Ärzte warnen vor Lockerungen
Vierte Corona-Welle: Maßnahmen retteten 2000 Sachsen das Leben
Die strengen Kontaktbeschränkungen während der vierten Corona-Welle haben in in Sachsen rund 2000 Leben gerettet, hat die Landesregierung errechnen lassen. Ärzte halten die Datenlage aktuell für zu schlecht, um Lockerungen anzukündigen.
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Ohne Kontaktbeschränkungen hätte es seit November 5000 COVID-Tote in Sachsen gegeben, sagt Landessozialministerin Petra Köpping (SPD).
© Robert Michael / dpa
Dresden. Die Einschränkungen des öffentlichen Lebens in Sachsen seit Ende November haben in der vierten Corona-Welle Berechnungen zufolge bisher rund 2000 Menschen das Leben gerettet.
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) und Sozialministerin Petra Köpping (SPD) berichteten am Dienstagabend in einer Online-Konferenz davon, dass Professor Markus Löffler, Leiter des Instituts für Medizinische Informatik, Statistik und Epidemiologie der Universität Leipzig, solche Berechnungen in der Kabinettssitzung am Dienstag vorgestellt habe.
„Etwa 3000 Menschen sind in der vierten Welle bisher leider gestorben“, sagte Köpping. „Ohne die Maßnahmen wären es rund 5000 gewesen.“ Seit 22. November gelten in Sachsen starke Kontaktbeschränkungen, weil im Freistaat die Inzidenzen mit Werten von zeitweise mehr als 1000 das höchste Niveau in Deutschland erreicht hatten und die Kliniken überlastet waren und sind. Seitdem sind 36 COVID-Patienten aus Sachsen in andere Bundesländer ausgeflogen worden.
Verlängerung der Beschränkungen geplant
„Kontaktbeschränkungen bis hin zu lokalen Lockdowns sind weiterhin nötig“, zeigte sich Professor Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebunds, überzeugt. „Warten Sie noch mal drei bis vier Wochen ab, ob Sie lockern wollen“.
Kretschmer hatte angekündigt, dass die bis Ende dieser Woche geltende Corona-Schutzverordnung in Sachsen um eine Woche verlängert werden solle. Am Freitag wolle die sächsische Regierung nach der Ministerpräsidentenkonferenz die neue Verordnung beraten und sie kommende Woche beschließen.
Dabei stellte der Ministerpräsident einerseits einzelne Lockerungen in Aussicht, andererseits soll wieder eine Hotspot-Regelung eingeführt werden, wenn in einzelnen Regionen die Inzidenz auf mehr als 1000 oder 1500 steigt. Dann solle dort das öffentliche Leben noch stärker eingeschränkt werden.
„Wir fahren im Nebel“
„In den nächsten vier bis fünf Wochen dürfen wir nicht daran denken, irgendwelche Maßnahmen zu ändern“, verlangte hingegen Professor Christoph Josten, Medizinischer Vorstand des Universitätsklinikums Leipzig und Koordinator für die Belegung der Krankenhäuser in der Region Leipzig mit COVID-Patienten. „Wir fahren im Nebel momentan.“
Seit etwa zehn Tagen existiere in Sachsen eine viel höhere Zahl an Omikron-Fällen als bisher bekannt. Aktuell gibt es 35 bestätigte Omikron-Fälle und 149 Verdachtsfälle. „Im Nebel etwas zu ändern, halte ich für den falschen Weg“, so Josten.
„Lernkurve hat die Form einer Eisenbahnschwelle“
Erst wenn „valide Daten“ vorlägen, wie stark die Omikron-Welle sich im Freistaat auswirke, sei es „an der Zeit, darüber zu reden, ob wir lockern“ könnten. „Wenn man jetzt sagt, wir lockern, tut man dies auf dem Rücken der Mitarbeiter im Gesundheitswesen“, sagte Josten.
Die Belegung der Intensivstationen mit COVID-Patienten liegt in Sachsen weiterhin über jener Zahl, die von der Staatsregierung als Überlastungsstufe festgelegt worden ist.
Marcel Koch, Geschäftsführer der Erzgebirgskliniken, beklagte ein ständiges Auf und Ab zwischen Lockerungen und einem sich anschließenden Anstieg der Infizierten-Zahl und der Krankenhausbelegungen. „Die Lernkurve hat die Form einer Eisenbahnschwelle, da bewegt sich gar nichts“, bemängelte Koch.