eine Umnutzung eines Gewerbeobjektes zu einer Gemeinschaftspraxis gehandelt habe, sei eine Förderung aus Mitteln der EU über das Leader-Programm beantragt worden. Hierfür seien jetzt knapp 103.000 Euro bewilligt worden.
Rechnet man diesen Zuschuss heraus, hatte die Kommune Aufwendungen von etwa 150.000 Euro für den Kauf und Umbau der früheren Sparkassenfiliale. Die Gemeinde hofft, dass sich diese Aufwendungen durch einen langfristigen Mietvertrag refinanzieren werden. „Daseinsvorsorge ist nichts, was man zum Nulltarif bekommt“, so Bürgermeister Viehweg. „Man muss investieren und punktuell versuchen, auch eine Kommune wie ein Wirtschaftsunternehmen zu führen. Das gelingt nicht immer, da es auch hoheitliche Aufgaben gibt, die keiner Wirtschaftlichkeitsbetrachtung unterzogen werden können.“