Nordrhein

Dank Test weniger Antibiotika

Wenn Ärzte vor der Verordnung von Antibiotika einen Schnelltest vornehmen, werden deutlich weniger Antibiotika verordnet. Das zeigt ein Modellprojekt.

Ilse SchlingensiepenVon Ilse Schlingensiepen Veröffentlicht:

Düsseldorf. Der Einsatz von Schnelltests und Antibiogrammen kann dazu beitragen, die Zahl der Antibiotikaverordnungen in den Praxen niedergelassener Ärzte deutlich zu reduzieren. Das zeigt ein Modellprojekt des BKK-Landesverbands Nordwest und der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNo).

Ärzte aus den Regionen Essen und Duisburg hatten über zwei Jahre lang vor der Verordnung von Antibiotika orientierende Schnelltests auf A-Streptokokken-Gruppenantigen und/oder ein Antibiogramm eingesetzt. Die BKKen haben pro eingeschriebenen Patient pauschal zehn Euro gezahlt plus eine Vergütung für die Tests von 2,50 Euro bis 9 Euro.

Teilgenommen haben 48 Allgemeinmediziner, Internisten, Pädiater, Gynäkologen, HNO-Ärzte und Urologen mit insgesamt 1474 Patienten. Das waren nur 7,6 Prozent der teilnahmeberechtigten Ärzte – und vor allem solche, die Antibiotika ohnehin restriktiver verordnen.

Die teilnehmenden Ärzte verschrieben während und nach der Laufzeit des Projekts spürbar weniger Antibiotika. Bei Scharlach und Mandelentzündungen lag die Zahl der Verordnungen um 20 Prozent unter denen der Nicht-Teilnehmer. Bei Patienten mit akuten Entzündungen im Hals-Rachen-Raum gingen sie um 17 Prozent zurück.

Unabhängig von der Teilnahme an dem Projekt ist die Akzeptanz der Testverfahren offensichtlich sehr groß. Laut einer Befragung halten alle Ärzte das Antibiogramm für eine geeignete Unterstützung bei der Therapieentscheidung und 70 Prozent den Schnelltest bei Verdacht auf Scharlach oder Mandelentzündungen. Alle halten die Tests für praktikabel.

20% weniger Antibiotika verordneten die teilnehmenden Projektärzte bei Scharlach und Mandelentzündungen im Vergleich zu den Nicht-Teilnehmern.

Nach Einschätzung des KVNo-Vorsitzenden Dr. Frank Bergmann zeigen die Ergebnisse, wie wichtig die Sensibilisierung beim Thema Antibiotika ist. „Schnelltests können hier ein geeignetes Mittel der Wahl sein.“ Zwar gibt es seit 1.Juli EBM-Ziffern für den Einsatz von Tests zur gezielten Verordnung von Antibiotika. Das hat im Verordnungsalltag vieler Ärzte aber noch keinen Eingang gefunden.

Bergmann hält es für sinnvoll, das Thema zu einem zentralen Element in den Arzneimittelvereinbarungen mit den Krankenkassen zu machen. „Hier könnte die gemeinsame Selbstverwaltung nicht nur Problembewusstsein demonstrieren, sondern auch die Bereitschaft, gemeinsam ein extrem wichtiges und versorgungsrelevantes Thema zu bearbeiten.“ Demgegenüber hätten sich die alten formalistischen Quotenregelungen überlebt und ihre Steuerungswirkung verloren, betont er.

Dr. Dirk Janssen, stellvertretender Vorstand des BKK Landesverbands, setzt auf gesetzliche Vorgaben. „Wir brauchen eine Richtlinie, die verbindlich für alle regelt, wann Antibiotika eingesetzt werden, damit uns Reserveantibiotika als Ultima Ratio erhalten bleiben.“ Der Verband will sich bei der Politik auch dafür stark machen, dass die Tests bei bestimmten Erkrankungen zur Pflicht werden.

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