Leitplanken für Gesundheitsämter
Gesundheitsminister beschließen einheitliche Corona-Quarantäneregeln für Schulkinder
Die Gesundheitsminister von Bund und Ländern haben sich auf vergleichbare Quarantäneregeln geeinigt, die im Falle von Corona-Fällen im Klassenzimmer gelten sollen. Auch sind Boosterimpfungen für mehr Personengruppen geplant.
Veröffentlicht:Berlin. Die 16 Gesundheitsminister der Länder haben sich vergleichsweise einmütig bei zwei Enthaltungen auf einheitlichere Regeln für an Schulen auftretende Fälle von Infektionen mit SARS-CoV-2 geeinigt.
Es sei gelungen, den Gesundheitsämtern „Leitplanken“ aufzustellen, damit sie Quarantänemaßnahmen mit Augenmaß verhängten, sagte der Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz, Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek, im Anschluss an die Sitzung am Montagabend.
Auf folgende gemeinsame Handlungsdirektiven haben sich die Gesundheitsminister ausweislich der Beschlüsse, die der „Ärzte Zeitung“ vorliegen, geeinigt:
Quarantäneanordnungen: Geimpfte und genesene Personen ohne Symptome sollen grundsätzlich von Quarantäneanordnungen für Schulen ausgenommen werden. Die Gesundheitsämter sollen zudem die Hygienemaßnahmen und die Lüftungskonzepte mit Frischluftzufuhr sowie die Test- und Maskenregimes in den Schulen mit berücksichtigen.
Kontaktbeschränkungen: Die Gesundheitsämter sollen „im Interesse eines verlässlichen Schulunterrichts in Präsenz die Anordnung einer Quarantäne möglichst auf nur wenige Personen beschränken“. Holetschek sprach von den unmittelbaren Sitznachbarn. Wegen eines einzelnen Falls sollen nicht mehr ganze Klassen in Quarantäne geschickt werden.
Quarantänedauer: Direkte Kontaktpersonen sollen sich nach fünf Tagen mit einem negativen PCR- oder Antigen-Test freitesten können, bislang gelten zumeist 14 Tage Quarantäne. Alle weiteren Klassenmitglieder sollen häufiger getestet werden.
Kindertagesstätten: Diese Regeln sollen auch für Kinderbetreuungseinrichtungen gelten.
Spahns erfolgreiches Werben
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hatte im Vorfeld der Bund-Länder-Beratungen für möglichst einheitliche Quarantäne-Regeln bei Corona-Ausbrüchen in Schulen geworben. Es sei Eltern, Kindern und Lehrern nur schwer verständlich zu machen, warum bei einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus in der einen Schule diese und in einer 50 Kilometer entfernten Einrichtung wieder ganz andere Regeln zum Tragen kämen, sagte Spahn am Montag in Berlin.
Konkret schlage er für den Fall eines Infektionsausbruchs in einer Klasse grundsätzlich eine fünftägige Quarantäne vor, die mit einem Negativ-Test beendet werden könne, erläuterte Spahn. Die Quarantäne-Maßnahme solle für die „umsitzenden“ Schülerinnen und Schüler als unmittelbare Kontaktpersonen, nicht aber für die ganze Klasse gelten. Zudem seien weiterhin Hygiene-, Test- und Lüftungskonzepte sowie das Tragen einer Maske im Unterricht wichtig.
Bislang gibt es in den Ländern höchst unterschiedliche Vorgaben für die Quarantäne, sollte sich in einer Klasse ein infizierter Schüler finden. Teilweise werden bereits jetzt nur die Sitznachbarn in Quarantäne geschickt, in anderen Regionen jedoch ganze Klassen.
Bislang gibt es in den Ländern höchst unterschiedliche Vorgaben für die Quarantäne, sollte sich in einer Klasse ein infizierter Schüler finden. Teilweise werden bereits jetzt nur die Sitznachbarn in Quarantäne geschickt, in anderen Regionen jedoch ganze Klassen.
Viele Schülerinnen und Schüler sind noch nicht geimpft, weil es derzeit keine Impfstoffe gibt, die für Kinder unter zwölf Jahren offiziell zugelassen sind. Zuletzt waren die Infektionszahlen besonders in jüngeren Altersgruppen stark gestiegen.
Corona und Kinder
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14-tägige Quarantäne muss nicht sein
„Wenn eine gute Lüftung im Klassenzimmer gewährleistet ist, wenn vielleicht sogar eine Raumluftfilteranlage drin ist, dann muss man nicht die Kinder einer ganzen Klasse in Quarantäne schicken“, sagte Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, im RND-Podcast „Die Schulstunde“. „Dann kann man sich auch auf die unmittelbaren Banknachbarn konzentrieren.“ Eine Rolle spiele auch, ob es eine Maskenpflicht gebe. Geimpfte Kinder müsse man nicht in Quarantäne schicken.
„Nicht einfach laufen lassen“
Der Direktor des Instituts für Infektionsmedizin am Uniklinikum Jena, Mathias Pletz, hatte am Wochenende davor gewarnt, Corona-Maßnahmen an Schulen vorschnell aufzuheben. „Nach allem, was wir über Delta wissen, kann man es nicht einfach laufen lassen.“
Wie die Vertreter der Bundesregierung forderte auch die Vorsitzende des Bundesverbands der Ärztinnen und Ärzte des Öffentlichen Gesundheitsdienstes, Ute Teichert, einheitliche Regeln. „Die Verunsicherung bei Eltern, Lehrerinnen und Lehrern durch die vielen unterschiedlichen Quarantäneregeln ist groß“, sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe.
Zum Teil unterschieden sich die Verfahren nicht nur von Land zu Land, sondern auch zwischen einzelnen Gesundheitsämtern. „Die Länder müssen sich jetzt dringend auf bundeseinheitliche Quarantäneregeln für Schulen einigen“, forderte Teichert. „Das schafft Sicherheit und erleichtert die Akzeptanz der Maßnahmen.“
Regeln für Boosterimpfungen
Die Gesundheitsminister der Länder und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) haben sich darüber hinaus auch auf Regularien für die geplanten Auffrischungsimpfungen geeinigt.
Heime: In Pflegeheimen und weiteren Einrichtungen sollen den Bewohnern und Bewohnerinnen, aber auch den Pflegekräften und weiterem Personal Auffrischimpfungen angeboten werden.
Medizinisches Personal: Für Berufsgruppen, die in regelmäßigem Kontakt mit infektiösen Menschen stehen, sollen ab sofort Auffrischimpfungen möglich sein. Voraussetzung ist, dass die zweite Impfung sechs Monate zurückliegt.
Ü 60: Über 60-Jährige, bei denejn die vollständige Impfung mindestens sechs Monate zurückliegt, soll eine Auffrischimpfung „nach indvidueller Abwägung, ärztlicher Beratung und Entscheidung vorgenommen werden können. Der nutzen einer vorsorglichen Auffrischimpfung sei bereits hinreichend belegt. Bislang gibt es keine Stiko-Empfehlung für Auffrischimpfungen.
Influenza/Corona: Die GMK hat die Ständige Impfkommission gebeten, eine zeitnahe Empfehlung für die gleichzeitige Influenza- und Corona-Impfung auszusprechen.
(af/hom, mit dpa))