SARS-CoV-2-Pandemie

Spaniens politische Einheit im Corona-Kampf bröckelt

Regionalregierungen hadern mit dem Krisenmanagement der Madrider Regierung. Immer mehr suchen nach eigenen Lösungen, um genug Betten und ausreichend Schutzmaterialien für den Ernstfall zu haben.

Manuel MeyerVon Manuel Meyer Veröffentlicht:
Umstrittener Krisenmanager: Spaniens Premierminister Pedro Sanchez.

Umstrittener Krisenmanager: Spaniens Premierminister Pedro Sanchez.

© GTRES / G3online / picture alliance

Madrid. Beim Ausbruch der Epidemie waren sich die spanischen Regionen noch einig: Nur gemeinsam kann man den Kampf gegen das Coronavirus gewinnen. So gaben sie regionale Kompetenzen im Gesundheitsbereich an die spanische Zentralregierung ab, um die Maßnahmen gegen die Epidemie zentral zu koordinieren.

Doch Pannen bei Einkauf und Verteilung von Schnelltests und Schutzmaterial für Krankenhäuser sowie die Angst vor Personalengpässen lassen in Spanien die politische Einheitsfront im Kampf gegen das Coronavirus bröckeln. Spaniens konservativer Oppositionsführer Pablo Casado bezeichnete die von der linken Regierungskoalition ergriffenen Maßnahmen als „verspätet und unzureichend“. Nach dem Ende der Epidemie wolle er von Premier Pedro Sánchez „politische Verantwortlichkeiten“ einfordern.

Unglückliche Aktionen

Auch immer mehr Regionalregierungen kritisieren das Krisenmanagement der Madrider Zentralregierung und beginnen, eigenständig zu agieren. Zu lange brauchte die Zentralregierung beispielsweise für den Ankauf von Schutzmaterial und Schnelltest-Kits für das Gesundheitspersonal.

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Als Madrid dann auch noch bei einer chinesischen Firma ohne Verkaufslizenz 640.000 Schnelltests ersteigerte, die so ungenau waren, dass sie wieder zurückgegeben werden mussten, platzte vielen Regionalregierungen der Kragen und sie organisierten sich selber Schutzmasken im Ausland. Anderen Regionen gingen unterdessen die Regeln der Ausgangssperre der Zentralregierung nicht weit genug und sie wollten eigenmächtig Initiativen starten, was zu Kompetenzstreitigkeiten mit Madrid führte.

Schwindende Solidarität

Die Nerven liegen blank, die Solidarität zwischen den Regionen schwindet. Die meisten Regionalregierungen lehnten bereits sogar die Ankündigung von Gesundheitsminister Salvador Illa ab, schwer erkrankte Corona-Patienten aus besonders betroffenen Regionen in weniger belastete Autonomien zu verlegen. Zudem sollten Ärzte aus jenen Regionen in Coronavirus-Epizentren wie Madrid oder Katalonien zum Einsatz kommen.

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Viele Regionen befürchten, selber ohne Material oder ausreichend Betten dazustehen, sollte sich die Epidemie plötzlich in ihrer Autonomie dramatisch verbreiten. Oder auch ohne Personal. Wegen des fehlenden Schutzmaterials ist die Infizierten-Rate unter Spaniens Gesundheitspersonal selbst im Vergleich zu Italien erschreckend hoch. Über 12.300 Ärzte und Pfleger haben sich bereits mit dem Virus angesteckt, 12 Prozent sämtlicher Corona-Fälle in Spanien. Fünf Ärzte und zwei Krankenschwestern starben bereits.

Ein trauriger Rekord

Unterdessen verzeichnete Spanien am Mittwoch einen neuen und traurigen Tagesrekord an Corona-Opfern. Binnen 24 Stunden starben 864 Menschen an COVID-19. Mit mehr als 102.000 Infizierten und fast 9100 Toten ist Spanien nach Italien und den USA das am schlimmsten von der Coronavirus-Epidemie betroffene Land der Welt.
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