„ÄrzteTag“-Podcast
Was können Ärzte und MFA tun, um Gewalt in der Praxis zu verhindern, Professor Löhr?
Immer mehr Gewalt in Praxen und Kliniken? Das Problem ist größer geworden in den vergangenen Jahren, bestätigt Professor Michael Löhr von der Fachhochschule für Diakonie im „ÄrzteTag“-Podcast. Er sieht aber auch viele Möglichkeiten, wie Praxisteams schon im Vorfeld gegensteuern können.
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Das Thema Gewalt in Praxen und Kliniken soll der Gesetzgeber aufgreifen und härtere Strafen für Aggressoren ermöglichen. Das hat der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) in dieser Woche gefordert und damit offenbar einen Nerv getroffen. Die Berichterstattung zum Thema Gewalt in Arztpraxen und Kliniken in Publikumsmedien war breit und ausführlich, Landesärztekammern reagierten und auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach sagte eine Prüfung zu, auch Gewalt in Praxen mit in eine geplante Gesetzesänderung zur Strafverschärfung aufzunehmen.
Tatsächlich hätten Gewaltereignisse auch in Gesundheitseinrichtungen zugenommen, und vor allem habe sich die Wahrnehmung von Gewalt gewandelt, sagt Professor Michael Löhr, Honorarprofessor für psychiatrische Pflege an der Fachhochschule für Diakonie und Pflegedirektor am LWL-Klinikum in Gütersloh, im „ÄrzteTag“-Podcast.
Er gibt zu bedenken, dass die Aggressionen von Patientinnen und Patienten nicht nur von ihnen selbst ausgehen, sondern dass auch die äußeren Umstände eine wichtige Rolle dabei spielten, wenn Patientinnen oder Patienten in einer Praxis oder einer Notaufnahme gewalttätig werden, zum Beispiel räumliche Enge, lange Wartezeiten, kulturelle Unterschiede, ein unflexibles Regelungsgerüst oder auch eine schlechte Kommunikation.
Schon vor 30 bis 40 Jahren habe die Forschung in der Psychiatrie begonnen, um Möglichkeiten herauszufinden, wie die Gewaltbereitschaft bei Patientinnen und Patienten gesenkt werden könne. Dabei habe sich auch gezeigt: „Auch wir Pfleger oder Ärzte können zu einem Teil der Gewaltspirale werden, wir müssen daher präventiv vorgehen“, so Löhr.
In der Psychiatrie gehöre es daher zum Standard, dass neue Mitarbeiter ein fünftägiges Deeskalationstraining bekommen, Auffrischungen seien jedes Jahr auf jeden Fall sinnvoll, dazu kämen Coachings und Supervisionen. Für Praxen sei ein solcher Aufwand sicherlich nicht erforderlich, glaubt Löhr. Aber Fortbildungen, in denen Situationen mit aggressiven Patienten geübt werden, aber auch Griffe und Techniken gelernt werden, wie ein Teammitglied sich wehrt. Härtere Strafen, wie sie im Mai beispielsweise nach ihrer Umfrage die Landesärztekammer Westfalen-Lippe und jetzt auch die KBV gefordert hatte, sieht Löhr eher skeptisch.
Im Podcast berichtet er auch über das System „Safewards“, das die Sicherheit auf Stationen verbessern helfen kann – und was davon für die Praxis adaptierbar ist. „Verbal deeskalieren, das ist auf jeden Fall die halbe Miete“, empfiehlt Löhr. Und mit einem plastischen Beispiel beschreibt der Fachmann für Deeskalation zum Schluss, wie Empathie in einer Krisensituation tatsächlich Wunder bewirken könnte. (Dauer: 34:31 Minuten)