Sterbehilfe

Ärzte sollen sich positionieren

Wie stehen die Ärzte zum assistierten Suizid, fragt die PalliativStiftung - eine Unterschriftenaktion soll Klarheit bringen. Alles lassen, wie es ist, das aber besser machen, fordert derweil eine Gruppe von Bundestagsabgeordneten.

Christoph FuhrVon Christoph Fuhr und Anno FrickeAnno Fricke Veröffentlicht:
Das Glas mit den Medikamenten, die zum Tod führen. Blick in ein Sterbezimmer eines Sterbehilfevereins.

Das Glas mit den Medikamenten, die zum Tod führen. Blick in ein Sterbezimmer eines Sterbehilfevereins.

© Gaetan Bally / dpa

BERLIN. Die Deutsche PalliativStiftung trommelt für eine Unterschriftenaktion, bei der sich Ärzte mit Blick auf die aktuelle Debatte zum assistierten Suizid positionieren können. Die Kernforderungen: Keine Sonderregelung für Ärzte beim assistierten Suizid und keine aktive Lebensverkürzung, in welcher Form auch immer.

Die Beihilfe zum Suizid selbst dürfe auch in Zukunft keinen Straftatbestand darstellen, betonen die Autoren eines Forderungskatalogs. Dies gelte für alle Menschen aller Berufsgruppen gleichermaßen.

Die Grundsätze der Bundesärztekammer zur ärztlichen Sterbebegleitung sind uns eine Leitlinie", heißt es in dem Forderungskatalog.

Keine gewerbsmäßige Beihilfe zur Selbsttötung

Die PalliativStiftung räumt ein, dass in Ausnahmefällen menschliches Leid trotz aller Optionen der Palliativmedizin groß werden könne, und der Wunsch nach einer wirksamen Therapie erfüllt werden müsse. "In solchen Ausnahmefällen stellt eine konsequente palliative Sedierung - auch unter gleichzeitiger Beendigung nicht mehr gewollter, sterbensverlängernder Therapien - eine zulässige Handlungsform dar", stellt die Stiftung klar.

Doch selbst diese Ausnahmen rechtfertigten keine gesetzliche Erlaubnis der gewerbsmäßigen, geschäftsmäßigen und organisierten Beihilfe zur Selbsttötung. Genau so wenig könnten diese Extremfälle eine Legalisierung aktiver Sterbehilfe rechtfertigen.

"Solche extrem seltenen Fälle entziehen sich einer gesetzlichen Regelung und müssen bedarfsweise in jedem Einzelfall bewertet werden", heißt es in der Resolution. Die PalliativStiftung setzt darauf, dass sie von vielen Ärzten unterschrieben wird.

Menschen sehen hohen Aufklärungsbedarf

Die Menschen in Deutschland sehen derweil hohen Aufklärungsbedarf. Drei Viertel der Bevölkerung fühlen sich zu den Themen Palliativversorgung und Sterbehilfe nicht ausreichend informiert. Das geht aus einer Forsa-Studie im Auftrag der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege (ZQP) hervor.

Trotz dieses Informationsdefizits sprechen sich demnach 77 Prozent grundsätzlich für das Recht auf Beihilfe zur Selbsttötung von Menschen aus, die an einer unheilbar schweren Krankheit leiden.

Unter Ärzten und Pflegekräften sei der Anteil derjenigen besonders hoch, die äußern, dass der Sterbewunsch leidender Menschen durch eine gute Schmerzmedizin gemindert werden könne (76 Prozent), heißt es in einer Mitteilung des ZQP.

Einen Tag vor der Orientierungsdebatte des Bundestags zur Sterbehilfe hat eine weitere fraktionsübergreifende Gruppe ein Positionspapier vorgelegt. Dr. Petra Sitte (Linke), Renate Künast und Kai Gehring (beide Grüne) setzen sich dafür ein, die von Angehörigen, Nahestehenden, Ärzten und Sterbehilfevereinen geleistete Beihilfe zum Freitod weiterhin nicht zu bestrafen.

Gegenwärtige Rechtslage soll bleiben

Die Gruppe, die eine Reihe von Unterstützern hinter sich weiß, plädiert dafür, es bei der gegenwärtigen Rechtslage zu belassen. Das Strafrecht sei nicht der Ort, seine Weltanschauung oder Religion für andere zum Maßstab zu machen, heißt es in dem Papier, mit Blick auf die von CDU-Abgeordneten vertretene Position, organisierte Sterbehilfe unter Strafe zu stellen.

Dass die Tätigkeit von Sterbehilfevereinen den Druck auf alte und schwerkranke Menschen erhöhe, Suizid zu begehen, sei nicht belegbar, sagten Sitte, Künast und Gehring am Mittwoch in Berlin, da sie nach geltendem Recht ja tätig sein dürften.

Nichtkommerzielle Vereine, die gesetzlich zu erarbeitende Standards an Beratungsqualität und Transparenz einhielten sowie sich auf eine Erstattung von Unkosten beschränkten, sollten daher weiter zugelassen bleiben können.

Unabhängig von der bevorstehenden Debatte sei es dringend notwendig, vorrangig die Palliativmedizin auszubauen und mehr Hospize einzurichten, betonten Sitte, Künast und Gehring.

Die "Ärzte Zeitung" berichtet über die Debatte im Bundestag live über Twitter und bei www.aerztezeitung.de

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