Grundversorgung durch Hilfsorganisationen
Gesundheitswesen im Südsudan leidet unter Unterfinanzierung und Konflikten
Im Südsudan ist die Mütter- und Kindersterblichkeitsrate hoch, das Gesundheitssystem liegt am Boden. Die Johanniter versuchen zu helfen, unter anderem mit mobilen Kliniken.
Veröffentlicht:Juba. „Was läuft falsch, dass es immer noch keine Gesundheitseinrichtung gibt, in der man unseren Kindern helfen kann?", fragt Kuseta Martin. Die 25-jährige Südsudanesin lebt im Dorf Gunyoro im Süden des Landes. Wie in vielen Gegenden der jüngsten Nation der Welt, fehlt auch hier eine funktionierende Gesundheitsversorgung; die nächstgelegene Klinik in der Provinzhauptstadt Torit ist zu Fuß fünf Stunden entfernt.
Ohnehin wäre ein so weiter Marsch für Martin undenkbar: Sie ist schwanger. Für Südsudanesinnen wie sie kommen die mobilen Kliniken der Johanniter oft als Lebensretter.
Müttersterblichkeitsrate mit die höchste der Welt
Dabei hatte es bei der Staatsgründung im Juli 2011 tagelange Feiern, Hoffnung und Jubel in der Hauptstadt Juba gegeben - mit historischer Euphorie begrüßten die Südsudanesen die Unabhängigkeit vom Sudan. Die meisten warten aber bis heute darauf, dass sich ihre Erwartungen an den eigenen Staat erfüllen. Besonders Südsudans Frauen und Kinder. „Die Müttersterblichkeitsrate bleibt mit 1.150 pro 100.000 Geburten eine der höchsten der Welt", berichtete jüngst das Kinderhilfswerk der Vereinten Nation (Unicef).
„Ärzte ohne Grenzen“
Kämpfe im Sudan gefährden medizinische Teams
Die Gründe sind vielfältig: Infektionen, Blutungen, Geburtshindernisse und ein großer Mangel an Fachpersonal und Investitionen. Wie die Entwicklungsagentur ONE am Freitag mitteilte, stecken Länder mit hohem Einkommen etwa 170 Mal mehr in ihre Gesundheitssysteme als die ärmsten Staaten. Deren Bewohner bleiben angesichts von Konflikten, schlechter Regierungsführung und wirtschaftlicher Ausbeutung auf Hilfe angewiesen.
Freiwillige Helfer für die Erstversorgung
„Das schlimmste Land, um Mutter zu sein" - mit diesem Titel, den einige Medien dem Südsudan gaben, kann Anthony Olanya Okok nicht viel anfangen. Auch wenn die Versorgung für Schwangere, Mütter, Neugeborene und Kleinkinder in der Krise stecke, wie der südsudanesische Gesundheitsarbeiter attestiert. „Man muss sich nur anschauen, wie Mütter hier leben: Der Zugang zu Wasser, zu Gesundheitseinrichtungen, zu Möglichkeiten einer sauberen, sicheren Entbindung - all das bleibt stark eingeschränkt."
Olanya arbeitet für die Johanniter. Im Südsudan betreibt das international tätige christliche Hilfswerk mobile Kliniken, in denen Ärzte und Pfleger die meisten Krankheiten vor Ort behandeln können. Hinzu kommt ein Zentrum für unterernährte Kinder.
Die Helfer klären über Hygiene, Ernährung und geschlechtsspezifische Gewalt auf, installieren Solarpumpen für Brunnen und geben ihr Wissen weiter. „Wir haben mehr als 300 Freiwillige in den Gemeinden ausgebildet, sodass Kinder mit leichten Erkrankungen, etwa Malaria oder Diarrhoe, jetzt innerhalb von 24 Stunden erstversorgt werden können", berichtet Olanya.
Weniger Spenden erschweren die Hilfe
Der Einsatz der Johanniter und anderer Helfer rettet Leben. Allerdings werde dies aufgrund eines Spendenrückgangs immer schwieriger, wie nun eine Allianz aus 30 deutschen Hilfsorganisationen bemängelt. Mit ihrer Aktionswoche, die am Samstag beginnt, wollen sie auf die „vergessenen Krisen" dieser Welt aufmerksam machen.
Wie tief der Gesundheitssektor seiner Heimat in einer „vergessenen Krise" steckt, verdeutlichte vor kurzem auch der Vorsitzende der südsudanesischen Gynäkologen-Vereinigung: „Unsere Mütter sterben, weil sie verbluten", so Garang Dakjur. Er macht neben fehlender Spendenbereitschaft für Bluttransfusionen auch die schlechte Bezahlung des Gesundheitspersonals für die Situation verantwortlich.
Viele Kinder werden nicht einmal fünf Jahre alt
Kaum besser steht es um Südsudans Kinder. Zwar ging die Kindersterblichkeit seit der Jahrtausendwende drastisch zurück, dennoch stirbt rund jedes zehnte Kind im Südsudan vor seinem fünften Geburtstag. „Hohe Sterblichkeitsraten und die Krankheitslast behindern die Entwicklung des Südsudans", heißt es von der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Die Situation der Bevölkerung verbessern - das scheint nahezu unmöglich, wenn die Politik nicht am selben Strang zieht. Im Südsudan tobte von 2013 bis 2020 ein Bürgerkrieg zwischen Präsident Salva Kiirs Armee und der bewaffneten Opposition von Rebellenführer Riek Machar. Nach Friedensschluss und Bildung einer Übergangsregierung kommt es heute vermehrt zu Kämpfen zwischen rivalisierenden Volksgruppen.
Das Einsatzgebiet der Johanniter in den Bundesstaaten Eastern Equatoria und Western Bahr el Ghazal sei relativ stabil, erläutert Olanya. „Aber die Menschen sind immer noch traumatisiert. Deshalb ist es entscheidend, dass in den einzelnen Gemeinden weiterhin für Frieden geworben wird - und, dass sich die Gesundheitssysteme erholen." (KNA)