Ein Code gegen Arzneifälscher

Gefälschte Arzneimittel haben in der legalen Vertriebskette nichts zu suchen. Ein Sicherheitscode soll künftig jede Packung eindeutig identifizierbar machen.

Anno FrickeVon Anno Fricke Veröffentlicht:

Schwer zu fälschen soll er sein, der DataMatrix-Code auf Arzneimittelpackungen.

BERLIN. Arzneimittelherstellern und Apothekern stehen Investitionen ins Haus. Die verlangt der Aufbau eines europäischen Schutzschildes gegen gefälschte Arzneimittel in den legalen Vertriebsketten.

Der deutsche Knoten im EU-weiten Sicherheitsnetz heißt securPharm.

In dieser Initiative haben sich die Verbände der Arzneimittelhersteller, der Pharmagroßhandel und die Apotheker zusammengeschlossen.

Testläufe zum Schutz vor Arzneifälschungen ab 2013

Sie soll in den kommenden Jahren eine im Juli veröffentlichte Richtlinie der Europäischen Union zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen umsetzen. Testläufe sind ab 2013 geplant.

Etwa ab 2016 soll das Sicherheitssystem arbeiten, schätzt der designierte Geschäftsführer von securPharm, Dr. Reinhard Hoferichter. Weitere Akteure sollen in den Aufbau des Systems eingebunden werden.

Und so soll es funktionieren: Arzneimittelpackungen erhalten einen Data-Matrix-Code, wie sie zum Beispiel die Deutsche Bahn auf ihren Tickets verwendet. Bevor er einem Kunden ein Medikament aushändigt, scannt der Apotheker den Code.

Damit löst er eine Abfrage in der Herstellerdatenbank aus. Ist die Seriennummer ordnungsgemäß, wird das vom System bestätigt. Eine unbekannte oder bereits von einer anderen Apotheke abgegebene Packungsnummer löst dagegen Alarm aus.

"Die Industrie wird keinen Zugang zu Patientendaten bekommen"

Der Datenschutz soll groß geschrieben werden: "Die Industrie wird keinen Zugang zu Patientendaten bekommen", sagte Hoferichter.

Es werde sich nicht zurückverfolgen lassen, welchen Weg eine Packung genommen habe und wo sie abgegeben worden sei.

Das System werde eine Eigenentwicklung von securPharm sein, kündigte Hoferichter an. Hersteller hätten mit Investitionen in sechsstelliger Höhe pro Fertigungsstraße zu rechnen.

Scanner für die DataMatrix-Codes und neue Apothekersoftware

In den Apotheken müssten Scanner für die DataMatrix-Codes und neue Apothekersoftware angeschafft werden. Er rechne im Schnitt mit Ausgaben von 1.500 Euro, sagte Dr. Peter Homann von der ABDA.

Die Kosten der Systementwicklung übernehmen die sechs Verbände (BAH, BPI, pro generika, vfa, Phagro und ABDA) zu gleichen Teilen.

Für die Aufteilung der Kosten im späteren Betrieb versprach Hoferichter eine "faire Lösung". Generika haben ein geringeres Fälschungsrisiko als patentgeschützte Arzneien.

Zuversichtliche Signale aus der Politik

Die Initiative ist früh am Start. Das eröffne die Möglichkeit, das System europaweit einzusetzen, sagte Hoferichter. Er räumte ein, dass securPharm eventuell an den für 2013 erwarteten technischen Anforderungen der EU vorbei entwickelt werde. Die Signale aus der Politik stimmten ihn jedoch zuversichtlich.

2010 haben die Apotheken 1,4 Milliarden Arzneimittelpackungen abgegeben. Die Polizei deckte neun Fälle auf, in denen gefälschte Arzneimittel in Verkehr gebracht werden sollten. Bei den meisten handelte es sich um illegale Reimporte in gefälschten Verpackungen.

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Kommentare
Dr. Christoph Luyken 01.09.201120:12 Uhr

Big brother is watching

Da kann einem ja angst und bange werden. Die Besessenheit, mit der auf allen Gebieten Überwachungs- und Kontrollmechanismen eingeführt werden, nur weil die Computertechnik es möglich macht, ist höchst alarmierend. Bemerkenswert ist auf jeden Fall die Relation: 9 bisher aufgedeckte Fälle auf 1,4 Milliarden Packungen, also eine Rate von 1:155,6 Millionen (es wäre mehr als 10x wahrscheinlicher, einen Sechser im Lotto zu erzielen!)
Und da meint man tatsächlich, es sei gerechtfertigt, den Apotheken in Deutschland mal eben 1500 € für die Hardware abzuquetschen (was bei 21.450 Apotheken bundesweit eine Summe von 32.175.000,- € ergibt!) Und ganz zu schweigen von dem Arbeitsaufwand für die Beschäftigung damit (Einscannen, prüfen, etc). Über die Entwicklungskosten, die Kosten für die Pharmaindustrie und die zentrale Logistik schweigt man sich auch aus - das geht ja eh zu Lasten der Versicherten....
Wenn man über die Effektivität der Maßnahme nachdenkt, wird es noch grotesker: Selbst wenn man einmal nur von 40 Millionen Euro Gesamtkosten ausgeht und unterstellt, die Zahl der aufgedeckten gefälschten Arzneimittelpackungen würde sich um das 11-fache erhöhen, dann würde das Finden jeder dieser Packungen im ersten Jahr 400.000 € kosten. Na bravo!
Wäre es da nicht viel sinnvoller, endlich mit der anrüchigen Praxis der Re-Importe aufzuhören, für einen transparenten und fairen Arzneimittelmarkt in Deutschland sorgen, durch einen rationaleren Umgang mit Arzneimitteln (und deren Verfalldaten) vom Verordner bis zum Endverbraucher für weniger Verschwendung zu sorgen??
Scheinbar nicht, solange Kontrolleure und Angstmacher das Sagen haben und mit Verschwendung und Überwachung gute Geschäfte zu machen sind...

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