Beschlüsse des G-BA

Cholezystektomie: Zweitmeinung künftig abrechenbar

Der G-BA hat am Donnerstag eine Vielzahl von Beschlüssen getroffen: Etwa zur Behandlung von Hirnmetastasen oder für Patientinnen und Patienten, bei denen eine Cholezystektomie geplant ist. Nachjustiert wurden Übergangsregelungen für die Verordnung außerklinischer Intensivpflege.

Helmut LaschetVon Helmut Laschet Veröffentlicht:
Arbeitete am Donnerstag ein breites Spektrum an Beschlussvorlagen ab: der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin.

Arbeitete am Donnerstag ein breites Spektrum an Beschlussvorlagen ab: der Gemeinsame Bundesausschuss in Berlin.

© Svea Pietschmann / G-BA

Berlin. Auch niedergelassene Radiologinnen und Radiologen können zukünftig die stereotaktische Radiochirurgie zur Behandlung von Patienten mit Hirnmetastasen erbringen. Das hat der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) heute nach einer Auswertung der aktuellen Studienlage beschlossen. Im Vergleich zu einer Ganzhirnbestrahlung sind mit der stereotaktischen Radiochirurgie geringere Nebenwirkungen verbunden, das umliegende Gehirngewebe wird geschont.

Stationär kann die stereotaktische Radiochirurgie bereits eingesetzt werden. Für die vertragsärztliche Versorgung muss der G-BA sie ausdrücklich genehmigen. Dies ist Voraussetzung dafür, dass der Bewertungsausschuss von GKV und KBV einen Beschluss über die Bewertung der Leistung fassen kann. Dies soll bis spätestens zum 1. Juli 2023 geschehen sein.

Von der neuen ambulanten Leistung können etwa acht bis 20 Prozent aller Krebspatienten profitieren, bei denen sich als Folge u. a. eines Lungen-, Brust- oder Hautkrebses zerebrale Metastasen gebildet haben. Die stereotaktische Radiochirurgie ist dabei eine Behandlungsalternative: Mit hoher Strahlendosis wird ausschließlich das Tumorgewebe zerstört; für diese einmalige Hochpräzisionsbestrahlung sind eigens entwickelte Geräte notwendig.

Eine weitere Einsatzmöglichkeit der stereotaktischen Radiochirurgie ist die Behandlung von Vestibularisschwannomen, gutartige Tumore im Gehirn. Hierzu hatte der G-BA bereits im Juli einen Beschluss gefasst, die Leistung soll bis Anfang 2023 in den Einheitlichen Bewertungsmaßstab aufgenommen sein.

Zweitmeinung vor Cholezystektomie

Voraussichtlich ab Anfang 2023 werden Patientinnen und Patienten, bei denen eine Cholezystektomie geplant ist, die Möglichkeit haben, eine Zweitmeinung zur Notwendigkeit des Eingriffs und zur möglichen Behandlungsalternativen haben. Diese Intervention wird in Deutschland etwa 200.000 Mal pro Jahr angewendet, deutlich mehr als in anderen europäischen Ländern üblich.

Vertragsärzte können aufgrund des G-BA-Beschlusses bei ihrer KV beantragen, die Inanspruchnahme einer Zweitmeinung mit den Krankenkassen abzurechnen. Voraussetzung ist eine mindestens fünfjährige Berufsausübung aus Facharzt bzw. -ärztin für Innere Medizin und Gastroenterologie, Allgemeinchirurgie, Viszeralchirurgie, Kinder- und Jugendchirurgie sowie Pädiatrie mit der Zusatzweiterbildung Kinder- und Jugend-Gastroenterologie.

Übergangsregelungen für außerklinische Intensivpflege

Vor dem Hintergrund personeller Engpässe in der ambulanten pflegerischen Versorgung hat der Bundesausschuss die Regelungen zur Verordnung von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege angepasst. Der Hintergrund: Im November 2021 hatte der G-BA eine neue Richtlinie zur außerklinischen Intensivpflege als eigenen Leistungsbereich beschlossen und die Vorgaben dafür aus der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege herausgelöst.

