Debatte um DRG in der Jugendmedizin

Bundesrat: Tabakwerbeverbot kommt – Weg frei für ePA

Die Kinder- und Jugendmedizin soll raus aus den DRG, und zwar rasch. Drei Länder dringen den Bundesrat zu einem politischen Signal. Ebenfalls drei Mal gab die Länderkammer Gesetzen das finale Plazet.

Florian StaeckVon Florian Staeck Veröffentlicht:
Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern

„Die Kinder- und Jugendmedizin ist schon seit vielen Jahren unter Druck“: Manuela Schwesig (SPD), Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern, warb am Freitag für eine Abkehr von den Fallpauschalen in diesem Bereich.

© Jörg Carstensen / dpa

Berlin. Der Bundesrat hat bei seiner Sitzung am Freitag drei Gesetzen des Bundes zugestimmt und eine Entschließung zu Kinderkliniken in die Beratung geschickt. Dabei machen drei Länder mächtig Druck:

Herausnahme der Kinder- und Jugendmedizin sowie Kinderchirurgie aus dem Fallpauschalensystem: In einer Entschließung fordern Mecklenburg-Vorpommern, Bremen und Sachsen-Anhalt, noch im vierten Quartal dieses Jahres eine Alternative zu den Fallpauschalen (DRG) zu entwickelt. Gesucht sei ein System für eine „flächendeckende stationäre pädiatrische sowie eine kinderchirurgische Versorgung außerhalb des Fallpauschalensystems“.

Die Kinder- und Jugendmedizin ist längst in der Krise“, sagte Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD) bei der Vorstellung der Initiative. Sie zeigte sich unzufrieden mit den langwierigen Beratungen zu dem Thema in der Vergangenheit. Die DRG deckten hohe Vorhaltekosten in Kliniken auf dem Land ebenso wenig ab wie die spezialisierte Medizin in großen Krankenhäusern oder Universitätskliniken, so Schwesig.

„Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, erinnerte Schwesig, sondern ihre Versorgung brauche mehr Zeit und mehr Ressourcen. „Von insgesamt über 1300 Fallpauschalen fallen im Fachgebiet Kinder- und Jugendmedizin ca. 500 regelmäßig an, in einer Klinik für Erwachsenenmedizin hingegen nur rund 200“, heißt es im Antrag. Die drei Länder empfehlen, ähnlich wie in der Psychiatrie, ein differenziertes Vergütungssystem zu entwickeln, das die besonderen Bedürfnisse der jungen Patienten abbildet. Die Entschließung wird jetzt in den Fachausschüssen weiter beraten.

Lesen sie auch

Zustimmung zum Tabakwerbeverbot: Die Länderkammer gab ihr Plazet zum Gesetz, das der Bundestag am 2. Juli beschlossen hat. Es schränkt die Werbung für Tabakprodukte weiter ein. Generell verboten ist solche Werbung künftig bei Kinofilmen, die sich nicht nur an Erwachsene wenden.

Bislang galt die Beschränkung, dass Tabakwerbung nur bei Filmen ab 18.00 Uhr erlaubt war. Verboten ist ebenfalls die Außenwerbung – ausgenommen davon sind Außenflächen und Schaufenster von Fachhandelsgeschäften. Nicht mehr erlaubt ist außerdem die kostenlose Verteilung von Zigaretten bei Veranstaltungen oder die Verteilung via Gewinnspiele.

Die Bestimmung für die Außenwerbung gelten erst ab Anfang 2022 für Tabakwaren. Ein Jahr später treten die Bestimmungen für Tabakerhitzer in Kraft, ab 2024 dann auch für elektronische Zigaretten. Die strengeren Vorgaben für Kinowerbung treten Anfang kommenden Jahres in Kraft.

In einer Entschließung kritisiert die Länderkammer, dass elektronische Zigaretten bei einigen Aspekten bevorzugt werden, obwohl sie ein genauso hohes Gesundheitsrisiko bergen. Das gilt beispielsweise für das Verbot der kostenlosen Abgabe.

