Diabetes-Prävention

Nutri-Score für DDG nur ein erster Schritt

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft zeigt sich insgesamt mit der Einführung des Nutri-Score zufrieden. Doch sie fordert mehr von Politik und Wirtschaft .

Von Margarethe Urbanek Veröffentlicht:
Idealtypisches Szenario: Konsumenten setzen auf frisches Obst statt zuckerhaltiger Fruchtsäfte und -limos.

Idealtypisches Szenario: Konsumenten setzen auf frisches Obst statt zuckerhaltiger Fruchtsäfte und -limos.

© kristian sekulic / Getty Images / iStock

Berlin. „Der Nutri-Score ist keine Wunderwaffe“, nimmt die Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG) der Euphorie um die geplante Einführung des Nutri-Scores als Nährwertkennzeichnungsmodell auf Fertignahrungsmitteln den Wind aus den Segeln.

Ende September hatte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) das Ergebnis einer repräsentativen Bevölkerungsbefragung verkündet, bei der Verbraucher zwischen vier verschiedenen Nährwertkennzeichnungsmodellen abstimmen konnten. Danach sprachen sich 57 Prozent der Deutschen für die Einführung des farbigen Nutri-Score-Logos aus.

Klöckner selbst beschrieb die Entscheidung im September als einen „Meilenstein in der Ernährungspolitik“, sie möchte mit dem Nutri-Score eine „Wegmarke“ hin zu einer gesünderen Ernährung in der Bevölkerung setzen. Das scheint notwendig: „Wir haben jetzt bereits über sieben Millionen Menschen mit Diabetes in Deutschland und rechnen in den nächsten 20 Jahren mit einem Anstieg auf bis zu 12 Millionen“, so Barbara Bitzer, Geschäftsführerin der DDG. „Diese Entwicklung muss aufgehalten werden!“

Hoffnung auf Eigendynamik

Die Deutsche Diabetes Gesellschaft begrüßt grundsätzlich die Entscheidung für den Nutri-Score als „das derzeit beste verfügbare System der Lebensmittelkennzeichnung“, das auch Bevölkerungsgruppen mit geringerem sozioökonomischen Status erreiche, die besonders von ernährungsbedingten Krankheiten betroffen sind.

Dennoch: Klöckners Plan ist zunächst nur als freiwillige Maßnahme für die Industrie gedacht. Zwar kündigte sie an, sich auf europäischer Ebene für die Einführung des Nutri-Scores einzusetzen, doch wann und in welchem Rahmen es hier zu einer Einigung kommen kann, ist nicht absehbar.

In Deutschland, so hofft die DDG, könne sich die durch freiwillige Kennzeichnung mittelfristig eine Eigendynamik entwickeln, sodass Nahrungsmittelproduzenten es sich nicht mehr leisten können, Produkte ohne Lebensmittelampel auf den Markt zu bringen.

Schon jetzt zeigen Studien, dass Verbraucher sich Transparenz hinsichtlich Inhaltsstoffe und Gesundheitsfaktoren wünschen. „Die Effekte auf die Gesundheit sind natürlich umso höher, je mehr Produkte gekennzeichnet sind. Langfristig braucht es daher eine verpflichtende Kennzeichnung für alle“, so Bitzer.

Forderung nach steuerfreiem Obst

Der Nutri-Score alleine kann das Problem ernährungsbedingter Krankheiten nicht lösen. Dazu braucht es branchenübergreifende und flächendeckende Maßnahmen.

Erste Ansätze lassen sich im Lebensmitteleinzelhandel erkennen: In Eigenprodukten reduzieren Unternehmen Zucker; Aktionen wie der „Lidl-Löffel“ , der 20 Prozent weniger Zucker fassen soll als herkömmliche Teelöffel, werden offensiv vermarktet.

„Man muss genau schauen, ob einzelne Maßnahmen nicht eine reine Alibi- oder Marketingfunktion haben“, mahnt Bitzer. Die Fachgesellschaft wünscht sich, dass Deutschland weitere Maßnahmen umsetzt, beispielsweise die Besteuerung ungesunder Produkte. Im Gegenzug sollten Obst und Gemüse ganz von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Zudem brauche es ein Verbot an Kinder gerichteter Werbung für ungesunde Produkte. „Es ist nicht nachvollziehbar, wenn die Politik immer wieder betont, dass die Weichen für eine gesunde Ernährung im Kindesalter gestellt werden – sie aber zugleich zulässt, dass Kinder durch Werbung gezielt animiert werden, möglichst viele Süßigkeiten zu essen.“

Ihr Newsletter zum Thema
Lesen sie auch
Mehr zum Thema

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Das könnte Sie auch interessieren
Glasglobus und Stethoskop, eingebettet in grünes Laub, als Symbol für Umweltgesundheit und ökologisch-medizinisches Bewusstsein

Klimawandel und Gesundheitswesen

Klimaschutz und Gesundheit: Herausforderungen und Lösungen

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein MRT verbraucht viel Energie, auch die Datenspeicherung ist energieintensiv.

© Marijan Murat / dpa / picture alliance

Klimawandel und Gesundheitswesen

Forderungen nach Verhaltensänderungen und Verhältnisprävention

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

© Frankfurter Forum für gesellschafts- und gesundheitspolitische Grundsatzfragen e. V.

Das Frankfurter Forum stellt sich vor

Ein Dialogforum von Fachleuten aus Gesellschaft, Gesundheitspolitik und Wissenschaft

Kooperation | In Kooperation mit: Frankfurter Forum
Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

© Aleksandr | colourbox.de

Fatal verkannt

Vitamin-B12-Mangel frühzeitig behandeln!

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

© polkadot - stock.adobe.com

Vitamin-B12-Mangel

Aktuelle Empfehlungen für die Praxis

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
B12-Mangel durch PPI & Metformin

© Pixel-Shot - stock.adobe.com

Achtung Vitamin-Falle

B12-Mangel durch PPI & Metformin

Anzeige | WÖRWAG Pharma GmbH & Co. KG
Kommentare
Sonderberichte zum Thema
Neues Wocheninsulin für Typ-2-Diabetes

© Springer Medizin Verlag

Neues Wocheninsulin für Typ-2-Diabetes

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Novo Nordisk Pharma GmbH, Mainz
Dr. Antigone Fritz und Hubertus Müller sitzen trocken am PC. Dort zu sehen: ein Bild vom Hochwasser in Erftstadt vor drei Jahren.

© MLP

Gut abgesichert bei Naturkatastrophen

Hochwasser in der Praxis? Ein Fall für die Versicherung!

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: MLP
Abb. 1: Design der CASPAR-Studie

© Springer Medizin Verlag GmbH, modi?ziert nach [2]

Diabetische Polyneuropathie

Capsaicin-Pflaster: Wirkung kann bei Mehrfachanwendung zunehmen

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Grünenthal GmbH, Aachen
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen

Praxisabgabe mit Hindernissen

Warum Kollege Gieseking nicht zum Ruhestand kommt

Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025