Impfstoff-Streit

Corona-Vakzine: Länder haben die Wahl – Praxen gucken in die Röhre

Die Zuteilung der Corona-Impfstoffe an die Arztpraxen gerät zum Zankapfel. Grund: Die Länder dürfen nach Gusto auf den AstraZeneca-Impfstoff verzichten. Folge: Für Praxen bleibt weniger von der BioNTech-Vakzine.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:
Ein Arzt impft eine Frau in einer Hausarztpraxis mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer. Ab kommender Woche dürfte sich das Blatt wenden, denn dann sollen gerade die Praxen verstärkt die AstraZeneca-Vakzine verimpfen.

Ein Arzt impft eine Frau in einer Hausarztpraxis mit dem Impfstoff von BioNTech/Pfizer. Ab kommender Woche dürfte sich das Blatt wenden, denn dann sollen gerade die Praxen verstärkt die AstraZeneca-Vakzine verimpfen.

© Sebastian Gollnow/dpa

Berlin. Die Aufteilung des Corona-Impfstoffs zwischen den Ländern und den Arztpraxen läuft nicht rund. Nachdem die Vertragsärzte in den ersten beiden Aprilwochen ausschließlich die BioNTech-Vakzine erhalten haben, sollen sie ab der kommenden Woche verstärkt auch die AstraZeneca-Vakzine verimpfen. Was im Mai ankommt, ist überhaupt noch nicht klar.

Hinter den Kulissen wird hart verhandelt. Die Gespräche seien „nicht einfach“, heißt es in Ärztekreisen. Die niedergelassenen Ärzte fürchten, dass sie in den nächsten Wochen weniger Impfstoff als ursprünglich geplant erhalten. Was ankomme, werde zudem weniger Comirnaty® von BioNTech/Pfizer, sondern eher der Impfstoff Vaxzevria® des britisch-schwedischen Herstellers AstraZeneca sein.

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Wegen der geltenden Einschränkungen der Ständigen Impfkommission für dieses Produkt und des höheren Beratungsbedarfs der Patienten könne das die Impfkampagne verlangsamen, fürchten Ärztevertreter.

Die Länder haben ersten Zugriff

Für diese Annahmen gibt es Indizien. Ein der „Ärzte Zeitung“ vorliegendes Schreiben von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) an die Gesundheitsministerien der Länder von Anfang dieser Woche zeigt auf, dass es für Mai noch gar keine genauen Lieferprognosen gibt, außer für Comirnaty®. Gleichwohl sollen die Impfzentren im Mai die wöchentlich vereinbarte Menge von 2,25 Millionen Dosen erhalten, schlägt das Bundesgesundheitsministerium vor. Davon sollen mindestens 1,8 Millionen von BioNTech/Pfizer kommen.

Die Differenz soll wiederum mit Comirnaty®, aber auch dem Impfstoff von Moderna und eventuell Vaxzevria® geschlossen werden. Dies allerdings nur, wenn die Länder überhaupt Interesse am AstraZeneca-Produkt bekunden sollten. „Sollte keine Rückmeldung erfolgen, gehen wir davon aus, dass kein Bedarf an AstraZeneca besteht“, schließt das Schreiben. Diese Bestellfrist ist am Dienstag dieser Woche abgelaufen.

Resterampen-Status für Praxen?

Den aktuellen Vereinbarungen zufolge soll der über das Länderkontingent hinausgehende Impfstoff bekanntlich in den Praxen verimpft werden. Es sei zu erwarten, dass die Länder die Einladung des BMG nutzen dürften und zunächst auf das AstraZeneca-Produkt verzichteten, warnen die Kreise. Die Praxen würden damit zu „Rudis Resterampe“ degradiert, haftungsrechtliche Risiken von Vaxzevria® nach dem Sankt-Florians-Prinzip bei den Vertragsärzten abgeladen.

Es sei immer klar gewesen, dass die Praxen auch mit AstraZeneca versorgt würden, teilte Spahns Ministeriumssprecher am Mittwoch dazu mit. Tatsächlich habe die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) schon vor Beginn der Impfkampagne darauf verwiesen, dass auch Vaxzevria® in den Praxen verimpft werden solle.

Gassen warnt vor Verwerfungen

Das BMG reagierte damit auf Äußerungen von KBV-Chef Dr. Andreas Gassen. Der hatte im Interview mit der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (Mittwoch) darauf verwiesen, dass die Ärzte bereits in der kommenden Woche nur die Hälfte der ursprünglich einmal angekündigten Menge an Comirnaty® erhalten sollten. Gut eine Million Dosen von BioNTech/Pfizer seien avisiert gewesen, von denen nun die Hälfte durch Vaxzevria® ersetzt werden solle.

In der Woche darauf steigt die Impfstoffmenge für die Praxen einer aktuellen Lieferliste zufolge zwar um rund 500.000 Dosen auf rund 1,5 Millionen Dosen an. Vor weniger als einem Monat hatte die Ministerpräsidentenkonferenz vom 19. März den Hausärzten allerdings für die 17. Kalenderwoche noch 3,17 Millionen Dosen in Aussicht gestellt.

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