Lesen sie auch

Bei der nächsten Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes sollten alle Produktgruppen hinsichtlich der Werbeeinschränkungen gleichgestellt werden, heißt es in der Entschließung. Dem Bundestag bleibt anheimgestellt, ob und wie er die Forderungen des Bundesrats aufgreift.

Kritik von der Allianz Nichtübertragbare Krankheiten

Kritik am Gesetz kommt von der Deutschen Allianz Nichtübertragbare Krankheiten (DANK). Das Problem sei mit dem Beschluss nicht gelöst, sagt Katrin Schaller vom Deutschen Krebsforschungszentrum. Da Werbung in Supermärkten, Schreibwarengeschäften oder Tankstellen weiter erlaubt bleibt, werde auch Tabakwerbung im öffentlichen Raum präsent bleiben. Kritikwürdig sind für DANK auch die Ausnahmen für Tabakerhitzer und E-Zigaretten. Es sei davon auszugehen, dass die Hersteller in den nicht beschränkten Bereichen umso intensiver werben werden.

Grünes Licht für das Patientendatenschutzgesetz: Keine Einwände und keine begleitenden Entschließungen hat der Bundesrat beim Patientendatenschutzgesetz. Damit ist unter anderem nun der Weg frei für die elektronische Patientenakte.

Durch das Gesetz haben Patienten Anspruch, dass Ärzte ab 2022 die Patientendaten in die Akte eintragen. Bereits ein Jahr zuvor müssen die gesetzlichen Kassen ihren Versicherten dieses neue Instrument anbieten. Das Gesetz wird nun dem Bundespräsidenten zur Unterzeichnung zugeleitet und soll am Tag nach der Verkündung in Kraft treten.

Lesen sie auch

Kein Widerspruch zum Intensivpflegegesetz: Wie vom Gesundheitsausschuss des Bundesrats empfohlen hat der Bundesrat an das umstrittene Intensivpflegegesetz (IPReG) einen Haken gemacht. Das Gesetz überführt die bisherigen Regelungen zur medizinischen Behandlungspflege für Versicherte mit intensivpflegerischem Versorgungsbedarf in einen neuen Leistungsanspruch auf außerklinische Intensivpflege. Verordnet werden darf diese Leistung künftig nur durch besonders qualifizierte Vertragsärzte.

Zugleich werden die Eigenanteile, die Versicherte bei dieser Leistung in vollstationären Pflegeeinrichtungen zu bezahlen haben, deutlich reduziert. Heftig umstritten waren im Gesetzgebungsverfahren die Auswirkung des IPReG auf das Selbstbestimmungsrecht der Betroffenen.

Lesen sie auch

Nach Ansicht der Länderkammer konnten nicht alle Vorbehalte der Versicherten ausgeräumt werden. Daher mahnt der Bundesrat in einer begleitenden Entschließung, die Umsetzung des Gesetzes eng zu begleiten und zu evaluieren. Die meisten Regelungen im IPReG treten am Tag nach der Verkündung in Kraft.

Sorgen um Qualität außerklinischer Intensivpflege

Die Unzufriedenheit mit dem Gesetz bricht sich in einem gemeinsamen Schreiben der behinderten- und pflegepolitischen Sprecher von FDP, Linken und Grünen im Bundestag Bahn. In dem Brief an den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses, Josef Hecken, zeigen sich die sechs Abgeordneten besorgt, dass die vom Bundestag am 2. Juli in letzter Minute vorgenommenen Änderungen „sich nicht in ausreichendem Maße bei der Umsetzung des Gesetzes widerspiegeln“.

In einem Entwurf des GBA zur Verordnung außerklinischer Intensivpflege (AIP-Richtlinie) würden die vom Bundestag vorgenommenen Änderungen nicht berücksichtigt. „Wir werden genau beobachten, ob das Ziel des Gesetzgebers, die Qualität in der außerklinischen Intensivpflege zu erhöhen, erreicht wird“, kündigte Kordula Schulz-Asche (Grüne), eine der Autorinen des Papiers, an.

