Lieferengpässe bei Arzneimitteln
Apothekerverband sieht unerträgliche Belastung
Nach einer Blitzumfrage des Apothekerverbands Nordrhein beläuft sich der Mehraufwand durch Lieferengpässe auf 3.000 Euro pro Monat. Bundesweit wären das mehr als 600 Millionen Euro im Jahr.
Veröffentlicht:Düsseldorf. Der mit den Lieferengpässen bei Medikamenten verbundene Mehraufwand beschert den Apothekerinnen und Apotheken bundesweit einen zusätzlichen Aufwand von 600 Millionen Euro. Davon geht der Apothekerverband Nordrhein (AVNR) auf Basis einer Umfrage unter seinen Mitgliedern aus.
Der Verband hatte die nordrheinischen Apotheken vom 8. bis zum 10. Februar online zum Aufwand bei der täglichen Bewältigung von Lieferengpässen bei Arzneimitteln befragt. Innerhalb von nur zwei Tagen hatten sich mehr als 400 Apotheken beteiligt, das entspricht rund 25 Prozent der Mitgliedsapotheken des Verbands.
Thema Lieferengpässe hat höchste Priorität
Nach der Umfrage ist fast jedes zweite Rezept von Lieferengpässen betroffen. Bei welchen Arzneimittelgruppen die Lage besonders kritisch ist, war nicht Teil der Befragung. Nach den hochgerechneten Angaben der Teilnehmerinnen und Teilnehmer beläuft sich die zusätzliche Belastung je Apotheke auf rund 3.000 Euro pro Monat oder 36.000 Euro pro Jahr. Das entspräche hochgerechnet auf das Bundesgebiet über 600 Millionen Euro. Hinzu kommen laut AVNR noch Honorareinbußen durch nicht abgegebene Packungen und der seit 1. Februar von 1,77 Euro auf 2 Euro erhöhte Kassenabschlag.
„Allein schon die starke Resonanz auf unsere Blitzumfrage innerhalb kürzester Zeit zeigt, dass das Thema Lieferengpässe in den Apotheken derzeit höchste Priorität hat“, sagt der AVNR-Vorsitzende Thomas Preis. Die Kolleginnen und Kollegen hätten das unerträgliche Ausmaß der Belastung der Teams in mehr als 130 Kommentaren zum Ausdruck gebracht. „Dabei wurden insbesondere auch der bisher nicht honorierte, extreme Zeitaufwand und die damit verbundenen Umsatz- und Ertragseinbußen angeprangert.“
Als „beleidigend“ wurde nach Angaben von Preis die Ankündigung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bewertet, dass 0,50 Euro für die Bearbeitung eines von einem Engpass betroffenen Arzneimittels an die Apotheken gehen sollen – aber nur, wenn sie den Rückruf beim Arzt oder der Ärztin dokumentieren.
Verschiebung einer gesetzlichen Regelung unverständlich
60 Prozent derjenigen, die sich an der Umfrage beteiligt haben, nannten als größte Zeitfresser die Rückrufe und das erneute Vorlegen von Rezepten in der Arztpraxis sowie die Recherche nach lieferbaren Arzneimitteln bei Großhändlern und Herstellern.
Der Bundesgesundheitsminister habe angekündigt, dass er die Probleme in den Griff bekommen und die Apotheken für den enormen Aufwand honorieren wolle. „Aktuell wurde das Gesetzesvorhaben auf unbestimmte Zeit im ersten Quartal verschoben“, sagte Preis. „Wir haben dafür keinerlei Verständnis.“
Aus seiner Sicht ist das Maß voll. „Betriebswirtschaftlich sind der nicht vergütete Mehraufwand, die Umsatzverluste, seit Februar noch verbunden mit dem erhöhten Kassenabschlag für immer mehr Apotheken, nicht mehr tragbar“, betonte der Verbandsvorsitzende. (iss)