Bahr zieht seine Strafaktion gegen Ärzte zurück

BERLIN (sun/HL). Schon einen Tag nach Bekanntwerden von gesetzlichen Sanktionsplänen gegen lange Wartezeiten bei Fachärzten rudert das Bundesgesundheitsministerium zurück. Allenfalls die Selbstverwaltung von Ärzten und Kassen soll die Möglichkeit haben, Sanktionen freiwillig zu vereinbaren.

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"Es wird keine gesetzlichen Verpflichtungen zu Sanktionen irgendwelcher Art geben", sagte ein Ministeriumssprecher. Das habe sich nicht durchgesetzt.

Zeitnahe fachärztliche Versorgung wird konkretisiert

Vielmehr soll die Selbstverwaltung in Gesamtverträgen regeln, welche Wartezeiten im Regel- und Ausnahmefall eine zeitnahe fachärztliche Versorgung darstellen. Die "zeitnahe Zurverfügungstellung" fachärztlicher Versorgung wird als Sicherstellungsauftrag präzisiert.

Zuvor hatten die am Sonntag bekannt gewordenen Sanktionspläne des BMG - die Kosten für Alternativversorgung durch Kliniken sollten sich Kassen aus der Gesamtvergütung der KVen zurückholen - Protest der Ärzteorganisationen und der Opposition ausgelöst.

Köhler: "Konstruktiver Ansatz"

Die nun korrigierten Pläne wertet KBV-Chef Dr. Andreas Köhler als "konstruktiven Ansatz". Mit Vereinbarungen von Kassen und KVen zur Verkürzung von Wartezeiten auf Facharzttermine seien auch Kassen in der Pflicht, Anreize zu setzen.

Nicht zuletzt eine Umfrage des AOK-Bundesverbandes über Arbeitszeiten von Ärzten, Wartezeiten und "Budgetferien" hatte am Wochenende Aufmerksamkeit erregt. Knapp jeder dritte Arzt schließt aus Budgetgründen am Quartalsende seine Praxis.

Lesen Sie dazu auch: Graalmann: Hausärzte sind engagierter als Fachärzte Faule Ärzte? Die AOK-Umfrage sagt was anderes "Ärzte arbeiten zu wenig"

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Kommentare
? 06.09.201113:02 Uhr

Hetzt AOK-Chef Jacobs gegen Ärzte? Mittwochnachmittag immer frei?

Per E-Mail erreichte uns folgender Leserbrief von Dr. Sijben aus Dormagen:

Wenn der AOK-Chef polemisch fragt: "Wieso haben Ärzte Mittwochnachmittag immer frei?", so irrt er oder er versucht auf subtile Art gegen Ärzte Stimmung zu machen.

Es ist zwar richtig, dass die meisten Ärzte Mittwochnachmittag keine Sprechstunden anbieten, dass sie aber generell nicht arbeiten ist eine infame Unterstellung.

Ich kenne genügend Ärzte, die an diesem Nachmittag noch Hausbesuche fahren, Schreib- und Verwaltungsaufgaben erledigen, die uns u.a. auch von den Krankenkassen aufgebürdet werden. Nicht zuletzt wird diese Zeit zu intensiver Fortbildung genutzt. Darüber hinaus wird so manches Wochenende geopfert um die Punktzahlen der Zwangsfortbildung erreichen zu können.

Es ist ja erfreulich, wenn Jacobs die Hausärzte vorbildlich lobt - leider ohne die angemessene Honorierung ihres Einsatzes.

Aber ich habe mehr den Eindruck, dass er versucht einen Keil in die Ärzteschaft zu treiben; dies wird ihm aber nicht gelingen.

Dr. Norbert Sijben
(Pressesprecher des Praxisnetzes Dormagen, Mitglied der Fraktion Freie Ärzteschaft in der Kammerversammlung der Ärztekammer Nordrhein)

? 06.09.201112:57 Uhr

Unser Gesundheitsminister BAHR von der FDP

Per E-Mail erreichte uns folgender Kommentar von Dr. Engel aus Berlin:

Ja, wenn das mal gutgeht - ein FDPler im staatlichen Gesundheitswesen.

Ja, ich geb''s zu: ich bin faul, drücke mich so gut es geht vor der Arbeit - jedenfalls in Deutschland. Weil mir weder die Vergütung aus vertragsärztlicher noch aus privater GOÄ angemessen erscheint.

Ja, wenn Herr Bahr (nomen est omen?) sich auch noch mit seinen letzten Unterstützern, der großen Gruppe der sog. Freiberufler, deren weitaus größter Teil nun mal die Ärzte sind, anlegen will, wird die Partei - Gott sei''s geklagt - wahrscheinlich in Zukunft noch einmal im Durchschnitt ein weiteres Prozent an Stimmen verlieren.

Dr. Thomas Georg Schätzler 05.09.201118:15 Uhr

Sanktionen oder eher Kollektivhaftung?

"Sanktionen irgendwelcher Art" hätten sich nicht durchgesetzt, sagt allen Ernstes ein Ministeriumssprecher. Dabei wollte Daniel Bahr (FDP) nicht weniger als die Wiedereinführung von Kollektiv- und Sippenhaftung bei Terminverzögerungen in Facharztpraxen einführen, mit der dann a l l e Vertragsärzte bestraft werden sollten.

Da mussten ihn wohl ältere FDP-Kollegen/-innen mit historischem Basiswissen erst mal ausbremsen. MfG

Egon Manhold 05.09.201117:02 Uhr

DAS fördert doch immer wieder ...

... das Vertrauen in die Politiker und ihre äußerst sachverständigen Mit-/Zuarbeiter in den Ministerien und sonstigen Verwaltungen.

Wenn im Gesundheitswesen so gearbeitet würde, wie es mir im Gesundheitsministerium üblich erscheint, dann stünden wohl die meisten Praxen, Kliniken und sonstige medizinischen Einrichtungen unmittelbar vor dem Ruin. Ähnlich wie z.Zt. die FDP.

Dr. Jürgen Sobtzick 05.09.201116:46 Uhr

Strafaktion gegen Ärzte

Der "schnellschuß" des Gesundheitsministers zum Problem der Facharzttermine zeigt wiedereinmal, wie wenig die Gesundheitsbürokraten über die tatsächliche Situation im Gesundheitswesen informiert sind. Die Öffnung der Klinikambulanzen für die fachärztliche Versorgung würde zu keinerlei Verbesserung führen, weil die Krankenhausärzte schon jetzt am Limit ihrer Leistungsfähigkeit arbeiten und die Krankenhäuser unter einem Ärztemangel leiden.Weiterbildungsassistenten könnten diese Aufgaben nicht übernehmen. Bei immer kürzeren Verweildauern im Krankenhaus und zunehmenden stationären Aufnahmen wären die Ärzte im Krankenhaus völlig überfordert.
Dr.Jürgen Sobtzick

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