Die ärztliche Verordnung außerklinischer Intensivpflege sollte ab Januar 2023 nur noch nach der der neuen Richtlinie erfolgen dürfen. Dies könnte aber aufgrund der angespannten Personalsituation in der Pflege zu Engpässen in der Versorgung betroffener Patienten führen. Aus diesem Grund hat der G-BA nun beschlossen, dass Verordnungen, die vor dem 1. Januar 2023 nach der Richtlinie zur häuslichen Krankenpflege ausgestellt sind, bis zum 31. Oktober 2023 gültig bleiben. Betroffen davon sind beispielsweise Patienten, die beatmungspflichtig sind und bei denen frühzeitig und regelmäßig geprüft werden muss, ob eine Entwöhnung von der Beatmung in Frage kommt.

Arzneimittel mit beträchtlichem Zusatznutzen

Ferner hat der Bundesausschuss eine Reihe von Nutzenbewertungen für Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen oder neue Anwendungsgebiete beschlossen. Einen beträchtlichen Zusatznutzen erkannte der G-BA für Tebentafusp an, ein Orphan Drug zur Behandlung von HLA-A*02:01-positiven Erwachsenen mit inoperablem oder metastasiertem uvealen Melanom. Ausschlaggebend für die Bewertung waren Daten aus der noch laufenden randomisierten klinischen Studie, die einen signifikanten Vorteil beim Gesamtüberleben zeigten.

Drei Nutzenbewertungs-Entscheidungen fasste der G-BA zu Indikationserweiterungen für Nivolumab: Einen beträchtlichen Zusatznutzen sieht der Ausschuss für das neue Anwendungsgebiet Plattenepithelkarzinom des Ösophagus mit PD-L1-Expression von mehr als einem Prozent in der Erstlinientherapie in Kombination mit Platin- und Fluoropyrimidin-basierter Chemotherapie.

Ebenfalls einen beträchtlichen Zusatznutzen sprach der G-BA der Kombination von Nivolumab mit Ipilimumab für die gleiche Indikation zu. Ausschlaggebend für die Bewertung war bei beiden Therapiekombinationen die signifikante Verlängerung des Gesamtüberlebens. Beobachtet wurden aber auch erhebliche Nebenwirkungen, die teils zu Therapieabbrüchen führten.

Geplant: Erweiterung des Neugeborenen-Screenings

Ferner beschloss der G-BA auf Antrag der Patientenvertretung, die Richtlinie zur Früherkennung von Krankheiten bei Kindern zu erweitern. Danach soll ein systematische Untersuchung zur Früherkennung eines Vitamin B12-Mangels und weiterer Zielerkrankungen wie Homocystinurie, Propionazidämie und Methylmalonazidurie in ein erweitertes Neugeborenen-Screening aufgenommen werden. Dazu wird nun ein entsprechendes Beratungsverfahren eingeleitet.

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Kommentare
Cornelia Dölling 21.11.202214:28 Uhr

(...) Aber amputiert man einen Zeh, zwei Zehen, drei Zehen, oder den Vorfuß, so ist das immer unumkehrbar mit teils gravierenden Auswirkungen für die Gehfähigkeit, Fußstabilität, Lebensqualität, die Berufstätigkeit verbunden und bedeutet nicht selten den Beginn von Berufsunfähigkeit und Pflegebedürftigkeit. Daher ist das Zweitmeinungsverfahren Amputation/DFS nach m.E. das wichtigste von allen Zweitmeinungsverfahren.
Ich rede hier auch nicht von den angiologisch-interventionell u./od. gefäßchirurgisch vortherapierten Patienten, die einer Amputation bedürfen, sondern von den Patienten, die primär in kleineren Kliniken mit chirurgischen Abteilungen landen und dort amputiert statt diagnostiziert zu werden.

