„Tag der Organspende“ am 3. Juni
Ärztekammer Berlin wirbt für Widerspruchslösung bei Organspende
Die geltende Entscheidungslösung bei der Organspende sei gescheitert, konstatiert Berlins Ärztekammer-Präsident Bobbert. Auch Gesundheitspolitiker melden sich anlässlich des „Tags der Organspende“ am 3. Juni zu Wort.
Veröffentlicht: | aktualisiert:Berlin. Die Debatte um eine Widerspruchslösung bei der Organspende feiert Comeback. Anlässlich des „Tags der Organspende“ am 3. Juni meldete sich am Freitag unter anderem die Ärztekammer Berlin mit der Forderung an die Politik, statt der geltenden Entscheidungslösung die Widerspruchslösung einzuführen.
„Die gesetzliche Regelung der Entscheidungslösung ist nicht nur gescheitert, sondern sie bewirkt großes Leid bei denen, die teils über Jahre auf eine Organspende warten müssen“, sagte Kammer-Präsident Dr. Peter Bobbert. Deutschland müsse sich eingestehen, dass sein Weg bei der Organspende gescheitert sei.
Der Präsident der Sächsischen Landesärztekammer, Erik Bodendieck, erklärte am Freitag, einerseits sei stärker über Organspende aufzuklären, damit noch mehr Menschen aktiv eine Entscheidung treffen und schriftlich festhalten würden. „Andererseits fordern wir seit Jahren die Einführung einer Widerspruchslösung, um Menschen, die ein Organ benötigen, helfen zu können.“
„Bei Widerspruchslösung höhere Spenderzahl“
Auch Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek sprach sich für eine erneute Debatte über die Einführung der Widerspruchslösung aus.
„Wenn wir in andere Länder wie etwa Spanien blicken, dann sehen wir, dass dort auf der Basis der Widerspruchslösung die Zahl der Organspender deutlich höher ist“, sagte der CSU-Politiker am Freitag in München. Er begrüße daher den Vorstoß von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD), erneut über eine Widerspruchslösung im Bundestag diskutieren zu wollen.
Der Bundestag hatte Anfang 2020 – nach langen Debatten – die Einführung der Entscheidungslösung beschlossen. In Deutschland warten derzeit etwa 8.500 Menschen auf ein Spenderorgan (siehe nachfolgende Grafik).
Laut Deutscher Stiftung Organtransplantation (DSO) ist die Zahl an Organspenden vergangenes Jahr um knapp sieben Prozent gesunken – bereits im ersten Quartal 2022 sei es zu einem Einbruch um rund 30 Prozent gekommen.
Nordrhein-Westfalens Gesundheitsminister Karl Josef Laumann (CDU) hatte zuletzt angekündigt, NRW wolle zusammen mit anderen Ländern eine Bundesrats-Initiative zur Einführung der Widerspruchslösung starten. Bei der Widerspruchslösung kann jeder Bürger Organspender sein, sofern er dies nicht ausdrücklich und dokumentiert ablehnt.
Transplantationsmedizin
Laumann für Widerspruchslösung in der Organspende
Ullmann: Lebendspende nicht nachrangig behandeln
Der gesundheitspolitische Sprecher der FDP-Fraktion und Arzt, Professor Andrew Ullmann, warb am Freitag für mehr Aufklärung rund um das Thema Organspende.
„Es gilt zum einen, weiterhin eine bessere Aufklärung in der Bevölkerung und die Entscheidungsfindung zu fördern und zum anderen die vorhandenen Potenziale auszuschöpfen.“ Dazu gehöre auch, so Ullmann, die Praxis der Organspende zu erleichtern.
So dürfe etwa eine Lebendspende nicht nachrangig gegenüber einer postmortalen Spende behandelt werden. Zeitgleich müsse eine Liberalisierung der Überkreuz-Lebendspende von Organen, wie sie im Ausland schon erfolgreich praktiziert werde, durch eine zeitgemäße Gesetzgebung in Deutschland ermöglicht werden.
„Das würde nicht nur Leben retten und Wartelisten entlasten, sondern entspräche auch internationalen Behandlungsstandards“, betonte Ullmann. (hom)