Sollte die vom GBA vorzulegende Richtlinie nicht „vollumfänglich“ dem Willen des Gesetzgebers entsprechen, „werden wir uns weitere Schritte vorbehalten“, heißt es drohend in dem Schreiben.

Ihr Newsletter zum Thema
Mehr zum Thema

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025

Das könnte Sie auch interessieren
Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

© Janssen-Cilag GmbH

Video

Wie patientenzentriert ist unser Gesundheitssystem?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Höhen- oder Sturzflug?

© oatawa / stock.adobe.com

Zukunft Gesundheitswesen

Höhen- oder Sturzflug?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

© MQ-Illustrations / stock.adobe.com

Digitalisierung

Patientenzentrierte Versorgung dank ePA & Co?

Kooperation | In Kooperation mit: Janssen-Cilag GmbH
Ein Roboter, der Akten wälzt? Künstliche Intelligenz kann bereits mit Leitlinien umgehen – jedenfalls wenn sie so gut strukturiert sind wie die der DEGAM.

© Iaroslav / stock.adobe.com

Digitalisierung in der Medizin

Kollegin Dr. ChatGPT? Wie Künstliche Intelligenz Ärzten helfen könnte

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

© Solventum Germany GmbH

Solventum Spracherkennung

Digital und innovativ: Klinikum Siegen überzeugt von Fluency Direct

Anzeige | 3M Healthcare Germany GmbH
Kommentare
Bernhard Maria Schupfner 24.09.202018:51 Uhr

Und für Alkohol darf weiter unbeschränkt geworben werden? Wie pervers ist das denn?

Sonderberichte zum Thema
Abb. 1: Prozentualer Anteil der Patientinnen und Patienten pro Gruppe mit den genannten Symptomen zum Zeitpunkt der Visite 1 (Erstvorstellung) und Visite 2 (24–72h nach Erstvorstellung).

© Springer Medizin Verlag GmbH, modifiziert nach [13]

Akute Otitis media – Behandlungsoptionen in der Praxis

Leitlinienbasierte Therapie für schnelle Symptomverbesserung

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Homöopathisches Laboratorium Alexander Pflüger GmbH & Co. KG, Rheda-Wiedenbrück

ADHS und Schlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen

Guter Schlaf durch schnell freisetzendes Melatonin

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Medice Arzneimittel Pütter GmbH & Co. KG, Iserlohn
In der Klinik Königshof in Krefeld werden Menschen mit psychischen Erkrankungen behandelt. Die digitale Terminvergabe über Doctolib senkt eine Hemmschwelle: Es fällt leichter, mit wenigen Klicks einen Termin zu buchen, als im direkten Gespräch am Telefon.

© St. Augustinus Gruppe

Unternehmensstrategie für Krankenhäuser

Patientenportal stärkt die Reichweite der Klinik

Sonderbericht | Mit freundlicher Unterstützung von: Doctolib GmbH
Vorteile des Logins

Über unser kostenloses Login erhalten Ärzte und Ärztinnen sowie andere Mitarbeiter der Gesundheitsbranche Zugriff auf mehr Hintergründe, Interviews und Praxis-Tipps.

Haben Sie schon unsere Newsletter abonniert?

Von Diabetologie bis E-Health: Unsere praxisrelevanten Themen-Newsletter.

Das war der Tag: Der tägliche Nachrichtenüberblick mit den neuesten Infos aus Gesundheitspolitik, Medizin, Beruf und Praxis-/Klinikalltag.

Eil-Meldungen: Erhalten Sie die wichtigsten Nachrichten direkt zugestellt!

Newsletter bestellen »

Top-Meldungen
Lesetipps
Krankenkassen haben zum Jahreswechsel schlechte Botschaften für ihre Mitglieder: die Zusatzbeiträge steigen stark. Die Kritik an versäumten Reformen der Ampel-Koalition ist einhellig.

© Comugnero Silvana / stock.adobe.com

Update

62 Kassen im Beitragssatz-Check

Höhere Zusatzbeiträge: So teuer wird Ihre Krankenkasse 2025