Aus dieser Problemlage heraus wünsche ich mir im Patienteninteresse, dass das Zweitmeinungsverfahren insofern geändert wird, dass jede Klinik zwangsverpflichtend vor einer Amputation ein externes Zweitmeinungsverfahren durchzuführen u./od. den Nachweis zu erbringen hat, dass der Patient bereits angiologisch-interventionell extern diagnostiziert worden ist. Wenn dies unterbleibt, so sollte ansonsten vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung durch Unterlassung drohen, der MDK von sich aus tätig werden und die Bezahlung der lukrativen DRG verweigert werden.

Diese Patienten brauchen vor der Amputation eine vernünftige Rechtsgrundlage für ihren Anspruch auf das Zweitmeinungsverfahren.
Angiologie ist Kampf um jeden Zeh und jedes Bein. Sätze wie: "Frau Dr., ich bin mir sicher, wenn ich von Anfang an bei Ihnen gewesen wäre, dann wäre mein Bein noch dran", treffen ins Mark und machen sprachlos.

Mit freundlichen Grüßen,

Dipl.-Med. Brigitte Rothhagen
FÄ f. Innere Medizin / FÄ f. Innere Medizin u. Angiologie (2/2)

Cornelia Dölling 21.11.202214:26 Uhr

Sehr geehrter Herr Laschet,
ich habe Anmerkungen zur Veröffentlichung der ÄrzteZeitung vom 27.10.2022 und schreibe aus Thüringen:
Nun ist also ein neues Zweitmeinungsverfahren Cholecystektomie geschaffen worden.... ich mag an die Sinnhaftigkeit dieser Konstrukte in der jetzigen Form nicht so recht glauben. Es sollte normal sein, die Regel: "Vor der Therapie kommt die Diagnostik", ernst zu nehmen. Schließlich gibt es auch Leitlinien zu diesen Themen.
Demnach werden diese Zweitmeinungsverfahren den chirurgisch tätigen Kollegen vor die Nase gesetzt, weil sie zu oft nicht indiziert operieren? Das Ziel des Verfahrens ist klar, nur leider sind diese Zweitmeinungsverfahren ja für die Kliniken und ihre Operateure nicht verpflichtend, d.h. es besteht keine gesetzliche Pflicht des Operateurs, seine Patienten darüber aufzuklären oder an den Zweitmeiner zu überweisen. Die schwammigen Formulierungen: "der Patient hat Anspruch auf ein Zweitmeinungsverfahren..." bringen uns nicht weiter, wenn der Patient weder den Anspruch kennt, noch der Operateur dazu verpflichtet ist, es durchzuführen. Da der zweitmeinungsgebende Arzt ja zwingend unabhängig von der operierenden Einrichtung sein muss, bliebe den Kliniken nur die Rücküberweisung an einen unabhängigen niedergelassenen Arzt mit entsprechender Genehmigung. Das schließt eigene Klinik-Ambulanzen und Klinik-MVZ aus und kostet die Kliniken Arbeit, Zeit und Gewinn.
Als fachärztlich niedergelassene Angiologin bin ich seit 2021 als Zweitmeinungsgeber für den Diabetischen Fuß/pAVK zur Vermeidung von Amputationen berechtigt. In dieser ganzen Zeit wurde mir noch nie ein Patient seitens einer Klinik vor einer Amputation geschickt. Aber viele Patienten kamen nach einer Amputation zu mir und hatten keine angiologisch korrekte Diagnostik im Vorfeld, manchmal nur ein idiopathisches Lymphödeme mit Druck-Ulkus einer Zehe. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man Gallenblase/Uterus/Tonsillen mit lascher Indikation entfernt bekommt, das heilt aus und der Pat. lebt meist unbeschadet weiter. (...) (1/2)

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